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Frederico Ferreira 14. März 2023

Mit Low-Code die Digitalisierung vorantreiben

Anwendungsentwicklung erfordert Expertise, Zeit und Ressourcen. Genau daran mangelt es Unternehmen aus dem Mittelstand. Ein Ausweg ist der No-/Low-Code-Ansatz, bei dem wenig gecodet, aber viel mit Point & Click gearbeitet wird.

Acht von zehn teils kleineren Softwareprojekten in Unternehmen dauern länger als drei Monate, ein gutes Viertel sogar länger als ein halbes Jahr. Diese Ergebnisse einer Studie sprechen für sich: Geschwindigkeit sieht anders aus [1]. Grundsätzlich sind Agilität, Flexibilität und schnelle Reaktionen gefragt, doch viele Entwicklungsteams können nicht liefern. Woran liegt es? Die Studie gibt einige Hinweise: Bei der schnellen Minderheit der Unternehmen steht Agilität im Vordergrund, beispielsweise Design Thinking, agile Entwicklung, DevOps und als Fundament Cloud-Technologien. Ein Punkt fällt auf: Fast die Hälfte (44 Prozent) der besonders agilen Unternehmen nutzt No-Code- oder Low-Code-Plattformen.

No- oder Low-Code: Point-&-Click-Entwicklung

Die beiden Stichworte "No-Code" und "Low-Code" werden bereits seit einiger Zeit diskutiert. Dahinter steckt das Versprechen einer leicht zu bedienenden Plattform, auf der jede:r Geschäftsanwendungen ohne tiefere Programmierkenntnis entwickeln kann. Dabei sind No-Code-Plattformen besonders einfach. Sie erlauben die Anwendungsentwicklung mit grafischer Modellierung und vorgefertigten Bausteinen. Low-Code geht weiter: Entwickler:innen können die Bausteine mit zusätzlichem Code ausstatten, um komplexere Aufgaben anzugehen.

Bereits diese kurze Erklärung zeigt, dass es bei beiden Ansätzen in erster Linie um Geschwindigkeit geht. Denn zahlreiche Geschäftsanwendungen bestehen aus wenigen und einfachen Funktionen. Ein Beispiel: Mobile Apps für notwendige, aber lästige Unternehmensprozesse wie Urlaubsantrag oder Spesenabrechnung vereinfachen den Umgang mit der internen Bürokratie. Für Entwickler:innen handelt es sich dabei um reine Routineaufgaben. Der Funktionsumfang ist durch die Prozesse und deren Compliance vorgegeben. Was liegt also näher, als Entwickler:innen gar nicht erst mit diesen Arbeiten zu belasten?

Genau das ist die Aufgabe von No-/Low-Code-Tools: Sie sollen die Entwickler:innen entlasten, da sie ohnehin in vielen Unternehmen zu den begehrtesten Personen gehören – bei einem gleichzeitig schwierigen Arbeitsmarkt in dem Bereich: In der gesamten IT-Branche sind laut Bitkom rund 137.000 Stellen nicht zu besetzen, viele davon in der Anwendungsentwicklung. Hinzu kommen andere Einschränkungen wie der Vorrang für wichtige Digitalisierungsprojekte, der kleine Business-Apps zu Nebensachen degradiert.

Hier sind Lösungen gefragt, die Entwicklungsteams nicht überfordern – etwa No-/Low-Code-Tools, um die Softwareentwicklung so weit zu vereinfachen, dass auch Nichtprogrammierer:innen Anwendungen entwickeln können. Das wird meist als "Citizen Development" bezeichnet. Gemeint ist damit, dass Business-Anwender:innen Apps für ihre Abteilungen und Fachbereiche selbst entwickeln und Digitalisierungslücken in Eigenregie schließen.

