Einführung: Agiles vs. klassisches Projektmanagement
– den passenden Stil fürs Projekt finden
Gutes Management ist das A und O bei Projekten aller Art. Ohne Projektmanagement entsteht Chaos, das Team ist verwirrt oder verliert schnell die Motivation. Bereits seit einigen Jahren hat sich neben dem klassischen auch das agile Projektmanagement durchgesetzt. Was hat es damit auf sich und welche Vor- und Nachteile gibt es? Welche Variante ist die richtige für welches Projekt? Welche Grundprinzipien sind beim agilen Projektmanagement wichtig und worauf solltet ihr besonders achten? Dieser einführende Beitrag zeigt Euch, worum es geht...
Klassisches Projektmanagement – für alle mit Plan
Der Klassiker für alle, die einen konkreten Plan brauchen. Beim klassischen Projektmanagement steht direkt zu Beginn eines Projekts das genaue Endziel sowie Ablauf und Zeitraum fest. Auch ein zeitlicher Puffer gehört dazu, da plötzliche Veränderungen den Plan auf den Kopf stellen können. Dennoch werden Änderungen in der Projektabwicklung möglichst vermieden, da sie aufwändig und teils kostspielig sind.
Das klassische Projektmanagement folgt in seinem Ablauf dem sogenannten Wasserfallmodell – heißt: Das Projekt entwickelt sich linear nach einem roten Faden. Nötige Ressourcen wie Personal oder Budget sind durch bereits vorher feststehende Anforderungen gut planbar. Vor Beginn werden verschiedene Projektphasen festgelegt, die vom Team der Reihe nach bearbeitet werden, ohne sie miteinander zu vermischen.
Im Mittelpunkt steht die Planungsphase, in der die Projektorganisation, der Strukturplan und das finale Konzept festgelegt wird. Erst wenn die komplette Planung vollständig abgeschlossen ist, startet offiziell das Projekt, bei dem jeder Organisationspunkt konsequent abgearbeitet wird. Bei den festgelegten Zielen gibt es bis auf wenige Ausnahmen keinen Handlungsspielraum mehr.
Agiles Projektmanagement – flexibel und anpassungsfähig
Im Vergleich zum klassischen Projektmanagement werden Rollen, Prozesse und Projektpläne immer wieder hinterfragt. Das agile Projektmanagement findet Einsatz in dynamischen Umgebungen, z. B. Produktentwicklung, Forschung und Software-Entwicklung. Oft wird es als Gegenteil zum klassischen Projektmanagement gesehen. Projekte werden hier nicht bis in jedes Detail durchgeplant. Dem Team werden sehr viele Freiheiten gelassen, vor allem bei Zeiträumen oder Aufgabenzuweisungen. Feste Rollen gibt es meist nicht, jeder im Team kann Ideen proaktiv einbringen und das Projekt vorantreiben. Außerdem haben die Kund:innen während des gesamten Prozesses viel Mitspracherecht, geben Feedback oder äußern Kritik. So ergeben sich immer wieder Änderungen im Ablauf oder dem Ziel des Projekts.
Ursprünglich wurde agiles Projektmanagement in der Software-Industrie entwickelt. Das Prinzip hat sich aber inzwischen auch auf andere Branchen übertragen. Da viele Teams mittlerweile klassisches Projektmanagement mit agilen Methoden kombinieren, verschwimmt die Abgrenzung nach und nach.
Der Leitfaden des agilen Projektmanagements
Da es keine einheitliche Definition von agilem Projektmanagement gibt, dient das 2001 veröffentlichte "Agile Manifest" als Gradmesser. Dabei geht es um vier Kernaussagen. Diese stellen eine Art Leitfaden dar und beschreiben, worauf es beim agilen Projektmanagement ankommt. Sie lauten:
- Personen und Interaktionen sind wichtiger als Prozesse und Werkzeuge – Jedes Teammitglied soll sich frei einbringen dürfen, ohne dabei von festgelegten Prozessen oder Rollen eingeschränkt zu werden. So können alle ihr maximales Potential ausschöpfen und das Team erzielt das bestmögliche Ergebnis.
- Die Zusammenarbeit mit den Kund:innen ist wichtiger als die Vertragsverhandlung – Kund:innen sollten die Möglichkeit haben, ihre Wünsche und Vorstellungen einzubringen. Anmerkungen können jederzeit eingearbeitet werden, ohne den Projektverlauf aufzuhalten. Das spart lange Vertragsverhandlungen und das Team kann schnell mit der Arbeit beginnen.
