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Fabian Ziegler 14. Februar 2023

Die Suche nach dem Glück in der digitalen Zeit

In einer Welt voll von Push-Notifications, Social Media, unendlichen Wahlmöglichkeiten, sofortiger Verfügbarkeit und fehlgeleiteter elterlicher Erziehung kämpfen ganze Generationen heute damit, glücklich zu werden. Was bedeutet Glück? Kann man es in der heutigen, immer digitaleren Welt überhaupt noch finden? Und was hat der Freundeskreis von Chuck Norris mit wahrem Glück zu tun?

Manchmal liegt das Glück auf einem eisigen Berggipfel

Glück ist hoch individuell. Für den einen ist es das abendliche Grillen mit einem kühlen Bier auf der Terrasse und für jemand anderen bedeutet es, sich in einer menschenfeindlichen Umgebung schwierigen Herausforderung zu stellen. Beispielsweise durch das Besteigen eines vereisten Berggipfels in den Anden.  

Und so scheint es auf den ersten Blick schwierig zu sein, unser Glück zu messen. Geschweige denn, es zu definieren. Aber es gibt – und die Grundlage dafür sind umfangreiche Forschungen – Studien sowie Metriken zum Thema Glück.

Glücksforschung

Die Wissenschaft ist voll von Studien, die sich mit unserem Glück beschäftigen und es aus allen erdenkbaren Richtungen beleuchten und analysieren. Eine der großen internationalen Studien beleuchtet dabei den Zusammenhang zwischen unserem Glücksempfinden und unserer Lebenszeit [1].

Kinder und ältere Menschen sind glücklicher

Wirklich überraschend ist hierbei, dass es tatsächlich einen Zusammenhang gibt zwischen unserem Lebensalter und unserem Glücksempfinden. So sind wir nachweislich glücklicher am Anfang und am Ende unseres Lebens. Und auch wenn Viele es krampfhaft versuchen, so können wir jedoch leider unser Alter nicht aktiv steuern. Wir können uns nur damit arrangieren und die eigene Alterssituation gut akzeptieren.

Mehr Kohle – mehr Glück?

Ein zweiter großer Bereich in der Glücksforschung beschäftigt sich mit dem Zusammenhang zwischen Wohlstand und Glücksempfinden. Grundlegend gehen wir davon aus, dass großer Wohlstand – wie in Deutschland – auch zu einer Steigerung des Glücks der Bevölkerung beiträgt. Jedoch zeigt die Wissenschaft, dass es hierbei keine Korrelation gibt.

Das wirtschaftliche Wachstum eines Staates steht danach nicht in Korrelation mit dem Wohlbefinden und Glücksempfinden der Bevölkerung in Verbindung. Es gibt weltweit sogar Beispiele, wo sich dies negativ ausgeprägt hat. Und schaut man auf den individuellen Reichtum von Menschen – konkret das Brutto-Jahres-Haushaltseinkommen im Verhältnis zum empfundenen Glück – so setzt sich dieses Bild fort. Aktuelle Studien zeigen deutlich, dass das Glücksempfinden ab einem Einkommen von 80.000 USD stark abflacht und zum Ende sogar abnimmt. Geld macht uns also nur bis zu einem bedingten Punkt glücklich, bei zu viel sogar eher unglücklich.

Stress, Stress, Stress – Yoga vielleicht?

Wenn man über Glück und besonders darüber, dass man sich aktuell unglücklich fühlt, nachdenkt, denken wir zumeist auch an Stress. Habe ich zu viel Stress? Bin ich so unglücklich, weil ich so ein gestresstes Leben führe? Sollte ich meinen Stress reduzieren, weniger Arbeiten, mehr Zeit für mich haben und so weiter. Gedanken, die wahrscheinlich jeder von uns kennt.

Ausgewogener Stress ist das Beste, was uns passieren kann.

Doch anders als wir alle denken ist Stress für unser Glücksempfinden nichts Negatives und sollte daher auch auf keinen Fall vermieden werden. Der Mensch benötigt ein optimales Stresslevel, um überhaupt aktiviert zu werden und erfüllende Herausforderungen im Leben anzunehmen und zu meistern. Denn dabei entsteht Glück. Die Wissenschaft sagt hierzu: Ausgewogener Stress ist das Beste, was unserer psychischen Gesundheit zum Erreichen von Glück passieren kann.

