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René Preißel 19. Juni 2018

Innovative Sprach-Features in Kotlin

Ist es Ihnen schwergefallen, die Grundlagen von Kotlin zu lernen? Vermutlich nicht. Die Syntax ist typischerweise nicht das Problem und die grundlegenden Konzepte sind einfach von Java zu übernehmen. Sehr schnell begeistern Data Classes, Null Safety, Named Parameter und der kompaktere Code. Doch wie sieht es mit den Innovationen in Kotlin aus, für die es kein einfaches Äquivalent in Java gibt? Extension Functions, Lambdas with Receiver und Delegated Properties kann man zwar in der Spezifikation nachlesen, doch so schnell erschließt sich der Einsatz nicht. Der Artikel beschreibt anhand von realen Projekten, wie diese und weitere Features verwendet werden. Falls Sie noch nicht mit den Grundlagen von Kotlin vertraut sind, empfehle ich diesen Artikel als Einstieg:

Kotlin vs. Java: Vergleich und Beispiele

Ist Kotlin das bessere Java? Eine Einführung.

Kotlin besticht durch perfekte Interoperabilität mit Java, gutes Tooling und natürlich moderne Features. An der Programmiersprache führt kaum ein Weg vorbei.
>> Weiterlesen

Die folgenden Beispiele finden Sie in auch diesem Github-Projekt [1].

Extension-Funktionen – Weg mit den Util-Klassen

Extension-Funktionen ermöglichen es, vorhandene Klassen um neue Funktionalitäten zu erweitern. In Java würde man für die Erweiterung von Klassen entweder Vererbung oder die typischen Util-Klassen benutzen. Schauen wir uns als Beispiel kotlinx.html an, eine Bibliothek, um HTML-Markup zu erzeugen:

    System.out.appendHTML()
        .div {
            h1 {
                text("Features")
            }
            ul {
                li { text("Extension Functions") }
                li { text("Lambdas with receiver") }                
                li { text("Operator overloading") }
            }
        }

Was als erstes auffällt ist, dass es eine neue Funktion appendHTML bei System.out gibt. Diese Funktion erlaubt es, HTML-Markup auf die Konsole auszugeben. In Java würde man vermutlich eine HTMLUtil-Klasse mit einer statischen Hilfsfunktion anlegen:

    //Java-Code
    public class HTMLUtil {
        public static TagConsumer append(Appendable out) {
            ...
        }
    }

    HTMLBuilder.append(System.out)
        .div( ... )

In Kotlin sieht die Definition von appendHTML als Extension-Funktion wie folgt aus:    

    fun Appendable.appendHTML() : TagConsumer = ...

Beachten Sie den Interface-Namen vor dem eigentlichen Funktionsnamen. Dadurch wird diese Funktion als Extension für das Appendable-Interface definiert. Bei jeder Klasse, welches dieses Interface implementiert, kann diese Funktion nun genau wie eine normale Member-Funktion aufgerufen werden, so auch bei PrintStream. Extension-Funktionen müssen explizit importiert werden und können vorhandene Member-Funktion nicht überschreiben.

    import kotlinx.html.stream.appendHTML

Builder mit Lambdas with Receiver    

Zurück zu dem ersten Code-Beispiel. Dort ist nach dem appendHTML-Aufruf zu erahnen, wie das HTML-Markup als eine Reihe von verschachtelten Funktionsaufrufen erstellt wird. Wir schauen uns als nächstes die Konzepte und Syntax für die Erstellung von solchen hierarchischen Strukturen in Kotlin an.

Die Funktion appendHTML() liefert ein Objekt der Klasse TagConsumer zurück. Diese Klasse dient als Einstiegspunkt, um das HTML-Markup zu erzeugen. Für jedes HTML-Tag steht eine entsprechende Builder-Funktion bereit, z. B: div:    

    System.out.appendHTML() // appendHTML() liefert einen TagConsumer
        .div() {
            ...
        }    

In dem Beispiel können Sie schön sehen, dass nach den Parameterklammern der div-Funktion ein Lambda-Block { ... } übergeben wird. Anders als in Java können Lambda-Blöcke außerhalb der Parameterklammern angegeben werden. Leere Parameterklammern können auch ganz weggelassen werden, so dass nach dem Funktionsnamen direkt die geschweiften Klammern stehen. Dadurch sieht der Funktionsaufruf fast wie eine eigene Kontrollstruktur aus: div { }.

