Mit agilen Teams zum Erfolg – Erfolgreiche Projektabwicklung

Die Rolle des/der Projektmanager:in spielt in traditionellen Unternehmen und Teams eine zentrale Rolle. Selbst Unternehmen, die Software entwickeln und an der Entwicklung digitaler Produkte beteiligt sind, setzen oft noch immer auf Projektmanager:innen. Ich habe allerdings feststellen müssen, dass sich Teams besser und effizienter organisieren, wenn es keine hierarchisch zuständigen Projektmanager:innen gibt. Ausgehend von dieser Erkenntnis, habe ich mich mit unterschiedlichen Modellen zu Themen wie Unternehmensstrukturen, Führungsarten und Projektarbeit befasst. Diesbezüglich hat mich der Scrum-Ansatz am meisten überzeugt. Die Scrum-Methode ist ein Modell, das auf Selbstorganisation und Transparenz setzt. Ein Team besteht hierbei aus allen an der Entwicklung beteiligten Teammitgliedern, einem Scrum Master und einem Product Owner auf der Kundenseite. Durch die beiden zuletzt genannten Rollen ist die Position des/der Projektmanagers:in überflüssig. Ich bin ein großer Befürworter davon, dass Teammitglieder als Spezialisten:innen in ihrem Themenbereich agieren. Sie sollten das Recht haben, eigenständig Entscheidungen zu treffen und diese auch zu kommunizieren.
Diese täglichen Aufgaben übernimmt die klassische Projektmanager-Rolle:
- Planung von Projekten und Projektzielen.
- Erstellung von Timings / Projektzeitplan.
- Aufgaben und Ziele definieren und zuweisen.
- Verwaltung von Ressourcen.
- Sicherstellung der Motivation und Leistungsfähigkeit der Mitarbeiter.
Ein gut organisiertes Team mit eigenständigen Mitarbeitenden kann diese Aufgaben selbst übernehmen. Die Leitung eines gesamten Projektes einer einzelnen Person zu überlassen, ist für mich ein veralteter Ansatz auf Basis des Wasserfall-Modells. Dieses ist folgendermaßen aufgebaut:
- Ein zu Beginn erstellter Projektplan ist das A&O und bildet während des gesamten Projektes eine Konstante für die Teammitglieder.
- Kund:innen werden nur am Anfang und am Ende eines Projektes mit eingebunden - das Team bekommt ein Briefing und die Kund:innen am Ende ein Ergebnis.
- Den Zeitplan einzuhalten ist der einzige Schlüssel zum Erfolg - Umwege soll es nicht geben.
- Das konstante Managen der Mitarbeiter:innen des Teams ist ein zentraler Bestandteil der Projektumsetzung.
Selbstorganisation als Schlüssel zum produktiveren Arbeiten
Die Lean-Startup-Methode [1] auf Basis eines Build-Measure-Learn-Zyklusses und die Scrum-Methode bilden für mich die perfekte Symbiose. Bei der iterativen Scrum-Methodik handelt es sich um einen wiederholten Lernprozess, basierend auf den Entwicklungsphasen eines Projektes. Ein Projekt durchläuft Entwicklungsphasen – sogenannte Sprints –, die wiederholt, reflektiert und besprochen werden. Sprints beziehen sich üblicherweise auf einen Zeitraum von zwei Wochen. In einer Organisation, die sich agil auf Scrum spezialisiert, sind folgende Rollen wichtiger Bestandteil:
- Entwicklungsteam – ein homogenes Team mit unterschiedlichen Fachkenntnissen.
- Die Frontend- und Backend-Entwickler:innen, sowie Spezialist:innen zur Qualitätssicherung.
- Business-Analyst:innen, Grafiker:innen- und UX-Designer:innen, etc.
- Scrum Master – eine organisierte Person, die es dem Team ermöglicht, effektiv und effizient innerhalb eines Projektes zu arbeiten.
- Product Owner – Person zur Sicherstellung des Produkts von der Kundenseite aus.