Dafür nutzen sie allerdings nicht die gängigen Programmiersprachen und Entwicklungsumgebungen, sondern spezielle Point-&-Click-Plattformen, die Datenintegration und (einfache) Business-Logiken unterstützen. Die auf dem Markt vertretenen Plattformen haben allerdings ganz unterschiedliche Einsatzgebiete und Ansprüche.

No-Code: Programmieren für alle

Auf der einen Seite des Spektrums stehen die reinen No-Code-Entwicklungsumgebungen, sie arbeiten ausschließlich visuell. Die resultierende Anwendung wird in einem grafischen Editor mit der Maus zusammengefügt. Seine Bedienung erinnert meist stark an Grafikprogramme wie Illustrator. Statt rein geometrischer Objekte werden Programmobjekte wie Eingabefelder, Auswahllisten oder Beschriftungen per Drag-and-drop auf dem Bildschirm angeordnet.

Anschließend müssen die einzelnen Elemente konfiguriert und mit den richtigen Parametern versehen werden. Hierbei sind grundlegende Programmierkonzepte wie das Speichern von Daten aus Eingabefeldern in einer Variablen typisch. Sie kann anschließend in anderen Bereichen des No-Code-Tools genutzt werden, beispielsweise um Daten in einem Diagramm darzustellen. Damit lassen sich recht leicht einfache, monothematische Apps gestalten, die beispielsweise typische Business-Aufgaben wie die Dateneingabe für eine Spesenabrechnung vereinfachen.

Doch komplexe Anwendungen sind damit nicht zu verwirklichen, denn jenseits der grundlegenden Konfigurationsmöglichkeiten ist es nicht möglich, manuellen Code einzugeben, der für komplexere Rechenoperationen und Erweiterungsmöglichkeiten notwendig wäre. Dies kann je nach Anforderungen für Softwareprojekte eine deutliche Einschränkung sein. So sind die erzeugten Anwendungen in einigen Fällen plattformabhängig und nur schwer skalierbar.

IT-Affinität und technisches Verständnis ist für die Nutzung Minimalvoraussetzung.

Ein klarer Vorteil ist dagegen, dass der Einsatz dieser Plattformen keine Entwickler:innen mit spezifischen Kenntnissen bestimmter Programmiersprachen erfordert. Doch eine IT-Affinität sowie ausreichend technisches Verständnis ist für die Nutzung solcher Tools die Minimalvoraussetzung. Denn trotz der im Vergleich mit dem herkömmlichen Software-Engineering sehr einfachen Bedienung handelt es sich um anspruchsvolle Anwendungen. Die meisten Nutzer:innen werden also eine gewisse Lernkurve verzeichnen, bevor sie mit einem No-Code-Tool tatsächlich produktiv sein können.

Typische Business-Anwender:innen werden sicherlich erst nach einiger Zeit erfolgreich mit den Entwicklungsplattformen arbeiten. Personen mit einer Ausbildung oder einem Studium im Bereich Technik und Ingenieurwesen sollten sich dagegen deutlich schneller einarbeiten können. Entscheidend ist bei diesen Plattformen ein ausreichendes Basiswissen zur Gestaltung von Benutzeroberflächen, da sich ein großer Teil der No-Code-Entwicklung diesem Thema widmet.

Low-Code: Entwicklungsteams und Fachbereiche arbeiten zusammen

Auf der anderen Seite des Spektrums finden sich Low-Code-Plattformen, bei denen auch manueller Code in die Anwendung eingefügt wird. So bieten viele Plattformen an, die vorhandenen Anwendungsbausteine zu ergänzen oder zu verändern. Darunter sind Programmobjekte zu verstehen wie beispielsweise Elemente der Benutzeroberfläche, Datenbanken, Speicherbereiche für Dateien, Diagramme in Dashboards und vieles mehr. Durch zusätzlichen Code kann man beispielsweise Datenausgaben verändern. Ein vereinfachtes Beispiel: Ein Programmobjekt für einen Gewichtssensor übergibt die Daten in der Maßeinheit Gramm. Durch zusätzlich eingegebenen Code können die Daten in Kilogramm und als zweistellige Dezimalzahl an die Anwendung weitergegeben werden, oder es können komplexere Berechnungen durchgeführt werden, um spezifische Anpassungen vorzunehmen, die für die Umgebung, in der der Sensor arbeitet, erforderlich sind.

