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Andreas Slogar 31. Januar 2023

Die 6 Likeminds des VSM

Wie Kooperation durch kollektive Intelligenz innerhalb von Minuten möglich ist

Wir alle wissen, dass komplexe Probleme am wirksamsten kollektiv gelöst werden. Einsam und allein im Elfenbeinturm zu sitzen und an Problemlösungen zu arbeiten, ist natürlich möglich, hat allerdings eine Reihe von Nachteilen. Das gilt nicht zuletzt, weil wir soziale Wesen und auf den Austausch miteinander angewiesen sind.

Ein anderer Grund ist: Wir wissen erst, was wir denken, wenn wir hören, was wir sagen. Der Dialog mit anderen ermöglicht es uns, ein Problem aus diversen Perspektiven zu beschreiben, zu verstehen, zu bewerten und Lösungswege zu sammeln, auszuprobieren, zu verwerfen und letztlich umzusetzen.

Ist eine Lösung entwickelt, folgt ihre möglichst konsequente Umsetzung. Auch dabei ist das Zusammenspiel von mehreren wirksamer als die personifizierte Wollmilchsau: die Heldin, die alles kann.

Was nötig ist

Setzt man Menschen in einen Raum und gibt ihnen ein zu lösendes Problem, sind Lust und Frust der Zusammenarbeit und Dynamik der Gruppe überlassen. So kann völliges Chaos entstehen und keinerlei Lösungsidee stellt sich ein. Oder eine Person dominiert das Geschehen und prägt oder limitiert Kreativität und Lösungsvielfalt.

Besteht die Gruppe beispielsweise aus 5 Maschinenbauerinnen, kann der fachliche Schwerpunkt die Vielfalt der Lösungsideen beeinflussen. Ist die Gruppe interdisziplinär und divers zusammengestellt, sind multiple Kombination und Synthesen von Perspektiven und Herangehensweisen wahrscheinlicher.

Um eine möglichst leichte und produktive Kooperation der Beteiligten zu unterstützen, sind strukturierende Konzepte wie Methoden, Rituale und Spielregeln der Kommunikation nützlich. Design Thinking, Six Thinking Hats oder die Walt-Disney-Methode sind nur drei exemplarische Vertreterinnen dieser Essenz eines gelungenen Dialogs, der die kreative Problemlösung fördert. Aber mit welcher Essenz wird die anschließende Realisierung durchdacht, geplant, durchgeführt und gesteuert? Diese Lücke gilt es zu schließen.

Dialog komplexer Systeme

Den vorgenannten Beispielen kreativer Lösungsfindung fehlt die nahtlos angeschlossene Essenz zur Realisierung der Lösungsideen, die entwickelt wurden. Ist die Lösung auf dem Tisch, wird üblicherweise reflexartig ein Projekt definiert. Ob nun agil oder sequenziell: Es werden Arbeitspakete festgelegt, Budgets beantragt und Expertinnenteams zusammengestellt. Das ist leider allzu oft der Anfang vom Ende. Denn jede Lösung, ob nun beispielsweise als Produkt, als Service oder als Geschäftsprozess verstanden, benötigt fünf spezifische Aspekte, um umgesetzt zu werden.

  1. Rahmenbedingungen: Ressourcen, Kompetenzen oder Infrastruktur, die zur Umsetzung nötig sind.
  2. Messkriterien: Indikatoren, Merkmale oder Rückkopplungen, die sachlich nachvollziehbar machen, welche Wirkung die Lösung entfaltet.
  3. Kooperationsformen & Kommunikationsinhalte, die Betroffene und Beteiligte benötigen, um die Lösung kollektiv zu verstehen, ihre Umsetzung planen, durchführen und anpassen zu können.
  4. Anforderungen: Auslöser, Ursachen, Bedürfnisse oder Risiken, die der nötigen Problemlösung als Quelle zugrunde liegen.
  5. Sinn und Regeln: substanzielle Orientierungshilfe zur Vermeidung von Selbstzweck, Verschwendung, rechtlichen oder sozialen und ethischen Konflikten auf der Grundlage einer validen Intention.

Die Kybernetikerin unter den Leserinnen ahnt es schon: Das Viable System Model (VSM) von Stafford Beer ist Patin dieser Struktur. Beer hat mit dem VSM eine Darstellungsform der Funktions- und Kommunikationsfähigkeit komplexer Systeme entwickelt. Sie erlaubt es uns, die relevanten Elemente für die Umsetzung einer Systemleistung zu durchdenken, zu beschreiben, zu kommunizieren, den Fortschritt zu reflektieren und aus Rückkopplungsschleifen kontinuierlich anzupassen.