Glück und Erfolg – Korrelation vs. Kausalität

Ein weiterer Aspekt befasst sich mit der Korrelation zwischen Glück und Erfolg. Man ging lange davon aus, dass sich beide Punkte gegenseitig direkt beeinflussen. Vielmals geht man davon aus, dass beruflicher Erfolg positive Emotionen und Jobzufriedenheit zur Folge haben. In zahlreichen Meta-Studien wurde allerdings erkannt, dass diese Annahme nicht korrekt ist. Es handelt sich hierbei nachweislich nicht um eine Korrelation, sondern um eine Kausalität. Dies bedeutet, dass sich der berufliche Erfolg erhöht, wenn das persönliche Glücksempfinden steigt. Oder einfach ausgedrückt: Wer glücklich ist, ist in Folge auch beruflich erfolgreicher.

Die Messbarkeit von Glück

Wie wir verstanden haben, gibt es also einige bedeutungsvolle Wirkprinzipien von Glück. Aber wie erkennen wir, ob und wie stark Glück empfunden wird? Das bringt uns zu der Frage, ob Glück messbar ist. Die einfache Antwort lautet: "Ja – Glück ist messbar."

Mathematisch ausgedrückt ist Glück das Resultat der Subtraktion von Realität und Erwartung. Ist das Erleben der Realität größer als die aufgebaute Erwartung, empfinden wir dies als Glück. Umgekehrt empfinden wir hingegen Enttäuschung und Unglück. "Die besten Partys warn häufig die, bei denen man nicht erwartet hat, dass es ein cooler Abend wird." Wird eine niedrige Erwartung an ein Ereignis gestellt und die Realität erweist sich als besser als die Vorstellung, wird in vielen Fällen ein massives Glücksempfinden ausgeschüttet.

Chuck Norris und das Glück

Wir haben gelernt, dass Glück hochindividuell ist. Es gibt viele Kriterien, die dazu beitragen und unser Empfinden beeinflussen. Außerdem haben wir herausgefunden, dass Glück messbar ist. Doch auch für den Fall, dass alle Kriterien erfüllt werden, empfinden die Wenigsten vollkommene Zufriedenheit. Es muss also noch weitere Punkte geben, welche das Empfinden beeinflussen.

Schauen wir uns Chuck Norris an. Chuck Norris scheint nie wirklich unglücklich gewesen zu sein. Er hat nie nach dem sogenannten Sinn des Lebens, seinem Purpose oder seiner Bestimmung gesucht. Chuck Norris steht für eine ganze Generation von Menschen, die trotz harter Zeiten sehr glücklich waren. Eine Generation, die noch Kriege und Hungersnöte erlebt hat.

Wie kann es sein, dass sich gerade junge Menschen trotz zahlreicher, objektiv erfüllter Glücksfaktoren heute oft dennoch sehr unglücklich fühlen?
Umgekehrt ist unsere heutige Generation trotz Wohlstand, Sicherheit und Freiheit unglücklicher als je zuvor. Und gerade diejenigen, welche gezielt nach dem Sinn des Lebens suchen, finden ihn mit am wenigsten.

Es muss also eine Verbindung zwischen den Generationen geben. Ein großer Punkt hierbei ist die Erziehung und das Framing. Vergleicht man das Leben vergangener mit dem heutiger Generationen, werden schnell gewaltige Unterschiede deutlich. Unsere Eltern und Großeltern sind in einer Zeit von Krieg und Hunger groß geworden. Sie sind mit der Hoffnung aufgewachsen, dass sie ihren Kindern durch harte Arbeit zukünftig vielleicht einmal ein besseres Leben bieten können.

Wir gelangen zu der Einsicht, dass unsere hohen Erwartungen überhaupt nicht erfüllt werden können.

Durch das Kriegsende und den darauf folgenden wirtschaftlichen Aufschwung konnte dann durch viele Jahre harter Arbeit ein unvorhersehbarer Wohlstand erreicht werden. Die Realität wurde somit besser als die Erwartung, was bekanntermaßen zu Glück führt. "Einfach gesagt haben unsere Eltern wenig vom Leben erwartet und am Ende mehr bekommen als gedacht. Und das wollen wir auch."

Unsere jüngeren Generationen werden genau auf diesem – noch nie da gewesenen – Höhepunkt aus Glück, Wohlstand und Sicherheit geboren. Wir fühlen uns mehr als berechtigt, dass uns Glück, Wohlstand, Status, Freizeit und Karriere in unbegrenztem Rahmen zusteht. Und wir haben durch die Historie unserer Eltern gelernt, dass es am Ende wahrscheinlich sowieso noch besser kommt, als wir sowieso schon erwarten.