Sehr leistungsfähige Plattformen für Low-Code ermöglichen durch die Eingabe von zusätzlichem Programmcode die Entwicklung umfangreicher und komplexer Anwendungen, die sich an die Ergebnisse von Entwicklungsumgebungen wie Visual Studio (C++, C#), Eclipse (Java) oder PyCharm (Python) annähern. Zudem ist es häufig möglich, zusätzliche Komponenten zu entwickeln und in die Low-Code-Umgebung zu integrieren. Bei einigen Plattformen geschieht das direkt innerhalb der Benutzeroberfläche oder durch Einsatz der Entwicklungsumgebung einer herkömmlichen Programmiersprache. Das Coding komplexer Programmfunktionen sowie von Erweiterungen der Plattform erfordert ausgebildete Softwareentwickler:innen.

Doch in vielen Fällen lässt sich ein Teil der Aufgaben des Software-Engineerings an Mitarbeiter:innen aus den Fachbereichen eines Unternehmens auslagern. Diese "Citizen Developer" helfen den Entwicklungsteams bei der Konzeption einer Benutzeroberfläche und der Fachlogik innerhalb der Anwendung. Dabei nehmen sie die Rolle von "Mitentwickler:innen" ein, die in einer Low-Code-Umgebung selbständig arbeiten können. Auch hier sind IT-Affinität und technisches Verständnis die Grundvoraussetzung. Jedoch ist es hilfreich, sich auch mit Code auszukennen. Ingenieur:innen mit Erfahrung in Skriptsprachen wie Python oder Programmierumgebungen für Microcontroller wie dem Arduino sind sicher schneller in der Lage, die Entwicklerteams zu entlasten. Deshalb sollten Unternehmen interessierte Personen in Software-Entwicklung weiterbilden. Sie können dadurch deutlich produktiver für ihre Fachbereiche werden.

Diese Form der gemeinsamen Entwicklung in gemischten Teams ist ein sinnvoller Trend. Die Zusammenarbeit beider Bereiche steigert die Qualität der Anwendungen, da sie von Anfang an gut an die Bedürfnisse der Endnutzer:innen angepasst sind. Bedienprobleme oder Fehler in der Fachlogik fallen deutlich schneller auf und können zu niedrigen Kosten behoben werden. Dadurch vermeiden Unternehmen die bekannten Reibungsverluste mit Endlosprojekten und späten Änderungen sowie den zwangsläufigen Frust bei allen Beteiligten.

Das passende Low-Code-Entwicklungssystem wählen

Sicher eignen sich nicht alle Low-Code-Tools auf dem Markt in gleicher Weise für alle Ansprüche an die Entwicklung von leistungsfähigen Geschäftsanwendungen. Wer mit Citizen Development Erfolg haben will, sollte zu Plattformen greifen, die universell einsetzbar sind und alle Schritte der Softwareentwicklung in ein Tool integrieren. Dazu gehören auf jeden Fall die folgenden Aspekte:

  • Grafische Editoren für die Benutzeroberfläche: Dieses Kriterium ist grundlegend, sodass es alle Plattformen erfüllen: Point-&-Click-Editoren erlauben die schnelle Entwicklung der Anwenderschnittstelle und erleichtern zugleich die Kommunikation zwischen Developer-Teams und Fachbereichen.
  • Komponenten für die Geschäftslogik: Idealerweise erlaubt eine moderne Low-Code-Plattform den Aufbau von geschäftlichen Abläufen (Algorithmen und Prozessen).
  • Komponenten für Daten: Zweiseitige Verbindungen (Lesen, Schreiben) zu Datenquellen wie relationalen Datenbanken oder Office-Dokumenten sind entscheidend für den Aufbau von Geschäftsanwendungen.
  • Komponenten für Basisdienste: Nur mit einer Integration in die vorhandenen IT-Services ist eine Geschäftsanwendung hilfreich. Dazu gehören beispielsweise Schnittstellen zur Authentifizierung von Anwender:innen, eine in die Entwicklungsumgebung integrierte Versionsverwaltung oder sogar ein übergreifendes App-Lifecycle-Management, mit dem auch größere Konvolute an (webbasierten und mobilen) Anwendungen verwaltet werden können.
  • Webtechnologien im Hintergrund: Bis vor wenigen Jahren war das Client-/Server-Modell die typische Bereitstellungsform von Geschäftsanwendungen. Doch der technologische Wandel zum flächendeckenden Einsatz von Mobilgeräten und einer größeren Datenverfügbarkeit in den Unternehmen hat auch Low-Code-Ansätze verändert. So sind inzwischen plattformübergreifende Webtechnologien State of the Art.
  • Unterstützung verschiedener Zielsysteme: Obwohl es im Markt auch weiterhin Tools ausschließlich für mobile Apps gibt, unterstützen viele Plattformen Mobilgeräte und Desktoprechner. Bewährt hat sich hierfür das Konzept der Progressive Web Apps (PWA). Sie arbeiten unter Betriebssystemen wie Android, iOS oder Windows in einem Webbrowser und müssen nicht speziell für das jeweilige Betriebssystem erzeugt werden. Dies kann mit nativem Code mithalten und erleichtert letztlich auch das Software-Lifecycle-Management.
  • Flexible Entwicklungsprojekte: Low-Code-Entwicklung ist ausreichend flexibel für zahlreiche Entwicklungsprojekte in Unternehmen. Dabei entstehen sowohl mobile Apps als auch Webapps, die auf Desktoprechnern genutzt werden können. Die Kapselung der technisch als PWA verwirklichten Anwendungen in Stand-alone-Browser-Containern wie "Chrome-Apps" oder "Windows-Apps" erleichtert zudem die Nutzung auf typischen Business-Clients mit Windows. Doch es gibt auch Anwendungsbereiche, für die Low-Code ungeeignet ist. Dazu gehört die Entwicklung von hardware-nahen Lösungen und vermarktungsfähigen Endanwenderprodukten. In beiden Fällen ist klassisches Software Engineering die bessere Lösung.

Doch bei der Auswahl eines geeigneten Low-Code-Entwicklungssystems sind nicht nur technologische Aspekte zu bedenken. So haben die einzelnen Plattformen durchaus ihre Schwerpunkte. Unternehmen sollten deshalb ihre Anforderungen sehr genau definieren. Einzelne Plattformen eignen sich gut für die Gestaltung von automatisch ablaufenden Prozessen mit BPMN. Andere dagegen haben ihren Schwerpunkt eher bei der Entwicklung vollwertiger Applikationen, die beispielsweise ganze Prozessketten digitalisieren.

Von CX bis Security – Vorteile des Low-Code-Ansatzes

Mit Low-Code-Entwicklung können Unternehmen vor allem vier Vorteile verwirklichen:

  1. Benutzerfreundlichkeit: Die erzeugten Anwendungen sind einfach und intuitiv zu bedienen. Sie liefern durch Standardisierung der einzelnen Elemente der Oberfläche ein optimiertes Nutzererlebnis und funktionieren reibungslos auf jedem Gerät. Dadurch erreichen Unternehmen sehr leicht eine einheitliche Bedienung für ihre Apps und die Lernkurve verläuft deutlich flacher als bei vielen herkömmlichen Business-Suites.
  2. Schnelligkeit: Softwareprojekte werden mit Low-Code deutlich schneller verwirklicht und haben gleichzeitig einen geringen Investitionsbedarf. Anwendungen für die Digitalisierung und Automatisierung einzelner Prozesse entstehen häufig innerhalb weniger Tage, komplexe Anwendungen innerhalb weniger Wochen. Zudem sind Low-Code-Projekte einfacher zu warten und zu aktualisieren, wodurch Zeit und Ressourcen gespart werden können.
  3. Integration: Low-Code-Plattformen bieten den nutzenden Unternehmen viele aktuelle Technologien und zahlreiche Integrationsmöglichkeiten mit Standardanwendungen. Dadurch können Unternehmen den Funktionsumfang und die Integration ihrer Anwendungen sehr einfach ausbauen – die Geschwindigkeit der Anwendungsentwicklung steigt.
  4. Leistung: Low-Code-Plattformen sind in den meisten Fällen leicht zu skalieren, wenn ihr Betriebsmodell auf Cloud-Technologien basiert. Dadurch können intern rasch zusätzliche Ressourcen für die Anwendungen bereitgestellt werden. Unter Umständen ist ein Hosting-Modell in einer Private Cloud leistungsfähiger als der Zugang in der Public Cloud.

Ein zusätzlicher Vorteil ist die Verwirklichung von hohen Sicherheitsstandards durch die Betreiber von Low-Code-Plattformen. Ähnlich wie bei Cloudservices gibt es eine geteilte Verantwortung. Der Anbieter stellt zwar grundlegende Security-Funktionen bereit, doch die Kundenunternehmen müssen diese in ihren Anwendungen nutzen. Hochwertige Plattformen bieten mindestens die folgenden vier Security-Bereiche an:

  1. Eine integrierte Zugriffskontrolle, um Benutzerrollen und -berechtigungen zu verwalten.
  2. Eine integrierte Verschlüsselung zum Schutz der Daten.
  3. Mechanismen der Netzwerksicherheit wie Firewalls, Netzwerksegmentierung, Monitoring oder Transportverschlüsselung für die Übertragung zwischen der Plattform und anderen Anwendungen.
  4. Tools und Funktionen für Code-Reviews und Tests sowie regelmäßige Security-Updates der integrierten Bibliotheksfunktionen.

Zudem muss die Plattform grundlegende Compliance-Anforderungen erfüllen, etwa eine Zertifizierung nach ISO 27001. Sie ist für viele Unternehmen eine wichtige Voraussetzung ihrer Geschäftstätigkeit. Darüber hinaus gibt es zusätzliche Anforderungen in bestimmten Branchen. Ein Beispiel: Automobilzulieferer sowie deren Zulieferer müssen zwingend eine TISAX-Zertifizierung besitzen [2], um bei den großen europäischen OEMs als Lieferanten registriert zu werden. Dies gilt unter Umständen auch für eine Low-Code-Plattform, etwa wenn ein OEM Zugriff auf eine Anwendung bekommt.

Low-Code am Beispiel Anwendungsmodernisierung

Anwendungsmodernisierung ist zurzeit die wichtigste Aufgabe für CIOs und Entwicklungsteams in vielen Unternehmen. Durch neuere Entwicklungen wie Cloud-Technologien, Microservices, IoT-Plattformen und Künstliche Intelligenz zeigt sich: Viele traditionelle IT-Landschaften sind nicht mehr in der Lage, alle Anforderungen der Unternehmen zu erfüllen. Damit wird die Modernisierung der Anwendungen zum wichtigen Programmpunkt für die nächste Zeit.

Low-Code-Plattformen erweisen sich dabei als leistungsfähige Entwicklungswerkzeuge für die Anwendungsmodernisierung in gemeinsamen Teams aus IT und Fachbereichen. Sie sind ausreichend flexibel, um sowohl das Erweitern vorhandener Anwendungen zu unterstützen als auch den tiefergehenden Umbau der IT-Landschaft. Zusätzlich ermöglichen High-End-Plattformen es den Entwicklungsteams, auch vollständig neue Business-Apps zu schreiben.

