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Neele Harmjanßen, Julian Cramer & Marcus Tiarks 11. September 2018

Auch Agile Coaches brauchen Coaching

Wie Agile Coaches ihre Fähigkeiten durch Erfahrungsaustausch stärken können

Agile Entwicklung und agile Teams spielen eine zunehmend wichtige Rolle in Unternehmen. Inzwischen registrieren immer mehr Unternehmen, dass sie sich in einem ständigen Prozess der Anpassung befinden. Sie merken, dass sich Teams bei Bedarf auch selbständig ändern und immer lernfähig bleiben sollten. Agilität setzt voraus, dass Menschen offen sind, sich auf den kontinuierlichen Wandel einlassen und bereit sind, mit Kolleginnen und Kollegen konstruktiv zusammenzuarbeiten, auch wenn sie vielleicht gerade Probleme haben.

Agile Coaches spielen bei diesem sozialen Miteinander eine wichtige Rolle. Sie geben Hilfe zur Selbsthilfe. Sie geben weder Lösungen vor, noch verfolgen sie eigene Handlungsabsichten. Die gecoachten Personen (Coachees) – Einzelpersonen wie Product Owner, Scrum Master, Mitglieder des Managements oder ganze agile Teams – entwickeln im Rahmen des Coachings selbst Lösungen aus persönlichen Erfahrungen und Erkenntnissen. Deswegen ist die Coach-Coachee-Beziehung besonders von gegenseitigem Vertrauen und Respekt geprägt. Die wichtigsten Fähigkeiten und Kompetenzen, die ein "Agile Coach" mitbringen sollte: Motivation und Begeisterungsfähigkeit, aktives Zuhören, Kommunikationsfähigkeit, Selbstreflexion und Interesse an persönlicher Weiterbildung. Um diese Kompetenzen zu stärken, also den Coach zu coachen, können verschiedene Formate eingesetzt und bewertet werden.

Es pocht und pocht – das Herz des Agile Coaches

Agile Coaching ist eine Haltung. Leidenschaft und Motivation prägen die Arbeit des Agile Coaches. Er sollte in dem, was er tut einen Sinn erkennen und Freude an der Begleitung von Menschen auf ihrem Weg haben. Neben Begeisterung für Agilität ist Empathie eine wertvolle Eigenschaft in der Zusammenarbeit mit Menschen. 

Der Agile Coach mit dem großen Ohr

Der Agile Coach hört aktiv zu. Diese, auf den ersten Blick logische Aussage, wird in der Praxis oft unterschätzt. Beim aktiven Zuhören ist der Coach nicht ich-bezogen und auf sein eigenes Anliegen fokussiert, sondern richtet seinen Fokus auf den Coachee. Er ist interessiert an dessen Situation, seinem Problem oder Thema. Das ist eine Haltung, die signalisiert, dass der Coach verstehen möchte. Zur Schärfung seines Verständnisses stellt er Fragen. Die eigenen Gedanken und Bedürfnisse werden zurückgestellt. Ebenso macht sich der Coach frei von Bewertungen und Beurteilungen. Das aktive Zuhören kann intensiviert werden, indem eine starke Verbindung mit tiefem Verständnis und Vertrauen zwischen Coach und Coachee aufgebaut wird. Dadurch erfolgt ein Perspektivwechsel, bei dem nicht nur Inhalte, sondern vielmehr Gefühle und Empfindungen im Mittelpunkt stehen. 

Der Mund steht für Kommunikation

Kommunikationsfähigkeit stellt für einen Agile Coach eine Schlüsselkompetenz dar. Mittels Fragetechniken von offenen bis geschlossenen Fragen, von Klärungsfragen über Skalierungsfragen bis hin zu hypothetischen Fragen zeigt der Agile Coach unterschiedliche Perspektiven auf und lädt zum Hinterfragen ein. Durch das gezielte Fragestellen können Denk- und Kreativitätsprozesse angeregt und der Lösungsraum erweitert werden. Fragen können dazu dienen, Positives hervorzubringen und zu betonen. Beispielsweise können Fragen wie "Worauf bist du heute besonders stolz?", "Was ist in der letzten Woche gut gelaufen?" oder "Worin bist du richtig gut?" gestellt werden.