- Reagieren auf Veränderung ist wichtiger als das Festhalten an einem Plan – Vor allem bei der Projektumsetzung kann immer Unvorhergesehenes passieren – sowohl durch äußere Einflüsse, als auch durch die Wünsche der Kund:innen. Um mit dem Endprodukt trotzdem alle zufriedenzustellen, sollte man nicht vor Veränderungen im Plan zurückschrecken. Es entsteht kein gutes Endergebnis, wenn man an einem Plan festhält, der durch geänderte Anforderungen nicht mehr funktioniert.
- Eine funktionierende Software ist wichtiger als eine umfassende Dokumentation – Diese Aussage stammt noch aus der Zeit, als agiles Projektmanagement nur in der Software-Entwicklung eingesetzt wurde. Um es auf andere Branchen zu übertragen, könnte man den Begriff "funktionierende Software" durch "nützliches Projektergebnis" ersetzen. Damit ist gemeint, dass ein gutes Endprodukt wichtiger ist als eine genaue Dokumentation sämtlicher Arbeitsschritte.
Grundsätzlich werden die Punkt eins und vier als "wichtiger" für das agile Projektmanagement angesehen, auch wenn alle Punkte teilweise voneinander abhängig sind. Das heißt also nicht, dass die hier als weniger wichtig genannten Kernaussagen ignoriert werden können.
Die zwölf agilen Prinzipien
Neben den vier Kernaussagen wurden zusätzlich zwölf agile Prinzipien definiert – mit besonderem Bezug zur vierten Kernaussage dem "nützlichen Projektergebnis". Sie werden im Folgenden kurz genannt und beschrieben.
- Kundenzufriedenheit durch frühe und kontinuierliche Auslieferung: Mehr Agilität im Prozess: Kund:innen sehen früher Zwischenstände, sodass nicht erst am Ende Anpassungen des Ergebnisses notwendig sind.
- Veränderungen in der Entwicklung zum Vorteil des Kunden nutzen: Kundenbedürfnisse können sich jederzeit ändern – darauf sollte das Team zeitnah reagieren.
- Zwischenergebnisse in kurzen und regelmäßigen Zeitspannen liefern: Der Planungszeitraum zu Beginn verkürzt sich, da dieser nicht so detailliert wie beim klassischen Projektmanagement sein muss. Das ergibt mehr Zeit für die Umsetzung des Projekts – und schnellere Zwischenergebnisse.
- Tägliche enge Zusammenarbeit der Mitarbeiter:innen untereinander: Expert:innen und Entwickler:innen sollten Hand in Hand arbeiten, um die Prozessleistung zu optimieren und Fehler zu vermeiden.
- Projektmitarbeiter:innen arbeiten in einem motivierenden Arbeitsumfeld: Für einen schnellen Projektabschluss und bessere Qualität muss dem Team Vertrauen geschenkt werden.
- Informationen werden Face-to-Face kommuniziert: Unnötig lange Kommunikationswege, die zu viel Zeit fressen, werden reduziert. Mittlerweile bietet die Digitalisierung entsprechend virtuelle Lösungen hierfür.
- Projekt-Zwischenergebnisse als Fortschrittsmaß: Das Endergebnis muss sich stets zu 100 Prozent an den Wünschen des Kunden orientieren – das ist leichter bei mehreren Feedbackschleifen zwischendurch.
- Arbeitstempo wird gleichmäßig von allen Projektbeteiligten eingehalten: Um Überlastungen der Mitarbeiter:innen zu vermeiden, sollte das Arbeitspensum gleichmäßig verteilt sein.
- Mehr Agilität durch ständigen Fokus und hohen technischen Standard: Mehr Agilität führt zu weniger Schwierigkeiten bei der Reaktion auf Veränderungen.
- Einfachheit prägt das Projekt: Work smart, not hard – Kunden zahlen nicht für individuelle Anstrengung, sondern allein für das Endergebnis.
- Teams organisieren sich selbst: Durch Eigenplanung und -verantwortung entstehen die besten Lösungen und Ergebnisse.
- Reflektiertes Verhalten innerhalb der Teams: Eine gute Feedback-Kultur führt zu mehr Effektivität und Vermeidung von Problemen.
Agiles und klassisches Projektmanagement im Vergleich – Vor- und Nachteile
Um die beiden Projektmanagement-Stile nun zu vergleichen, schauen wir uns deren Vor- und Nachteile an.