Erweitern: Anwendungen ausbauen und renovieren

Das Erweitern von Anwendungen ist die einfachste Lösung, sofern die Kernsysteme gut funktionieren. Schwerpunkt sollte dabei sein, lediglich neue Funktionen und zusätzliche Customer Journeys hinzuzufügen. Unternehmen sollten dabei den Fokus auf wichtige Anforderungen legen, die schnell umgesetzt werden müssen. Eine visuelle, modellgesteuerte Entwicklungsplattform besitzt ausreichend vorgefertigte Komponenten, um neue Funktionen leicht zu entwickeln. Die Unternehmen müssen dabei ihre bisherige Systemarchitektur nicht verändern. Low-Code-Plattformen aus dem High-End-Bereich bieten dafür vorgefertigte Konnektoren, die mit bekannten Systemen wie SAP, Sales Force oder Microsoft Dynamics zusammenarbeiten.

Beispiel: Ein weltweit aktiver Chemiekonzern setzt auf SAP-Lösungen für seine zentralen Geschäftssysteme. Doch ein fehlender mobiler Zugang und die Komplexität der SAP-Benutzeroberfläche erschwerten die Nutzung. Das Unternehmen begegnete diesem Problem, indem es mit einer Low-Code-Entwicklungsumgebung zahlreiche mobile Apps gestaltete. Sie sind jeweils auf einzelne Einsatzgebiete zugeschnitten und besitzen eine moderne, leicht zu bedienende Benutzeroberfläche. Durch die Verknüpfung der Plattform mit SAP ERP, dem Datawarehouse sowie anderen Systemen wie Tableau, Azure, Office 365, Salesforce und einer IoT-Plattform konnte das Entwicklerteam mehr als 35 mobile Anwendungen gestalten, die im ganzen Unternehmen genutzt werden und die Arbeit mit den Kernsystemen deutlich vereinfachen.

Umbauen: Altsysteme ergänzen und überarbeiten

Beim Umbau oder dem Refactoring von Legacy-Systemen steht im Vordergrund, die Struktur von Quelltexten zu verbessern, ohne dabei das Verhalten der Software zu verändern. Üblicherweise sind dafür viele kleine Änderungen im Quellcode notwendig, um Fehler auszubügeln oder Unsauberkeit zu beseitigen. In einzelnen Fällen müssen dafür ältere Entwicklungsumgebungen und Programmiersprachen wie beispielsweise COBOL genutzt werden. Leider ist die fachliche Expertise in den Unternehmen hierfür selten geworden und muss deshalb zu teils hohen Preisen eingekauft werden. Low-Code-Plattformen sind effizienter: Entwicklungsteams sind damit in der Lage, verbesserte Benutzeroberflächen oder einzelne, gut abgrenzbare Funktionsblöcke für Altsysteme zu entwickeln.

Beispiel: Ein Unternehmen der Schienenlogistik ist bereits sehr lange in seinem Markt aktiv und besitzt dementsprechend viele Altanwendungen. So arbeiten die logistischen Kernanwendungen auf einem Mainframe, das zunächst nicht ersetzt werden soll. Deshalb hat das Unternehmen eine moderne visuelle Entwicklungsplattform genutzt, um eine Microservices-Architektur für ein neues Logistiksystem zu gestalten. Es orchestriert Mainframe-Daten, verändert aber die zugrundeliegende Infrastruktur nicht. Das Ergebnis sind moderne Möglichkeiten wie Datenintegration in Echtzeit oder ereignisgesteuerte Anwendungen.