Neben Fragetechniken kann eine wertschätzende Kommunikation über die Gewaltfreie Kommunikation (kurz GfK) nach dem Ansatz von Marshall B. Rosenberg gelingen [1]. Die GfK charakterisiert sich in folgenden vier Schritten: Wahrnehmung, Gefühl, Bedürfnis und Wunsch. Diese Art der Kommunikation kann zur Stärkung des Selbstausdruckes und der Selbstverantwortung beitragen. Die gewaltfreie Kommunikation und ein bewusster Umgang mit Sprache schaffen Klarheit und Orientierung und helfen Konflikte zu lösen.

Feedbacks sind für einen Agile Coach von großer Bedeutung – in beide Richtungen. Ein Feedback ist als Geschenk anzusehen. Es liegt beim Feedbacknehmer, was er mit dem Feedback macht und wie er es für seine persönliche Entwicklung nutzt. Durch Feedback wird ein Fremdbild transparent, welches für den Coach im Rahmen der Selbstreflexion nützlich ist.

Sich einfach mal den Spiegel vorhalten

Das Fremdbild kann mit dem Selbstbild des Agile Coaches abgeglichen werden und bei der Reflexion der eigenen Person unterstützen. "Wie nehmen mich Andere wahr?", "Wie nehme ich mich selbst wahr?" und "Was kann und möchte ich zu dieser Entwicklung beitragen?" sind Fragen, mit denen sich der Coach bewusst auseinandersetzen kann. Mittels dieser subjektiven Reflexionskompetenz kann der Agile Coach mit sich selbst in Kontakt treten und über seine Empfindungen, Gefühle, Wünsche und Bedürfnisse nachdenken. Auf diese Weise erfolgt eine Sensibilisierung. Es werden nicht nur Motivation und Ziele, sondern ebenso Werte und Einstellungen erkennbar und veränderbar. Der Agile Coach kann Rückschlüsse aus der Beobachtung seiner Praktiken und seines eigenen Verhaltens ziehen. Die Selbstreflexionskompetenz ermöglicht die Betrachtung der individuellen Biografie. Es zeigt sich, wie der Agile Coach in der Vergangenheit mit Entscheidungen umgegangen ist. Weiterhin kann er beleuchten, wie er mit Erfolgen oder Misserfolgen innerhalb seiner Arbeit umgegangen ist und welche Kompetenzen dabei förderlich gewesen sind. Diese vergangenen Erfahrungen können für zukünftige Entwicklungen relevant werden. 

Ähnlich verhält es sich mit der im Arbeitsleben eingenommenen Rolle, die durch soziale Praktiken bedingt wird. Hierbei interessieren die expliziten Rollenerwartungen, die nicht nur von außen durch gesellschaftliche Normen und Werte sowie externen Anspruchsgruppen, sondern auch vom Coach an sich selbst herangetragen werden. Die Auseinandersetzung mit diesen Erwartungen sowie die Betrachtung seines Denkens und Handelns von außen ist förderlich, um mögliche Spannungsfelder oder potentielle Konflikte aufzudecken und zu lösen. Überdies charakterisiert sich der Agile Coach auf diese Weise als Gestalter seines Selbst, der kontinuierlich an Veränderungsprozessen partizipiert und mitwirkt. 

Das Buch unter den Arm geklemmt

Der Agile Coach braucht zudem Wissen über Agilität, über Frameworks wie Scrum und über agile Methoden. Dieses Wissen stärkt zum einen die Akzeptanz des Coaches, zum anderen braucht der Coach auch einen gewissen theoretischen und praktischen Erfahrungsschatz, um Wissen zu vermitteln. Zusätzlich zur Lektüre von Literatur wie Bücher und Artikel können Diskussionen innerhalb von Blogs sowie die Teilnahme an Agile User Groups und Konferenzen und auch der regelmäßige Austausch mit anderen Agile Coaches sehr hilfreich sein.