Die div-Funktion ist in kotlinx.html etwas vereinfacht folgendermaßen definiert:

    fun TagConsumer.div(block : DIV.() -> Unit) : DIV {
        val div = DIV(this)
        div.block()
        return div
    }

Die div-Funktion bekommt, wie bereits beim Aufruf gesehen, ein Lambda übergeben: DIV.() -> Unit. Dabei handelt es sich um ein spezielles Lambda – ein Lambda with Receiver. Im Gegensatz zu normalen Lambdas: () -> Unit, wird vor der Parameterliste noch ein Typ definiert. Im Beispiel ist es die DIV-Klasse.

Dieses Lambda kann nur mit einem Objekt dieses Typs ausgeführt werden. Deswegen legt die div-Funktion als Erstes ein Objekt vom Typ DIV an und ruft anschließend das Lambda auf: div.block(). Dabei wird innerhalb des Lambdas der this-Zeiger auf das benutzte Objekt gesetzt. Im folgenden Beispiel wird also im ersten Block der this-Zeiger auf ein DIV-Objekt, im zweiten Block auf ein UL-Objekt und im dritten Block auf ein LI-Objekt gesetzt:

    appendHTML()
        .div { // this ist DIV
             ul { // this ist UL                 
                li { // this ist LI und die Funktion li() ist in UL definiert
                    text("Lambdas with receiver")
                }                                
            }
        }

Nur der div-Aufruf direkt hinter appendHTML wird bei der Klasse TagConsumer durchgeführt. Alle weiteren Verschachtelungen werden beim jeweiligen this-Zeiger des Lambdas ausgeführt, also DIV.ul(), UL.li() und LI.text(). Dadurch ist es möglich, syntaktisch korrekte Reihenfolgen zu erzwingen, z. B. dadurch, dass die li-Funktion nur innerhalb der UL- bzw. OL-Klasse existiert. Mehr Details zum Builder-Pattern in Kotlin finden Sie unter [3].

Extension-Funktionen für die Erweiterung von DSLs

Mit kotlinx.html kann man also sehr kompakt HTML-Markup erzeugen. Im Zusammenspiel mit den bereits bekannten Extension-Funktionen ist es auch einfach möglich, eigene Erweiterungen in die HTML-DSL einzubauen [4]. Schauen wir uns das am Beispiel von Menüeinträgen an:

    div {
        a("./link1") {
            h2 { text("Menu 1") }
        }
        a("./link2") {
            h2 { text("Menu 2") }
        }
    }

Es ist sofort offensichtlich, dass es hier Code-Duplikationen gibt – die Struktur ist immer gleich, nur der Titel und die URL ändern sich. Nützlich wäre es, einen einzelnen Menüeintrag als eigene Komponente – eigene Funktion – bereitzustellen. Das geht bei kotlinx.html sehr einfach durch eine *Extension-Funktion* an der geeigneten Tag-Klasse.

Im konkreten Fall sollen Menüeinträge überall dort erlaubt sein, wo auch das <a>-Tag möglich ist. Ein kurze Suche nach der a()-Funktion bringt die Basisklasse FlowOrInteractiveOrPhrasingContent zum Vorschein. Eine Extension-Funktion menuEntry ist schnell definiert und kann ihrerseits die vorhandenen Tag-Funktionen nutzen, um den Menüeintrag zu bauen:

    fun FlowOrInteractiveOrPhrasingContent.menuEntry(title: String, href: String) =
        a(href) {
            h2 { text(title) }
        }

Der Aufruf der Funktion sieht ähnlich aus, wie bei der standardmäßig vorhandenen text-Funktion:

    div {
        //Aufruf mit Named-Parameter macht den Code lesbarer
        menuEntry(title = "Menu 1", href = "./link1") 
        menuEntry(title = "Menu 2", href = "./link2")
    }

Das gezeigte Muster aus Builder-Funktionen mit Lambdas und die Erweiterbarkeit der DSL mittels Extension-Funktionen sieht man in vielen Kotlin-Libraries. Im Gegensatz zu Java ist die Integration von eigenen Erweiterungen sehr einfach ohne Vererbung oder Hilfsklassen möglich. Das sehen wir uns im nächsten Abschnitt beim asynchronen Webframework "Ktor" genauer an [5]​​​​​​​.