Agilität lebt von Flexibilität. Das bedeutet, dass die Teammitglieder eine anpassungsfähige Arbeitsweise leben. Es ist hierbei wichtig auf Veränderungen schnell reagieren zu können und sich entsprechend umzustellen. Agilität ist nur dann gewährleistet, wenn jedes Teammitglied wandelbar und selbstorganisiert ist. Es kann immer passieren, dass Änderungen bei einem Produkt vorgenommen werden müssen. Gerade deshalb sollten Abweichungen von der ursprünglichen Planung eher als Motivation dienen, ein noch besseres Produkt zu entwickeln und nicht dafür sorgen, dass Entwicklerteams abgeschreckt werden. Ansonsten kann es schnell dazu führen, dass es zu Überforderungen einzelner Mitarbeiter:innen kommt und das Endergebnis schlussendlich darunter leidet.
Die klare Vision definieren
In der Regel definiert der/die Projektmanager:in in Zusammenarbeit mit den Kund:innen, eine Vision für ein Produkt. Wenn diese Zielsetzung ausgearbeitet wurde, wird diese über den/die Projektmanager:in dem gesamten Team mitgeteilt. Im Normalfall weicht das Team während der Produktentwicklung nicht von dieser Vision ab. Arbeitet das Team nun aber mit der Scrum-Methode, so ist das ganze Entwicklungsteam, einschließlich des Product Owners, an der Definition der Produktvision beteiligt. Aus meiner Erfahrung erweist sich ein ein Workshop – bevor der erste Sprint eingeleitet wird – dazu als besonders geeignet. Bei dieser Veranstaltung sind beide Seiten beteiligt: das Entwicklungsteam, ein Scrum Master als Moderator:in und die Stakeholder der Kund:innen.
Was sind die Vorteile eines solchen Workshops?
- Er hilft sowohl dem Team als auch den Stakeholdern zu verstehen, warum ein Produkt auf den Markt gebracht werden soll.
- Er hilft, den Reifegrad des Produkts zu verstehen, um die spezifischen Anforderungen an die Softwareentwicklung zu definieren. (Sollte beispielsweise der MVP-Ansatz – Minimum Viable Product – verwendet werden, um ein erstes grundlegend funktionsfähiges Produkt zu bekommen, oder geht es um die Skalierung bestehender Produkte?).
- Die Teams können die Vorstellungen der Kundenseite hinterfragen und Gegenvorschläge machen – sowohl in geschäftlicher als auch in technischer Hinsicht.
- Die Auswahl der bestgeeigneten Technologie wird unterstützt.
- Mögliche Risiken werden abgebildet und eine Erfolgsvereinbarung definiert, die für beide Seiten zufriedenstellend ist.
- Das Engagement und der Einsatz des Teams wird erhöht.
Die Gesamtverantwortung der Vision gehört dem Product Owner an. Sollten sich Umstände und Prioritäten verschieben, die sich auf das Produkt auswirken, wird der Product Owner als Vertreter:in der Kundenseite als erstes davon erfahren. Dessen Rolle ist es, als Sprachrohr zwischen Kundenseite und Team zu funktionieren
Projektplan und Zeitmanagement
Die Planung von Aufgaben und das richtige Zeitmanagement ist für klassische Projektmanager:innen unerlässlich. Der Projektplan ist das wichtigste Tool für Projektleiter:innen. Dieser weist auf die Verteilung der Aufgaben, Deadlines und Zuständigkeiten unter den Mitarbeitenden hin. Das Problem hierbei ist allerdings, dass Teammitglieder, die solch einen Plan gewohnt sind, nur ungern davon abweichen, beziehungsweise es schlussendlich nicht dürfen. Dies führt dazu, dass mögliche Veränderungen oder Probleme – wie veränderte Anforderungen an das Produkt – nicht gelöst oder umgesetzt werden können. Ein agiles Team hingegen kann schnell auf solche Ereignisse reagieren und neue Ideen umsetzen. Das Team übernimmt gemeinsam Verantwortung über den Verlauf eines Projektes. Am Ende eines Sprints wird gemeinsam in einer Retrospektive darüber diskutiert, ob dieser erfolgreich verlief und welche Schwierigkeiten sich währenddessen möglicherweise gezeigt haben. So können die Teammitglieder gemeinsam entscheiden, ob die Vorgehensweise funktioniert hat, oder ob es für die nächsten Entwicklungsschritte Verbesserungsbedarf gibt. Nachdem sich das Team besprochen hat, werden alle Aspekte notiert und im nächsten Sprint umgesetzt, damit weitere Fehler auf lange Sicht vermieden werden. Programme, die agiles Arbeiten unterstützen, sind zum Beispiel Trello, Asana, Jira oder Echometer. Bei der Wahl der Tools ist es wichtig, dass sie für jeden Mitarbeiter (möglichst von überall) zugänglich sind. Dies hilft dabei, dass jeder Mitarbeiter auf dem aktuellsten Stand ist und keine Informationen verloren gehen. Somit ist die Transparenz innerhalb des Teams gewährleistet.