Doch die Realität nach der Schule, der Ausbildung oder dem Studium sieht dann oft ganz anders aus. Große Karrieren und Träume kosten unfassbar viele Nerven, Schweiß, Tränen und Zeit. Wir gelangen auf brutale Weise zu der Einsicht, dass unsere extrem hohen Erwartungen an die Welt überhaupt nicht erfüllt werden können. Diese Erkenntnis führt zu Frust, Unzufriedenheit und zu einem Gefühl von großem Unglück.

Upgrade – Technologie, die Droge unserer Zeit

Die Erkenntnis unglücklich oder nicht zufrieden zu sein, ist ein elementarer Schritt, den wir lernen müssen und an dem sich unsere Persönlichkeit entwickelt. Es ist essenziell für uns, sich mit diesem Problem zu konfrontieren. Doch genau diese Konfrontation gelingt uns heutzutage immer weniger. Stattdessen begegnen wir diesen Enttäuschungen durch eine vollkommen unkontrollierte und unreflektierte Nutzung von Technologie. Auf Smartphones und den sozialen Medien erleben wir täglich, dass das Leben, die Karriere und der Erfolg unserer Freunde und Bekannten der Hammer ist. Sie scheinen glücklich, zufrieden und erfolgreich zu sein. Diese zum Großteil nicht wahrheitsgemäße Selbstinszenierung des Umfeldes führt bei einem selbst zu einer gesteigerten Unzufriedenheit. In weiterer Konsequenz führt dies immer häufiger zu Depressionen.

Was also tun mit dieser neuen Social-Media-Welt? Es bieten sich nun zwei Möglichkeiten – entweder Akzeptanz und Einsicht oder die Beteiligung am Spiel der Selbstinszenierung. Zumeist fällt die Wahl auf den einfachen Weg und ich selbst präsentiere mein Leben und meine beruflichen Erfolge auf Social-Media-Kanälen. Ich erlebe dabei, dass das massive positive Feedback zu Bestätigung, Freude und nachweislich zur Ausschüttung von Dopamin bei mir führt.

Dopamin – Nikotin, Alkohol, Glücksspiel, Social Media

Dopamin – das Glückshormon unseres Körpers. Das gleiche Hormon welches beim Konsum von Nikotin, Alkohol und Glücksspiel ausgeschüttet wird. Doch für all diese Konsumgüter gibt es Altersbeschränkungen. Aber nicht für die Nutzung von Social Media und Smartphones! Die heutigen Generationen wachsen nun also auf in einer Zeit, in der die Droge Social Media permanent verfügbar ist. Und mit der konsequenten Nutzung wird in unserem Gehirn nachweislich ein Belohnungssystem verankert, das für den Rest unseres Lebens dazu führen wird, dass wir uns über die Droge der sozialen Medien Bestätigung in schwierigen Zeiten holen. Wir wollen Dopamin, wir sind süchtig.

Und wie jede Sucht zerstörte diese Beziehungen, kostet Zeit und Geld und wird das Leben schlechter machen. Und die Wissenschaft hierzu ist eindeutig: Die Nutzung von sozialen Medien steht in direkter Verbindung. Keiner muss und sollte auf die Nutzung von sozialen Medien und Handys verzichten. Doch es ist entscheidend, die richtige Balance zu finden. Gerade in jungen Jahren. Jahren, die für die eigene Persönlichkeitsentwicklung so elementar wichtig sind.

Prime & Tinder – Katalysator unseres Unglücks?

Neben Technologie und Erziehung – beziehungsweise dem damit verbundenen Framing – ist der dritte Aspekt, unsere erlernte Ungeduld. Ich bezeichne dies gerne als den "Katalysator unseres Unglücks".

Wir passen heute unsere Erwartungen ans Leben nicht nur immens nach oben an, sondern erwarten auch, dass unsere Traumwelt extrem schnell eintritt. Wir leben in einer Welt, in der fast alles mit minimalem Aufwand, sofort und immer verfügbar ist. Indisches Essen in 30 Minuten vom Lieferdienst ins Büro geliefert, einen Kinofilm direkt abrufen über den Streamingdienst oder den exotischen Eistee aus Amerika in zwei Stunden zu mir nach Hause geliefert. Und es geht sogar noch weiter. Sexuelle Erlebnisse und mögliche Partnersuche mit nur einem Swipe erledigen.

Völlig nachvollziehbar, dass so ein Gefühl entsteht, das alles in unserer heutigen Zeit immer und sofort erreichbar und für uns verfügbar ist. Und so positiv diese neuen Möglichkeiten auch sind – sie verhindern gleichzeitig, dass wir wichtige, elementare Fähigkeiten, Spielregeln und Bewältigungsstrategien des Lebens lernen und trainieren. Für Durchhaltevermögen, Frustrationstoleranz und Geduld gibt es keine App. Dies sind alles Dinge, die unfassbar viel Zeit brauchen, kompliziert zu erlernen sind und sehr viel Geduld benötigen. Essenzielle Mechanismen und Fähigkeiten, um tiefe Beziehungen aufzubauen, Partnerschaften zu stärken und wirkliche Zufriedenheit im Beruf und Leben zu erreichen.