Ktor – Asynchrones Webframework

Ktor ist selber kein Webserver, sondern basiert auf vorhandenen Webservern, z. B. Netty [6]. Ktor erlaubt es, Request-Handler für URLs zu definieren. Beim Aufruf der URL wird dann der Handler ausgeführt und dieser kann mit HTML, JSON oder jedem beliebigen anderen Format antworten. Einen ersten Eindruck von Ktor erhält man durch das folgende Beispiel

    @Location("/hello/{name}") 
    class Hello(val name: String)

    fun Application.greeter() {
        install(Locations)

        install(Routing) {
            get<Hello> { hello ->
                call.respondHtml {
                    body {
                        h1 { text("Hello ${hello.name}") }
                    }
                }
            }
        }
    }            

Im Beispiel wird beim Aufruf der URL http://<server:port>/hello/Rene mit <body><h1>Hello Rene</h1></body> geantwortet. Das Erzeugen des HTML-Markups erfolgt mit Hilfe von kotlinx.html.

Extension-Funktionen als Ersatz für Vererbung

Im Gegensatz zu vielen Java-basierten Webframeworks muss man in Ktor nicht von einer Basisklasse erben, sondern nur eine Extension-Funktion bereitstellen: Application.greeter(). Der Name ist dabei unerheblich. Dadurch, dass man die Klasse Application erweitert, kann man innerhalb der Extension-Funktion direkt auf alle weiteren Funktionen der Konfigurations-DSL zugreifen. Im Code ist zum Beispiel die Funktion install zu sehen, die ein übergebenes Features installiert und konfiguriert.

Beim Starten des Servers muss die Extension-Funktion als Referenz: Application::greeter übergeben werden. Intern wird dann ein geeignetes Application-Objekt erzeugt und die Funktion darauf angewendet.

    fun main(args: Array<String>) {
        val server = embeddedServer(
            Netty, port = 8080, module = Application::greeter
        )
        server.start(wait = true)
    }

Während Extension-Funktionen bei kotlinx.html genutzt werden, um eine DSL zu erweitern, nutzt Ktor dieses Feature, um den Aufruf der vorhandenen DSL zu vereinfachen. Die Java-Alternative wäre, das Application-Objekt als Parameter an die greeter-Funktion zu übergeben und die Konfigurationsfunktionen explizit aufzurufen oder von der Application-Klasse zu erben.

Lambda with Receiver in Ktor

Auch bei Ktor werden Lambdas with Receiver oft eingesetzt. Das folgende Beispiel zeigt, wie ein Handler für die URL /hello/{name} registriert wird. Darin sind drei Lambda-Blöcke zu sehen, die jeweils den this-Zeiger redefinieren:    

    @Location("/hello/{name}") 
    class Hello(val name: String)

    get<Hello> { hello ->              // this ist PipelineContext
        call.respondHtml {             // this ist HTML
            body {                     // this ist BODY 
                ...
            }
        }
    }

Interessant ist das erste Lambda, welches direkt an die get<Hello>-Funktion übergeben wird. Die Funktion hat einerseits einen expliziten Parameter: hello, welcher die Daten des URL-Aufrufs kapselt. Zusätzlich wird der this-Zeiger auf einen PipelineContext gesetzt. Der this-Zeiger wird redefiniert, damit man auf das call-Property des PipelineContext zugreifen kann. Dieses Property hält die zusätzlichen Request-Parameter und wird genutzt, um den Response zu erzeugen: respondHtml. Würde man nur ein normales Lambda nutzen, müsste der PipelineContext explizit als weiterer Parameter übergeben werden.