Der Weg ist das Ziel oder Walk your talk

Der Agile Coach befindet sich auf einem Weg. Auf diesem Weg sollte er das, was er vermitteln möchte, selbst (vor-)leben. Im Englischen wird diese Haltung "Walk the talk" genannt. Dies bedeutet, Worten Taten folgen zu lassen. Der eingeschlagene Weg des Agile Coaches hat Höhen und Tiefen. An der einen oder anderen Abzweigung wird es notwendig sein, eine Entscheidung für die weitere Richtung zu treffen. Eine falsche Abzweigung kann den Agile Coach in eine Sackgasse führen. Dann gilt es die genannten Kompetenzen und Fähigkeiten zusammen zu bringen und zu reflektieren. Der Agile Coach kann daraus lernen und ist um eine Erfahrung reicher. Der Agile Coach sollte demnach den Mut zum Scheitern haben und Fehler zulassen können. Das Begehen von Fehlern sollte nicht als etwas negatives angesehen werden, sondern als willkommene Lerneinheit. Es geht folglich weniger darum, ein bestimmtes Ziel zu erreichen. Vielmehr stehen der Aufbau von Erfahrungen, das Kennenlernen von Persönlichkeiten sowie das Hinterlassen von individuellen Spuren im Mittelpunkt des Agile Coaches.

Wer coacht den Coach?

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, den Agile Coach in seiner Arbeit zu unterstützen und in seinen Fähigkeiten weiterzuentwickeln. Es kann ein externer Coach eingesetzt werden, der das Team der Agile Coaches oder einzelne Agile Coaches begleitet. Diese Person kann auch aus dem eigenen Unternehmen stammen und lediglich temporär oder in bestimmten Situationen Hilfe anbieten. Als dritte Möglichkeit steht die Community der Agile Coaches bereit. 

Es ist vollkommen in Ordnung, Fehler zu machen, zu scheitern und daraus zu lernen.

Auf letztere Option setzen wir bei der BTC Business Technology Consulting AG wo aktuell 21 Agile Coaches aktiv sind, die zusammen eine agile Community bilden. Sollte es diese Möglichkeit im Unternehmen nicht geben, kann Anschluss an eine Agile Community gesucht werden oder es finden sich einzelne Coaches außerhalb des Unternehmens zusammen.

Die Entscheidung für einen der aufgezeigten Wege ist für jedes Unternehmen und jeden Coach eine individuelle. Es ist nicht immer leicht, herauszufinden, was sinnvoll und zielführend ist. Umso wichtiger sind der Austausch und das Teilen von Erfahrungen mit anderen. 

Regelmäßige Reflexionen und entsprechende Anpassungen helfen den Agile Coaches, sich selbst und das Team zu entwickeln. Auf dem Weg zum organisationalen Lernen ist das Prinzip "Inspect and Adapt" anzuwenden. Die Transparenz stärkt die Lernfähigkeit und die Fähigkeit, Gewohntes in Frage zu stellen. Es ist vollkommen in Ordnung, Fehler zu machen, zu scheitern und daraus zu lernen. Insbesondere durch diesen Effekt werden nachhaltige Erfahrungen erzielt und Erfolge können auf eine besondere Weise gefeiert werden. 

Diesen Lernprozess durchliefen wir auch bei der Entwicklung verschiedener Formate zur Unterstützung der Agile Coaches. Die Erkenntnis, dass eingesetzte Formate für Training und Learning nicht immer den Bedürfnissen der Coaches entsprechen, führte dazu, dass die praktizierten Methoden erweitertet wurden.

Welche Formate unterstützen die Coaches?

Open Space

Der Open Space wird innerhalb eines festgelegten Zeitrahmens terminiert und an einem Nachmittag durchgeführt. Jeder Teilnehmer hat die Möglichkeit, Themen einzubringen und mitzudiskutieren. So kann ein Überblick über die Thematik und im besten Falle erste Wunschvorstellungen erarbeitet werden. Das "Gesetz der zwei Füße" und die vier Prinzipien des Open Space werden eingehalten [2]. Die positiven Erfahrungen im Unternehmen zeigten sich bei der Motivation der einzelnen Teilnehmer und deren Wissensschätze sowie der aktiven Mitgestaltung. Im Open Space können vielfältige Themen besprochen werden. Ebenso fließen unterschiedliche Perspektiven ein, die für die Teilnehmer neue Impulse bringen.