Nach den eigenen Worten junger Generationen ist eine der größten Herausforderungen, wirkliche Geduld zu haben und enge Beziehungen und Freundschaften zu erhalten. Vielmehr haben wir heute oft die Wahrnehmung, dass das Leben eine Aneinanderreihung von Gipfeln aus einmaligen Erlebnissen ist. Doch wir haben dabei verlernt, den meist mühsamen, langwierigen Weg hoch auf den Gipfel zu sehen und zu gehen. Und oft ist dieser Weg anstrengend und es kostet Zeit und Schmerzen, wenn man nach oben will.

Und man kann den Weg nach oben auf diesen Gipfel eben nicht durch einen Swipe nach rechts abkürzen. Doch engen Freundschaften, Liebe, Partnerschaft, Zufriedenheit im Job, Lebensfreude oder Selbstvertrauen brauchen diese Zeit und Geduld. Und wenn wir das nicht lernen und akzeptieren, haben wir vielleicht keine Chance, wirklich glücklich zu werden.

Unternehmen und der Rohstoff Mensch

In vielen Unternehmen werden Angestellte immer noch als Ware gesehen. Identisch zu Verbrauchsmaterial, das im Lager gestapelt wird. Das man nach Bedarf über Zeitarbeitsfirmen auf- und abbaut. Das man, wenn überhaupt, in fachlicher Effizienz schult, um Erträge zu optimieren. Kein Begriff beschreibt diese Haltung wohl besser als der in Unternehmen geläufige Begriff "Human Ressources".

Die neue Verantwortung von Unternehmen

Wir haben dies bei uns schon vor Jahren in unseren Werten festgeschrieben. Und sogar in einem umfangreichen Buch manifestiert. Wir setzen uns täglich dafür ein, dass wir nicht nur besser werden, sondern auch ein Ort, an dem wir Menschen dabei unterstützen, ein glückliches und zufriedenes Leben zu führen. Darum machen wir viele Dinge anders.

Wir leben eine aktive Fehlerkultur, nutzen partizipative Methoden der Zusammenarbeit, leben eine agile Organisationsentwicklung, fördern eine wertstiftende Feedbackkultur, vermitteln Methoden zum Umgang mit den eigenen Bedürfnissen und setzen uns immer wieder aktiv mit unseren Werten und Prinzipien auseinander. Und wir vermitteln damit nicht nur beruflich wichtige Fähigkeiten, sondern auch entscheidende soziale Fähigkeiten und Kompetenzen für ein glückliches Leben.

Eure Zukunft! Viel Glück da draußen

Wenn wir in Zukunft wirklich glücklich werden wollen, müssen wir uns – ob wir wollen oder nicht – aktiv damit auseinandersetzen:

  • Wieder Geduld neu zu erlernen
  • Wichtige soziale Fähigkeiten wieder zu stärken
  • Wieder eine realistische Erwartungshaltung an unser Leben entwickeln
  • Die permanente, von außen getriebene Selbstoptimierung reduzieren und mehr Wertschätzung und Dankbarkeit für die Ist-Situation entwickeln
  • Die richtige Balance bei der Nutzung von Social Media und Smartphones finden

Auch wenn der richtige Arbeitgeber dabei mit guten Rahmenbedingungen unterstützen kann, liegt diese Verantwortung bei jedem von Euch selbst. Für sein persönliches, glückliches und erfülltes Leben. Aber auch für das Leben und Glück der Menschen in eurem direkten Umfeld, das ihr mit Eurem Verhalten beeinflusst.

Autor

Fabian Ziegler

Als Gründer und Geschäftsführer der Digitalagentur TEAM23 GmbH hat Fabian Ziegler inzwischen 20 Jahre Erfahrung in der Realisierung von komplexen Digitalprojekten.
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Kommentare (1)
  • Andreas Hurling
    am 16.02.2023
    Meine Erwartungen an diesem Artikel waren vermutlich auch ein bisschen zu hoch. Der Titel lässt hoffen, dass hier wenigstens in Ansätzen auf die Fragen in der Einleitung eingegangen wird.

    Stattdessen wird hier im Prinzip nur gesagt, dass man selbst für sein Glück verantwortlich ist und der Arbeitgeber hier nur einen Rahmen geben kann.

    Schade!

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