Mit Reified Class-Parameter sparen  

Das vorige Beispiel zeigt noch ein weiteres interessantes Kotlin-Feature. Haben Sie sich mal überlegt, wie Kotlin an die URL: /hello/{name} kommt?

Mit Reflektion muss die @Location-Annotation der Hello-Klasse ausgelesen werden. Das heißt, innerhalb der get-Funktion muss Ktor auf das Hello-Class-Objekt zugreifen, um an die @Location-Annotation zu kommen. Da Kotlin auf der JVM die gleichen Einschränkungen hat wie Java, stehen die generischen Typparameter zur Laufzeit nicht zur Verfügung (Type Erasure). In Java müsste man das Class-Objekt explizit als Parameter übergeben:

    //Java Code
    get(Hello::class,  ...)

In Kotlin gibt es allerdings eine Möglichkeit, trotz Type Erasure auf die generischen Parameter zuzugreifen: inline reified. Der folgende Code zeigt einen Auszug der get-Funktion:

    inline fun <reified T : Any> Route.get( ... ): Route {
        return location(T::class) {
            ...
        }
    }

Das Schlüsselwort inline sorgt dafür, dass der Code der Funktion an die Aufrufstelle kopiert wird und nicht wie normalerweise aufgerufen wird. Durch das Schlüsselwort reified am Typparameter übergibt Kotlin zusätzlich das ermittelte Class-Objekt an den kopierten Funktionsrumpf. Dadurch ist der Zugriff auf T::class möglich und damit auch Reflektion. Mit reified gelingt es sehr oft, die redundante Übergabe der Klasse als Parameter zu umgehen und den Code lesbarer zu gestalten.

Interne Modularität durch Extension-Funktionen

Ist Ihnen im vorigen Abschnitt aufgefallen, dass die get-Funktion als Extension-Funktion an der Klasse Route implementiert wurde?

    package io.ktor.locations

    inline fun <reified T : Any> Route.get( ... ): Route 

Die Klasse Route ist bei Ktor im Package io.ktor.routing umgesetzt. Die Klasse ermöglicht es, zu einem URL-String einen Request-Handler zu registrieren. Die Definition des Routings durch eine annotierte Klasse ist dagegen eine Erweiterung, die in einem separaten Modul implementiert wird: io.kto.locations.

Diese interne Modularität wird durch Extension-Funktionen sehr elegant, ohne Vererbung, ohne explizite Delegation und ohne vorbereitende Maßnahmen (Plugins etc) an der Route-Klasse ermöglicht.

Kodein – Dependency Injection mit Kotlin

Die nächsten beiden Sprach-Features möchte ich mit Hilfe von Kodein vorstellen [7]. Kodein ist ein Dependency-Injection-Framework für Kotlin. Den meisten wird bei Dependency Injection Spring einfallen [8]. Natürlich kann man auch Spring mit Kotlin nutzen. Seit der neuesten Version Spring 5 gibt es sogar schon eingebaute Extension-Funktionen um die Möglichkeiten von Kotlin noch besser auszunutzen [9].

Kodein fokussiert in Gegensatz zu Spring ausschließlich auf Dependency Injection und nutzt die Sprach-Features von Kotlin noch weiter aus. Wie in allen Dependency-Injection-Frameworks gibt es in Kodein eine Möglichkeit, Objekte als Dependency-Kandidaten zu definieren. Dazu nutzt Kodein das schon bekannte Builder-Pattern mit einem Lambda with Receiver-Block. Innerhalb des Lambdas ist der this-Zeiger vom Typ Kodein.MainBuilder. Dadurch kann man die API für die Registrierung der Dependency-Kandidaten separieren von der späteren Benutzung der Dependencies:

    // Dependency-Kandidaten konfigurieren
    val kodein = Kodein { // this ist Kodein.MainBuilder
        // hier werden Kandidaten registriert
        ...
    }

    //hier kann auf die Kandidaten zugegriffen werden

Im folgenden Beispiel sieht man die beiden Funktionsaufrufe constant("dburl") und bind<DataSource>(). Diese werden an der Klasse Kodein.MainBuilder aufgerufen. Die erste Funktion registriert eine Konstante mit den Namen dburl und die zweite Funktion ein Singleton vom Typ DataSource:

    // Dependency-Kandidaten konfigurieren
    val kodein = Kodein { // this ist Kodein.MainBuilder
        constant("dburl") with "jdbc:h2:mem:singleton"

        bind<DataSource>() with singleton {
            JdbcDataSource().apply {
                setURL(instance("dburl"))
            }
        }
    }

Infix-Funktionen vermeiden Klammern

Vielleicht ist Ihnen schon aufgefallen, dass nach den Funktionsaufrufen constant und bind das Wort with auftaucht. Das ist kein Schlüsselwort der Sprache Kotlin, sondern eine Funktion, die als infix definiert wurde. Infix-Funktionen werden ähnlich wie Operatoren (z. B. +) zwischen die Argumente ohne Punkt und ohne Klammern geschrieben.

Im nächsten Code-Block sehen Sie, wie die with-Funktion als normaler Aufruf aussehen würde:

    bind<DataSource>().with(singleton {
        JdbcDataSource().apply {
            setURL(instance("dburl"))
        }
    }) 

An diesem Beispiel kann man gut sehen, dass Infix-Funktionen weniger Klammern brauchen und damit zur besseren Lesbarkeit des Codes beitragen können. Die Definition der with-Funktion sieht etwas vereinfacht so aus:

    infix fun TypeBinder.with(binding: KodeinBinding<...>) = ...

Eine Infix-Funktion unterscheidet sich nur durch das Schlüsselwort infix von einer normalen Funktion und Infix-Funktionen müssen immer genau einen Parameter haben.

Der Zugriff auf die registrierten Dependency-Kandidaten kann durch die instance-Funktion erfolgen. Diese instance-Funktion ist als inline reified definiert und nutzt den generischen Typ als impliziten Parameter:

    // Dependencies nutzen
    val datasource  = kodein.direct.instance<DataSource>()

Die instance-Funktion ist nicht direkt beim Kodein-Interface definiert, sondern beim DKodein-Interface. Deswegen ist die Indirektion über das direct-Property notwendig. Der Grund für Trennung der Interfaces und den größeren Aufwand beim Zugriff auf die Dependency ist, dass der direkte Zugriff mittels instance-Funktion nicht der bevorzugte Weg ist. Kodein ist ein Dependency-Injection-Framework, bisher haben wir aber noch gar nicht gesehen, wie Abhängigkeiten injiziert werden.

Delegated Properties 

Sehen wir uns Dependency Injection in Kodein an einem klassischen Beispiel an. Es gibt einen DatabaseService, der zum Arbeiten sowohl die dbUrl als auch die dataSource benötigt:

    class DatabaseService(override val kodein: Kodein) : KodeinAware {
        val dbUrl: String by instance("dburl")
        val dataSource: DataSource by instance()   
        ...     
    }

Beginnen wir mit den beiden Properties. Diese werden mit by instance(...) initialisiert. In diesem Fall handelt es sich bei by tatsächlich um ein Schlüsselwort in Kotlin, welches bei der Initialisierung von Properties verwendet werden kann. Normalerweise generiert Kotlin für alle Properties einfache get- und ggf. set-Methoden. Mit dem Schlüsselwort by kann man ein Objekt definieren, welches als Delegate benutzt wird. Das heißt, immer wenn ein get-Zugriff auf ein solches Property erfolgt, wird der Aufruf an das Delegation-Objekt weitergeleitet.

Damit man im DatabaseService den Delegation-Mechanismus für die Auflösung der Abhängigkeiten nutzen kann, muss der Service das KodeinAware-Interface implementieren. Dieses Interface definiert ein abstraktes kodein-Property, welches in Subklassen überschrieben werden muss:

    interface KodeinAware {
        val kodein: Kodein
        ...
    }

Im Falle des DatabaseService wird das Property gleich im Konstruktor übergeben und definiert:

    class DatabaseService(override val kodein: Kodein) : KodeinAware {
        ...

Kodein definiert für das KodeinAware-Interface eine Extension-Funktion: instance. Diese dient zum Erzeugen des speziellen Delegation-Objekts vom Typ KodeinProperty:

    inline fun <reified T : Any> KodeinAware.instance(tag: Any? = null): KodeinProperty<T> = ...