Neugestalten: Neue Anwendungen mit Low-Code entwickeln

In vielen Unternehmen gibt es Legacy-Anwendungen, die moderne Business- und Technologieanforderungen nicht mehr erfüllen, da sie beispielsweise das Internet der Dinge oder Mobilgeräte nicht unterstützen. Moderne visuelle Entwicklungsplattformen vereinfachen die Entwicklung einer neuen Anwendung – als Cloud-Lösung, die zu den Anforderungen des Unternehmens passt. Wichtig ist dabei, dass die neue Lösung trotzdem auf die ursprünglichen Datenquellen und Datenbankmanagementsysteme zugreift. Auf diese Weise erreichen die Unternehmen eine unkomplizierte Migration in die Cloud und verbessern die Lösung, um die neuen Geschäftsanforderungen zu unterstützen.

Beispiel: Ein US-Unternehmen aus der Gesundheitswirtschaft kam mit seiner Expansionsstrategie an die Grenzen des anfangs genutzten Patient:innenportals. Die Entwicklerteams waren wegen der Komplexität der ursprünglichen Anwendungen nicht in der Lage, das Portal so schnell zu aktualisieren, wie es das Unternehmen für sein Wachstum benötigte. Mit einer Low-Code-Umgebung modernisierte die Organisation ihr Portal innerhalb von fünf Monaten und entwickelte in den folgenden drei Monaten eine begleitende mobile App. Das Portal hatte vom Start weg eine höhere Akzeptanz bei den Patient:innen und benötigte für Wartung und Erweiterung lediglich ein kleines Team aus zwei internen Entwicklern. Eine weitere Konsequenz des Low-Code-Projekts: Das Unternehmen hat damit begonnen, seine veralteten Lotus-Notes-Anwendungen abzubauen und durch eine breite Palette an modernen Web- und Mobilanwendungen zu ersetzen.

Low-Code-Systeme als Digitalisierungsbeschleuniger

Über die digitale Transformation der Unternehmen wird bereits so lange und so viel geredet, dass noch bestehende Lücken erstaunlich wirken. Die Schwierigkeiten liegen in verschiedenen Bereichen: IT-Budgets stagnieren, Entwickler:innen sind auf dem Arbeitsmarkt Mangelware und in Unternehmen gibt es einen Zielkonflikt zwischen Investitionen in das Bestehende und in Innovationen. Diese Schwierigkeiten lassen sich mit Low-Code-Plattformen auflösen, sie beschleunigen die Digitalisierung. Low-Code ist eine schnelle, leistungsfähige und an modernen Technologien orientierte Variante der Anwendungsentwicklung.

Die Möglichkeiten von High-End-Plattformen in diesem Markt entsprechen weitgehend denen von modernen Frameworks für Software-Engineering. Sie bieten jedoch zahlreiche Vereinfachungen und Erleichterungen. So lassen sich Benutzeroberflächen von den späteren Endanwender:innen entwickeln. Der Rückgriff auf vorgefertigte Komponenten erleichtert den Einsatz von Standardfunktionen und allgemein bekannten Algorithmen.

Die Nase vorn haben Low-Code-Plattformen bei der Zusammenarbeit von Entwicklungsteams mit Fachbereichen. Bei den herkömmlichen Entwicklungsparadigmen stehen immer noch Pflichtenhefte und Anforderungsmanagement im Vordergrund, bei der Low-Code-Entwicklung dagegen kann eine echte Zusammenarbeit entstehen. Dies kommt letztlich der Qualität der Anwendungen, der Zufriedenheit der Nutzer:innen und dem Business Value zugute. So fördert der Low-Code-Ansatz nicht nur die Effizienz im Software Engineering, sondern die Zufriedenheit bei Entwicklungsteams und Nutzergruppen auf verschiedenen Ebenen der Organisation.

Quellen
  1. Outsystems: The Speed of Change: How Fast Are You?
  2. Wikipedia: TISAX

Autor

Frederico Ferreira

Frederico Ferreira ist Gründer und CEO des portugiesischen Low-Code-Entwicklers Do iT Lean, a valantic company.
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