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Kristin Eissfeldt 27. Oktober 2020

Über Sprints hinaus – Agilität im Kontext von Nachhaltigkeit

Kaum ein Wort hat es im letzten Jahrzehnt häufiger in die Schlagzeilen geschafft als Agilität. Über eine Million Treffer bei Google, oder: mehr offene Agilitäts-Stellen in den Jobbörsen als im Programmier-, Marketing- oder Finanzbereich machen die Relevanz und Aktualität des Themas deutlich. Unzähliges wurde dazu bereits geschrieben. Auch zahlreiche kritische Betrachtungen, die sich mit Nutzen und Grenzen von Agilität auseinandersetzen. Da ohnehin bereits alles gesagt wurde, aber noch nicht von jeder/m, spiegelt dieser Artikel meine Perspektive wider: die einer leidenschaftlichen Forscherin, was Menschen wirklich brauchen, um auch langfristig motiviert zu arbeiten. Die Parallelen zieht zu den heutigen Anforderungen von Unternehmen an Menschen in Schlüsselpositionen. Und die alles, was sie tut auch vor dem Hintergrund der nicht wegzudiskutierenden Metakrisen in unserer Gesellschaft denkt. Ich beziehe mich dabei auf meine eigenen Beobachtungen und Erkenntnisse, wie auch meine Meinung als Mensch, Beraterin, Facilitatorin und Coach und erhebe bewusst keinen Anspruch auf Wissenschaftlichkeit.

Die agilen Transitionen

Wenn etwas Neues entsteht und sich durchsetzt, gab es zuvor irgendwann einmal auch eine Notwendigkeit dafür. Einen Schmerz, ein Defizit, ein drohendes (Aus-)Sterben oder was auch immer. Betrachtet man Organisationen mit alteingesessenen, verkrusteten Strukturen, hat es seinerzeit ebenfalls einen Grund gegeben, warum und wozu genau solche Organisationen entstanden sind. Für komplizierte Herausforderungen war es funktional, hierarchisch zu organisieren und linear abzuarbeiten. In der Komplexität, die sich in den letzten Jahren auf Organisationsebene durch globale Vernetzung und Digitalisierung geformt hat, ist es das nicht mehr. Spätestens durch diese Brille betrachtet wird deutlich, dass ein "weiter so" nicht nur wenig lösungsorientiert ist und kaum Innovation in die Welt bringt, sondern vielmehr, dass wir damit unseren Planeten und uns selbst an den Abgrund führen. Um mit den Worten von Gitta & Ralf Peyn des Formwelten-Instituts zu sprechen: "Wir müssen lernen, mehr und mehr mit Unbestimmten umzugehen und Komplexität auf höherer Ebene zu managen". Darunter verstehen sie, ganz technisch, an ein Problem mehrere Dimensionen anzulegen und innerhalb dieser höher zu differenzieren, das Ganze möglichst temporeich [1].

Da kommt das Konzept Agilität doch gerade recht. Mit den Werten aus dem agilen Manifest wie:

  • Mensch mehr als Prozesse & Werkzeuge,
  • Funktionalität mehr als Dokumentation,
  • Zusammenarbeit mehr als Vertragsverhandlung sowie
  • Anpassung mehr als strikte Planverfolgung,

wurden dysfunktionale Strukturen mit einer Klarheit aufgebrochen, die genau den Nerv der Zeit trifft. Und das ist auch gut so, veränderten sich offensichtlich gleichzeitig die Bedürfnisse und Anforderungen des Arbeitskräftenachwuchses, gerne Generationen Y, Z oder Millennials genannt. Zwar ist das Thema Fachkräftemangel aktuell durch COVID 19 in der Öffentlichkeit etwas in den Hintergrund getreten, bleibt aber zweifellos relevant. Ein Arbeitgeber, der die Wertvorstellungen jüngerer Arbeitnehmer:innen nicht berücksichtigt, wird mittelfristig Probleme bei der Besetzung seiner Schlüsselpositionen bekommen.

Natürlich, es gibt einige vorbildlich agierende Organisationen, die auf einem sehr guten Weg sind, mutmachende "Leuchttürme" und Strömungen, die dies unterstützen. Was ich aktuell aber überwiegend beobachte, ist wilder, mancherorts fast blinder Aktionismus im Kontext von Agilität. Vor lauter finanziellem Druck, der Notwendigkeit von Quartalsberichterstattungen, auferlegten Wachstumszielen, Bestrebungen, die Marktstellung auszubauen oder zu erhalten bzw. der Unfähigkeit des Managements, mit Veränderungen souverän umzugehen (um nur ein paar Tendenzen zu nennen) werden häufig wenig durchdachte, kurzfristige und vor allem kurzsichtige Agilitäts-Programme aufgelegt, Mitarbeitende in "Schnell-Schnell"-Ausbildungsprogramme geschickt und Berater:innen angeheuert, die nach perfekter Entertainer-Manier das agile Heil versprechen. Die agile Transition/Transformation muss her, und zwar sofort.

Was macht das mit den Menschen? Mit der Qualität von Produkten und Dienstleistungen? An dieser Stelle sehe ich die Brücke zur Nachhaltigkeit, die im Übrigen in den Prinzipien des agilen Manifestes eigentlich auch vorgesehen ist, in der Praxis offensichtlich aber häufig nachrangig betrachtet wird [2]. Dabei geht meine Referenz von Nachhaltigkeit in diesem Kontext über die ökologische Nachhaltigkeit hinaus, für die ich kürzlich von einem UN-Direktor die passendere Beschreibung "Rücksichtnahme auf planetarische Grenzen" gehört habe. Nachhaltigkeit einzubeziehen benötigt den Dreiklang: sozial, wirtschaftlich und ökologisch.