Mit der Zeit wurde in der Unternehmenspraxis klar, dass die Themen häufig von internen Fragestellungen, beispielsweise aus dem jeweiligen Projektgeschehen, geprägt sind, sodass wenig neue Impulse generiert werden konnten. Dieser Aspekt wurde durch das homogene Teilnehmerfeld verstärkt. Zudem sank die Motivation mit der Zeit bei den Teilnehmern. Was fehlt sind oft Impulse von außen. Was treibt Scrum Master, Product Owner sowie Agile Coaches außerhalb des eigenen Unternehmens an? Welche Themen interessieren sie? Mit welchen Herausforderungen sehen sie sich aktuell konfrontiert? Die Entscheidung in der Community fiel, den Open Space zu öffnen. Folglich wurden die Themen vielfältiger, es erfolgte mehr Austausch und es wurde innerhalb der Region Networking betrieben. Als Agile Coach kann man im Open Space erste Impulse, unterschiedliche Perspektiven und Ideen einholen. Was aber, wenn ein Thema nicht nur oberflächlich, sondern intensiver durchdrungen werden soll?

Kollegiale Fallberatung

Was haben Agile Coaches für Handlungsmöglichkeiten, wenn sie vor einer komplexen Situation stehen und nicht mehr weiterkommen? Wenn sie Hilfe zu einer bestimmten Situation benötigen und den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr sehen? Wenn sie einen Veränderungsprozess begleiten und mit Sorgen und Nöten konfrontiert werden? In diesem Fall kann kein Open Space weiterhelfen. Zumal der Open Space zu einem festgelegten Termin stattfindet und die Option, bis zu diesem Termin auszuharren, nicht passt. Als Konsequenz wird innerhalb der Community Ausschau gehalten nach einer strukturierten Vorgehensweise, die dabei unterstützt, kurzfristig Hilfe innerhalb von komplexen und dynamischen Situationen einzuholen. Das Wissen innerhalb der Community sollte dabei eine zentrale Rolle spielen. Dies bringt die kollegiale Fallberatung in den Fokus. Der Nutzen dieser Fallberatung liegt in der Entwicklung von Lösungen für konkrete Praxisfragen sowie der Beratung unter Coaches. Dadurch wird zum einen Wissen und Erfahrungen ausgetauscht; zum anderen wird eine Unterstützungskultur gelebt. Diese Unterstützungskultur wird durch Freiwilligkeit, Vertrauen und Wertschätzung untermauert. 

Wie kann die kollegiale Fallberatung ablaufen?

Sobald ein Agile Coach einen konkreten Fall hat, bittet er um eine kollegiale Fallberatung [3]. Innerhalb dieses Prozesses gibt es einen Fallerzähler, der seine Situation in einem kurzfristig eingestellten Termin erläutert und die relevanten Informationen mit den Anwesenden teilt. Es liegt in der Verantwortung des Fallerzählers, eine Schlüsselfrage zu formulieren. Der Moderator begleitet die Gruppe durch sechs Phasen und unterstützt den Fallerzähler durch klärende Fragen. Ebenso gehört es zu seiner Aufgabe, auf ein respektvolles Miteinander zu achten. Die anwesenden Berater lassen sich vom Moderator durch den Prozess leiten und hören dem Fallerzähler aufmerksam zu. Sie können Verständnisfragen stellen und übernehmen in der Beratungsphase die Sammlung von Ideen, Vorschlägen und Eindrücken. 

Für einen Agile Coach ist es von Bedeutung, Wissen aufzubauen und zu vermitteln. 

Die Erfahrung in der Praxis zeigte, dass sich zu jedem Aufruf mindestens vier Personen melden, um die Fallberatung durchzuführen und zu unterstützen. Dies zahlt positiv auf die Zusammenarbeit ein. Diese Vorgehensweise hat, insbesondere in der Anfangszeit, Sicherheit und Struktur gegeben. Jedoch machten unterschiedliche Projekte und Standorte ein gemeinsames Zusammenkommen ohne zusätzliche Zeitaufwände oft schwierig. Als weitere Herausforderung dieser Methode erwies sich die Tatsache, dass der Fall vor dem Zusammentreffen nicht bekannt ist. So kommt es vor, dass ein Berater keine Erfahrung oder Ideen für die Lösung der beschriebenen Situation oder des Problems anbieten kann. Oftmals führt dies dazu, dass Agile Coaches am gleichen Standort und im Projekt auf kurzem Wege um Unterstützung gebeten werden.