Die instance-Funktion hat Zugriff auf das kodein-Property und zusätzlich durch inline reified-Zugriff auf den generischen Typparameter – den Typ des zu initialisierenden Properties. Beide Informationen werden an das neu erzeugte KodeinProperty-Objekt übergeben. Erfolgt nun der Zugriff auf ein solches Delegated Property, kann das KodeinProperty-Objekt in der kodein-Instanz nach dem geeigneten Dependency-Kandidaten suchen:

     val dataSource: DataSource by instance()   

Wenn Sie ein eigenes Delegation-Objekt implementieren wollen, dann finden Sie hier die Details [10]. Der DatabaseService kann anschließend einfach erzeugt werden und benötigt nur eine kodein-Instanz:

    val kodein = Kodein { 
        constant("dburl") with ...
        bind<DataSource>() with ...
    }

    val databaseService = DatabaseService(kodein)

Zusammenspiel von Delegated Properties, Lambdas with Receiver und Reified

Im vorigen Abschnitt bekam der DatabaseService eine kodein-Instanz im Konstruktor übergeben. Das koppelt diesen Service stark an das verwendete Dependency-Injection-Framework. Auch das Testen wird schwieriger, da immer eine Kodein-Instanz erzeugt werden muss. Im Folgenden soll gezeigt werden, wie es anders gehen kann und gleichzeitig sehen wir ein interessantes Zusammenspiel von Delegated Properties, Lambda with Receiver und Reified.

Beginnen wir mit einer neuen Version des DatabaseService:

    class DatabaseService(val dataSource: DataSource, val dbUrl: String) {
        ...
    }

In diesem Fall bekommt der DatabaseService die benötigten Daten direkt im Konstruktor übergeben. Das Erzeugen des Services mit Dependency-Injection würde dann so aussehen:

    val kodein = Kodein { 
        constant("dburl") with ...
        bind<DataSource>() with ...
    }

    val databaseService by kodein.newInstance { // this ist DKodein
        DatabaseService(instance(), instance("dburl"))
    }

Die kodein-Instanz ist wieder mit der dburl und der DataSource konfiguriert worden. Zum Erzeugen nutzen wir auch wieder ein Delegated Property mit dem by-Schlüsselwort. Dazu wird die Funktion newInstance am kodein-Objekt aufgerufen. Als Parameter wird ein Lambda with Receiver übergeben. In diesem Lambda ist der this-Zeiger auf eine DKodein-Instanz gesetzt. Diese stellt die instance-Funktion für den Zugriff auf die konfigurierten Objekte bereit. Da die instance-Funktion wieder inline reified ist, kann auf alle expliziten Typparameter verzichtet werden. Das Ergebnis des Lambda-Blocks wird der Variablen databaseService zugewiesen.

Ich finde es beeindruckend, dass der Datentyp DatabaseService nur ein einziges Mal explizit hingeschrieben werden muss und die Datentypen für die dburl und die DataSource gar nicht explizit auftauchen.

Alles geht, nichts muss!

Ich habe in dem Artikel bewusst einige komplexere Sprach-Features von Kotlin vorgestellt. Es soll kein Ansporn sein, alle diese Features in Ihrer Anwendung zu benutzen. Richtig angewendet – bei eigenen Basis-Bibliotheken und eigenen DSLs – erlauben diese Features interessante Konstruktionen und können zu "schönem" kompakten fachlichen Code führen. Falsch oder übermässig angewendet können diese Features aber auch zu unverständlichem und komplexem Code führen.

Wer noch tiefer in das Thema einsteigen will, sollte sich die Möglichkeit, Operatoren zu überladen und lokale Extension-Funktionen anschauen [11]. Beides kann man ganz gut im Projekt React Kotlin in Aktion sehen [12].

Autor

René Preißel

René Preißel arbeitet als selbständiger Softwarearchitekt, Entwickler und Trainer. Seine Schwerpunkte liegen im Bereich Softwarearchitektur, Java-Technologien und Konfigurationsmanagement.
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