Vom homo sapiens zum homo ludens – wenn Gehirne miteinander spielen

Wer das VSM kennt, weiß, dass es beim Erstkontakt ausgesprochen abstrakt, theoretisch, fremdartig und kompliziert wirkt. Sein Design, seine Struktur und Funktion zu durchdringen, wird schnell als anstrengend und zeitaufwändig empfunden. Und ja, das ist es auch. In Zeiten viel zitierter "Goldfischaufmerksamkeitsspanne" schier undenkbar. Dann doch lieber Mut zur Lücke, und weiter mit dem Projektgewusel. Oder?

Alternativ ist es möglich, vom VSM zu profitieren, ohne es überhaupt zu kennen oder verstanden zu haben. Dazu wandeln wir es in eine Essenz um, die wir als Gesellschaftsspiel ohne Altersbeschränkung aufbauen. Es spielen 2 bis 12 gleichgesinnte Gehirne, die gleichzeitig kooperieren – wir nennen sie Likeminds (Es kann auch individuell, ganz ohne Mitspielerinnen, genutzt werden. Dabei fungieren die Spielfelder wie eine Checkliste, um die Umsetzung einer Lösungsidee strukturiert zu durchdenken und aus unterschiedlichen Perspektiven zu betrachten).

Das Spielbrett (Titelbild) besteht aus sechs verschiedenfarbigen Spielfeldern. In der Mitte befindet sich das "grüne Gehirn". Es nimmt die Lösungsidee, die Aufgabe, den Auftrag oder wie auch immer die auszuführende Leistung oder das zu entwickelnde Produkt genannt wird, auf.

Spielbeginn: Die erste Spielerin, die eine Lösungsidee umsetzen möchte, legt die Beschreibung in Stichworten auf das grüne Feld und erklärt sie den Mitspielerinnen. Das Grünhirn, Operation genannt, ist der Fokus für alle Likeminds. Alle Gehirne verfolgen das Ziel, das Grünhirn bestmöglich darin zu unterstützen, seine Lösungsidee so erfolgreich wie möglich umzusetzen. Die übrigen Mitspielerinnen wählen eine der verbleibenden Gehirnfarben aus der folgenden Liste aus.

Runde 1: Alle Likeminds stellen reihum Verständnisfragen an das Grünhirn Operation. In dieser Runde sind keine Diskussionen erlaubt.

Runde 2: Alle Likeminds schreiben innerhalb von 90 Sekunden aus der Perspektive ihrer jeweiligen Gehirnfarbe auf ihre Spielkarte, welche Unterstützung das Grünhirn von ihnen individuell benötigt, und legen diese verdeckt vor sich auf das Spielbrett.

Runde 3: Das Grünhirn erklärt jedem Likemind, was es von der jeweiligen Perspektive an Unterstützung benötigt, um die beschriebene Lösungsidee umzusetzen.

Runde 4: Jedes Likemind deckt seine Spielkarte auf und erklärt, welche Unterstützung es für das Grünhirn in Runde 2 notiert hat. Das Grünhirn entscheidet für sich, ob es die Unterstützungen in die Umsetzung der eigenen Lösungsidee integriert oder darauf verzichtet.

Runde 5: Ist das Grünhirn mit der Qualität der Unterstützungsleistungen zufrieden und der Überzeugung, die eigene Lösungsidee damit realisieren zu können, wählt sie bis zu drei Mitspielerinnen aus, die keine Gehirnfarbe übernommen haben. Sie bittet jede Einzelne um Feedback und fragt, was sie an Stelle des Grünhirns beachten würde.

Abschluss: Hat das Grünhirn alle Rückmeldungen verarbeitet oder verworfen, ist der Spielzyklus beendet. Die nächste Lösungsidee kann von der verantwortlichen Mitspielerin vorgestellt werden. Vor Beginn eines neuen Spielzyklus wählen die Mitspielerinnen eine neue Gehirnfarbe aus.

Das Spiel endet, sobald alle Lösungsideen von den verantwortlichen Grünhirnen vorgestellt wurden und die gesammelten Unterstützungsleistungen und Hinweise verarbeitet sind. Reicht die Zeit nicht zur Bearbeitung aller Lösungsideen, wird das Spiel zum nächstmöglichen Zeitpunkt fortgeführt. Sofern es keine Abhängigkeiten gibt, werden alle erreichten Spielergebnisse umgesetzt.

Das Projektgewusel kann jetzt beginnen – mit einer soliden Grundlage an Umsetzungsdetails vor dem Spiel und einem gemeinsam erreichten Verständnis zur Art und Weise und zum Umfang der Umsetzung!

Autor

Andreas Slogar

Andreas Slogar war in 24 Ländern, den USA, Europa, dem Mittleren Osten und Afrika tätig und hat u. a. als CIO umfassende Erfahrung in strategischer und operativer Managementarbeit aufgebaut.
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