Die Deadline ist nicht alles
In einer nicht agilen Organisation orientieren sich Projektmanager:innen an ihrem Projektplan und weisen dementsprechend von oben herab unterschiedlichste Aufgaben an Teammitglieder zu. Dabei kann es passieren, dass Teammitglieder Aufgaben bekommen, die nicht zu ihren individuellen Stärken passen. Das heißt, die Expertise, die jemand anderes in dem jeweiligen Umfeld hätte, wird nicht genutzt. Der Zeitplan steht sehr stark im Vordergrund, weswegen es dem/der Projektmanager:in in erster Linie wichtig ist, dass Aufgaben zu einer gewissen Deadline erledigt werden. Der Vorteil eines Scrum Teams, besteht darin, dass es sich aus wenigen Leuten mit spezifischen Fachkenntnissen zusammensetzt. Jede:r Mitarbeiter:in bekommt, bezogen auf ihre oder seine Fähigkeiten, passende Aufgaben zugeteilt. Somit ist jedes Teammitglied Profi im eigenen Bereich und einzelne Teams setzen sich aus unterschiedlichen Fachbereichen zusammen, je nachdem was gerade für ein Projekt benötigt wird. Wird während eines Sprints erkannt, dass ein Fachbereich fehlt, kann jederzeit ein neues Mitglied das Team unterstützen. Deswegen werden in Scrums, die täglich stattfinden, die wichtigsten anstehenden Aufgaben und Aktivitäten mitgeteilt und analysiert. Jedes Mitglied aus dem Entwicklungsteam hat die Chance, sich über Ereignisse auszutauschen, um Hilfe zu bitten oder Feedback zu geben.
Transparenz ist der Schlüssel zum Erfolg
Transparenz ist der Kern einer agilen Organisation. Projektmanager:innen neigen oft dazu, Informationen unter Verschluss zu halten, da sie letztendlich diejenigen sind, die das Projekt leiten. Innerhalb dieser Top-Down-Philosophie werden Hierarchieebenen geschaffen. Kund:innen haben dadurch keinen Einblick in aktuelle Geschehnisse. Bei einem agilen Vorgehen kann genau das nicht passieren. Informationen werden offen behandelt und kommuniziert. Es herrscht eine flache Hierarchie, die es ermöglicht, gleichberechtigt an Projekten arbeiten zu können. Kund:innen und Stakeholder haben außerdem die Chance, beim Entstehungsprozess dabei zu sein und sich mit allen austauschen zu können. Um diese offene Kommunikation gewährleisten zu können, sind auch hier wieder Programme von Vorteil, die diese Arbeitsweise unterstützen. Nachrichtensysteme wie Slack können dabei sehr hilfreich sein. Mitarbeiter:innen haben die Möglichkeit, rund um die Uhr in Kontakt zu stehen – auch außerhalb des Büros. Nachrichten werden hierbei in Gruppen ausgetauscht, ohne, dass einzelne Teammitglieder ausgeschlossen werden. Die direkte Kundenkommunikation kann auch über solch ein Tool gesteuert werden.