Impulstraining

Für einen Agile Coach ist es von Bedeutung, Wissen aufzubauen und zu vermitteln. Wer kann von wem lernen? Insbesondere für neue Coaches ohne langjährige Erfahrung ist das Format Impulstraining geeignet, um Wissen zu erhalten. Ganz nach dem Motto: Wissen von Agilen Coaches für Agile Coaches. 

Wie läuft ein solches Impulstraining ab?

Die Agile Coaches wünschen sich ein Thema oder schlagen ein Thema vor – beispielsweise agile Softwaremethoden, Feedback, Kommunikationsmodelle, Stakeholdermanagement, Impediment Management, Coaching – und es gibt einen Agile Coach, der etwas zu dieser Thematik innerhalb von 45 Minuten beitragen kann. Je nach Thema kann es mehr oder weniger Interaktion geben. Die Möglichkeit der Interaktion hängt vom vortragenden Coach und von der jeweiligen Ausgestaltung ab. 

Vorteilhaft bei diesem Format ist die kurze und prägnante Vermittlung von Wissen mit Vortragscharakter. Da die Zeit innerhalb eines Trainings begrenzt ist, kann nicht erwartet werden, dass das Thema in dieser Zeit vollkommen durchdrungen wird. Innerhalb der Trainings kann es unterschiedliche Impulse geben, die je nach Interesse und Motivation des Coaches näher beleuchtet werden können. Die Verantwortung hierfür liegt beim Coach.

Learning Community

Im Impulstraining geht es um die Vermittlung von bereits vorhandenem Wissen. Was aber passiert mit Themen und Trends, zu denen bislang kein Wissen besteht? Wie erfolgt der Wissensaufbau und wer fühlt sich überhaupt dafür verantwortlich?

Antwort darauf ist die Learning Community. In diesem Format lässt sich Wissen innerhalb der Community aufbauen. 

Wie läuft die Learning Community ab?

Wenn ein Agile Coach ein Thema hat, stellt er oder sie einen Termin ein. Dieser kann zwischen einer und zwei Stunden variieren. Wichtig ist hierbei der Aspekt der Freiwilligkeit: Wie interessant ist das Thema für mich? Die Einladung beinhaltet, dass jeder Teilnehmer  selbstverständlich und ohne Schuldgefühle absagen kann. Es geht darum, dass sich die Interessierten und motivierten Coaches zu diesem Thema treffen. 

Bei der Erarbeitung des Themas können ein Kreativraum oder Kreativtechniken helfen. Dieses Vorgehen unterstützt den Charakter der Community, da gemeinsam – fokussiert und zielorientiert – gearbeitet wird und jeder das Vorgehen mitgestalten kann. Das Ergebnis, wie mit dem Thema/Trend umgegangen werden soll, kann z. B. sehr anschaulich auf einer wieder beschreibbaren Kreativwand mit Post-its und einem konkreten Bild dargestellt werden. 

Formate für das Coaching

Coaching Dojo

Angelehnt an ein Dojo, dem Übungsraum japanischer Kampfkünste, finden sich drei Community-Mitglieder zusammen: Ein Coach, ein Coachee und ein Beobachter [4]. In einem geschützten Raum kann der Coachee vertrauensvoll über sein Problem sprechen. Zunächst wird geklärt, was der Coachee in dieser Coaching-Session thematisieren und erreichen möchte. Danach erzählt er von seinem konkreten Problem. Der Coach stellt Fragen, wobei sich diese an einem Modell, beispielsweise dem GROW-Modell, orientieren können. Das GROW-Modell bietet mit seiner Struktur Orientierung und Halt. Nach einer vorab festgelegten Zeit endet das Gespräch zwischen Coach und Coachee. Der Beobachter gibt Feedback und schildert seine Beobachtungen. Nach dieser Reflexion ist das Coaching Dojo beendet. 