Beginnen wir mit dem klassischen Projektmanagement. Hier ist es besonders schwer, zwischen Vor- und Nachteilen zu unterscheiden, denn oft ist die Unterscheidung kontextabhängig. Ein großer Nachteil: Kunden haben wenig Einfluss im Projektverlauf. Zudem werden die Anforderungen an das Projekt zu Beginn festgelegt und danach nicht mehr verändert. Häufig wird dem Kunden erst am Ende des Projektes das Ergebnis vorgestellt. Die Definition der Anforderungen steht klar im Vordergrund. Zwischenstände des Projekts werden nicht berücksichtigt, nur das Endergebnis zählt.
Die folgenden Punkte können sowohl positiv als auch negativ sein. Ob diese letztendlich Vor- oder Nachteile sind, hängt von der Art des Projekts sowie dem zuständigen Team ab.
- Der Umfang des Projekts wird – inklusive Zeitplan – vor Projektbeginn festgelegt.
- Der Projektverlauf ist linear, das Team arbeitet sich von Phase zu Phase.
- Jedes Teammitglied hat einen festgelegten Aufgabenbereich.
- Projektmanager:innen sind für das Projekt verantwortlich.
- Das gesamte Projekt wird ausführlich dokumentiert.
- Das Team kommuniziert durch Meetings und die erfolgte Dokumentation.
Schauen wir uns im Vergleich dazu das agile Projektmanagement an. Hier fällt die Unterscheidung zwischen Vor- und Nachteilen leichter, dennoch sind auch hier manche Punkte kontextabhängig. Die Vorteile:
- Zeit und Umfang des Projekts können flexibel an Änderungen angepasst werden.
- Die Kund:innen haben während der gesamten Projektphase Einfluss auf das Projekt.
- Die Kund:innen erhalten regelmäßig Zwischenergebnisse.
- Die Eigenverantwortung der Teammitglieder steigert die Motivation.
Aber auch diese Methode hat Nachteile. Durch die hohe Eigenverantwortung und die vielfältigen Aufgaben der Teammitglieder sind Kommunikation und Abstimmung besonders wichtig. Das kostet Zeit. Die Kommunikation kann durch fehlende Hierarchien und Autoritätspersonen zusätzlich erschwert werden. Außerdem wird beim agilen Projektmanagement nur das Nötigste dokumentiert, wodurch der Gesamtüberblick schnell verloren gehen kann. Zudem ist das Endergebnis zu Beginn nicht klar vorhersehbar.
Genau wie beim klassischen Projektmanagement gibt es auch hier noch unklare Punkte, die von Projekt und Team abhängig sind.
- Der Projektverlauf ist nicht linear, sondern kann variiert werden.
- Der Prozess wird während des Projekts verbessert und angepasst.
- Die Anforderungen an das Projekt werden stetig aktualisiert.
- Das Team übernimmt selbst die Verantwortung für das Management.
- Keine zuvor festgelegte Aufgabenverteilung.
- Das Team kommuniziert in täglichen, kurzen Meetings.
Welche Variante ist die richtige für Euch?
Klassisches Projektmanagement eignet sich besonders für Projekte, bei denen nicht mit plötzlichen Veränderungen zu rechnen ist. Es gibt solche Projekte, die eine sehr hohe Planungssicherheit mit sich bringen. Außerdem eignet es sich für Projekte, die in ähnlicher Form bereits durchgeführt wurden. Die eigenen Erfahrungen helfen bei der Planung.
Wenn allerdings ein Projekt mit noch unbekannten Anforderungen ansteht oder ihr mit häufigen Änderungen zu rechnen habt, empfiehlt sich das agile Projektmanagement. Besonders völlig neue Projekte können von dieser Vorgehensweise profitieren, da das Vorgehen während des Projektverlaufs angepasst werden kann.
Aber: Wichtig ist nicht nur die Projektart, sondern auch euer Team. Wenn das Team bisher nur in einem der beiden Stile gearbeitet hat, kann ein plötzlicher Wechsel zu Verunsicherung führen. Für den Übergang sollte genügend Zeit eingeplant werden, damit sich alle Beteiligten an die neue Organisation gewöhnen können.
Mittlerweile hat sich eine Mischung aus dem klassischen und dem agilen Projektmanagement gebildet. Der sogenannte hybride Ansatz versucht, die Vorteile beider Vorgehensweisen zu kombinieren, um mögliche Probleme zu kompensieren. Meist wird dabei durch feste Deadlines ein klassischer Projektrahmen geschaffen. Die Umsetzung einzelner Aufgaben kann dann innerhalb dieses Rahmens agil erfolgen. Besonders Großprojekte mit vielen Teilaufgaben können von diesem Vorgehen profitieren.