Unterstützung statt Leistungsdruck
Das klassische Belohnen und Bestrafen anhand der Leistung gibt es in einer agilen Organisation so nicht. Während eine Projektleitung normalerweise dafür zuständig ist, dass erwartete Leistungen eingehalten werden und diese sogar überwacht werden, ist in einer agilen Organisation jeder für sich selbst verantwortlich. Das heißt allerdings nicht, dass man auf sich allein gestellt ist – ganz im Gegenteil. Jedes Teammitglied muss eigenständig einschätzen können, ob es Hilfe braucht und wenn ja, wo genau. So kann es immer nach Unterstützung fragen, diese aber auch genauso gut anbieten. Die unterschiedlichen Fachkenntnisse der Teammitglieder sind dabei von Vorteil.
Problemlösung
Sobald Probleme entstehen, ist es die Aufgabe von Projektmanager:innen, diese zu lösen und sie fungieren als alleinige:r Ansprechpartner:in. Bei einem Scrum- Team hingegen, werden Probleme als Gemeinschaft gelöst und besprochen. Durch die offene Kommunikation und die flache Hierarchie fällt es dem Team leichter, Unstimmigkeiten zu kommunizieren. Sie versuchen gemeinsam, Lösungsansätze zu entwickeln. Es findet ein Austausch auf Augenhöhe statt. Die Verantwortlichkeit legt sich nicht nur auf eine Person fest, sondern sie teilt sich automatisch auf das gesamte Team auf. Ein Scrum Master kann – wenn es notwendig ist – jederzeit eingreifen und dem Team zur Seite stehen.
Unternehmenskultur
Die Unternehmenskultur ist eines der wichtigsten Säulen in einem Unternehmen. Sie formt die Einstellung der Mitarbeitenden, legt die moralischen Werte fest und zeigt der Öffentlichkeit, welche Prinzipien das Unternehmen lebt. Unternehmen mit einer klassischen Organisation arbeiten meist mit festgelegten Befehlsketten und aufwendigen Hierarchien. Jede:r ist dabei automatisch verpflichtet, Entscheidungen erst nach Absprache zu treffen. Die Entscheidungsgewalt liegt dabei meist bei einer einzelnen Person. Teammitglieder werden bei dieser Art von Führung stark kontrolliert und im Prinzip bevormundet. Das kann dazu führen, dass die Kreativität und Bereitschaft der Belegschaft leidet. Mitarbeitende können fachbezogene Entscheidungen meist sogar besser treffen, da sie sich in diesem Bereich stärker auskennen als ihre Vorgesetzten. Wird diese Person nun krank oder verlässt gar das Unternehmen, ist das ganze Team im schlimmsten Fall auf sich allein gestellt. Durch fehlende Transparenz können Teammitglieder nicht richtig auf solche Situationen reagieren und den Verlust ausgleichen. Möchte ein traditionell operierendes Unternehmen, das klassische Hierarchieebenen gewöhnt ist, einen Kulturwandel vollziehen, sollte es seinen Teammitgliedern eine agile Arbeitsweise ermöglichen.
Fazit: Weniger Manager:innen, mehr Agilität
Die Projektmanager-Rolle ist aus meiner Sicht eine überflüssige Position. Durch meine Erfahrung mit Scrum, habe ich gemerkt, dass Ziele besser und schneller erreicht werden, wenn Teams nicht in ihrer Kreativität nicht eingeschränkt werden. Die Qualität der Produkte oder Projekte ist automatisch hochwertiger, da jedes Teammitglied voll und ganz dahinter steht. Das hohe Maß an Eigenverantwortung spielt dabei eine große Rolle. Kommunikationswege werden nicht unnötig verkompliziert. Agilität hat auch in der schweren Phase der Corona-Pandemie gezeigt, wie gut sie funktioniert und welche Vorteile ein Unternehmen dadurch im alltäglichen Geschehen hat. So habe ich beispielsweise eine Position zur Einhaltung und Bewerkstelligung der Hygienevorschriften eingeführt. In einer agilen Arbeitsumgebung ist das schnell und unkompliziert möglich. Diese Art der schnellen Anpassungsfähigkeit beweist, wie erfolgreich ein selbstorganisiertes Team funktioniert – und dass sowohl im Büro als auch remote.
Neuen Kommentar schreiben