Coaching Circle

Der Coaching Circle ist angelehnt an die Theorie U von Otto Scharmer [5]. Hierbei geht es nicht um die Vorgabe von Lösungen, sondern, wie eingangs beschrieben, finden sich hier die Aspekte des Coachings deutlich wieder. Für den Coaching Circle braucht es einen Fallgeber und drei bis vier Coaches, von denen einer zusätzlich die Aufgabe des Zeitnehmers übernimmt. Die Teilnehmer des Coaching Circle orientieren sich an einem strukturierten Prozess, der genauen Zeitvorgaben folgt. 

Im ersten Schritt wird der Fallgeber ausgewählt. Im nächsten Schritt schildert dieser seinen Fall, der sich durch eine bestimmte Situation, Herausforderung oder ähnliches charakterisiert. Die Coaches hören zu und stellen, wenn nötig, Verständnisfragen. Im Weiteren gibt es einen Moment der Stille, in dem jeder Coach in sich hineinhorcht. Welche Bilder, Metaphern, Gefühle oder Gesten kommen in ihm hoch? Im nächsten Schritt werden genau diese Bilder und Gefühle an den Fallgeber zurückgespiegelt. Nachdem alle Coaches ihre Eindrücke geschildert haben, reflektiert der Fallgeber das Gehörte. Danach erfolgt ein generativer Dialog, in dem neue Perspektiven in Bezug auf die Situation oder auf den Weg des Fallgebers beleuchtet werden können. Es werden keine Lösungen vorgegeben. Im nächsten Schritt schildert der Fallgeber, wie er seine aktuelle Situation sieht und welche nächsten, konkreten Schritte er unternehmen wird. Zudem bedankt er sich bei den Coaches. Zum Abschluss erfolgt ein individuelles Journaling, um relevante Erkenntnisse – sowohl von Fallgeber als auch von den Coaches – aufzuschreiben. 

Übersicht über die Formate

  Learning Beratung Coaching
Open Space x x  
Kollegiale Fallberatung   x  
Impulstraining x    
Learning Community x    
Coaching Dojo     x
Coaching Circle     x

Unsere Tipps für Neu-Coaches: 

Bleiben Sie neugierig und gehen Sie Ihren Weg!

  • Bleiben Sie stets neugierig und finden Sie heraus, was für Sie oder Ihre Coaches sinnvoll erscheint.
  • Fangen Sie klein an und experimentieren Sie!
  • Es gibt nicht den einen richtigen Weg.
  • Fehler gehören zum Lernprozess dazu und sind wichtig.
  • Lassen Sie sich nicht verunsichern, wenn Sie mal vom Weg abkommen.
  • Abzweigungen können Ihnen neue Perspektiven eröffnen.
  • Sammeln Sie Erfahrungen und reflektieren sie in Ihrem Tun.
Quellen
  1. M. B. Rosenberg 2016: Gewaltfreie Kommunikation. Eine Sprache des Lebens
  2. O. Harrison 2001: Open Space Technology – Ein Leitfaden für die Praxis,
  3. K.-O. Tietze 2003: Kollegiale Beratung: Problemlösungen gemeinsam entwickeln
  4. R. Davies 2010: Agile Coaches Dojo Experiments
  5. O. Scharmer 2018: Toolbook

Autoren

Neele Harmjanßen

Neele Harmjanßen ist als Scrum Master/ Agile Coach seit 2016 bei der BTC AG tätig. Sie ist großer Fan von Sketchnotes und Visual Thinking und fördert mit großer Freude die Selbstorganisation einzelner Teams.
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Julian Cramer

Julian Cramer ist als Scrum Master/ Agile Coach seit 2017 bei der BTC AG in verschiedenen Teams im IT- als auch Nicht-IT-Bereich tätig, um diese auf ihrem Weg zur Selbstorganisation zu unterstützen.
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Marcus Tiarks

Marcus Tiarks ist seit 2006 als Softwareentwickler und seit 2012 als Scrum Master / Agile Coach bei der BTC AG tätig. Er arbeitete als Softwareentwickler vornehmlich im Java-Umfeld in der Telekommunikations- und Energiebranche.
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