Den Kunden ist es erstmal egal, wie eine Organisation arbeitet.

Seit vielen Jahren besuche ich einen monatlich stattfindenden Agilitäts-Stammtisch. Dort treffe ich überwiegend auf Menschen auf Projektleitungs- und Entwicklungs-Ebene aus Unternehmen mit einer Arbeitsweise, die auf agilen Methoden beruht oder mit agilen Bestrebungen. Einerseits erlebe ich dort eine hohe Offenheit, Wissen zu teilen und gemeinsam nach Lösungen zu suchen, also hohe Co-Laborations- und Partizipationsbereitschaft. Diese Vernetzung über Unternehmensgrenzen hinweg empfinde ich als großen Fortschritt und als sehr wertvoll. Auch die Fähigkeit und Bereitschaft zur Selbstorganisation erscheint mir dort signifikant höher als in eher traditionell aufgestellten Organisationen. Auf der anderen Seite spüre ich bei diesen Menschen auch einen erhöhten Druck. Druck, stets auf dem aktuellen Stand hinsichtlich modernster Methoden und Tools zu sein, finanzieller und zeitlicher Druck, der "von oben" ausgeübt wird. Auch Verzweiflung, dem allem sowieso nie ganz genügen zu können. Und – je tiefer diese Menschen in all die Methoden, Tools und Begrifflichkeiten der Szene einsteigen, desto enger wirkt der Blick auf die größeren Zusammenhänge. Das "Wozu mache ich das alles eigentlich"?

Auf der Ebene der Geschäftsleitung ist dieses "Wozu Agilität" ebenfalls häufig nicht geklärt, geschweige denn kommuniziert. Liegt der Fokus wirklich darauf, Kundenbedürfnisse besser, schneller, passgenauer zu erfüllen? Oder ist das nicht eher "Marketing-Blabla" und es geht am Ende doch einzig um maximale Unternehmensgewinne und vordergründiges Renommee? Ist ja alles erlaubt, solange die Botschaften aufrichtig sind. Kunden ist es grundsätzlich erstmal egal, wie eine Organisation arbeitet, ob agil, traditionell oder chaotisch. Sie möchten Lösungen für ihre Probleme und reibungslose Services, der Rest ist Innensicht der Anbieter.

Wenn agile Methoden für eine Organisation passen, um Kundenprobleme zu lösen und gleichzeitig – nach innen geblickt – effektiv, effizient und profitabel zu sein, na dann los! Allerdings empfiehlt es sich, den Blick von Beginn an zu weiten, möchte man auch in 10, 20 oder 30 Jahren noch erfolgreich am Markt Bestand haben. Wie können es Organisationen erreichen, auch im Kontext von Nachhaltigkeit agil zu arbeiten?

Eine funktionale Organisation, die nachhaltig auf dem Markt Bestand und eine Daseinsberechtigung hat, bietet Produkte und Lösungen an, die gebraucht werden (und in der Summe mehr Nutzen stiften als Schaden anrichten). Ihre Manager:innen müssen so wirtschaften, dass Kosten gedeckt und Rücklagen für Unvorhergesehenes, Langfristforschung und Innovation gebildet werden können. Sie braucht fachlich und persönlich geeignete Menschen, v. a. in den Schlüsselpositionen, die nicht aufgrund eines Narrativs angezogen werden, sondern über einen glaubwürdigen, aufrichtigen Zweck, für den es sich lohnt mitzuarbeiten und die eigene Lebensenergie einzubringen. Und die Strukturen sollten so sein, dass Menschen, denen Arbeit mehr bedeutet als reiner Gelderwerb, nicht ausgebeutet, sondern in einem gesunden Maß gefordert und gefördert werden und ihre kreativen Ideen einbringen.

Leadership-Trainings und Agiles Mindset – Mythos, Heilsbringer, Buzzwords, Unsinn oder irgendetwas dazwischen?

Mal angenommen, die/der CEO fällt nach differenzierten, mehrdimensionalen Überlegungen und transparenter Klärung des "Wozu" die Entscheidung für eine agile Transition und klärt mit den Verantwortlichen strukturelle und technische Voraussetzungen. Bleiben immer noch jede Menge weitere Hemmnisse, die sich dem Erfolg und einem nachhaltigen Umbau in den Weg stellen können. Derzeit gerne diskutierte Themen sind "die Mitarbeiter abholen oder mitnehmen" und "die Leute haben einfach nicht das richtige Mindset". Häufige Maßnahmen sind dann, platt zusammengefasst: Zum ersten Thema werden Leadership-Trainings von der Stange verordnet, die meist auf der Verhaltensebene aufsetzen, zum zweiten Trainings zum agilen Mindset. Die Intention ist in beiden Fällen nicht unbedingt falsch, nur das "Wie" in der Umsetzung häufig unzureichend. Denn erstens können und sollten Menschen nicht abgeholt oder mitgenommen werden. Die Worte "Abholen" und "Mitnehmen" widersprechen jeglicher freilassender Ethik, die erwachsenen Menschen entgegengebracht werden sollte [3]. Man kann auf Menschen achten, sie einbeziehen und Rahmenbedingungen für Partizipation schaffen. Leadership in agilen Organisationseinheiten ist dann funktional, wenn ein Ziel vorgegeben und Orientierung geschaffen ist, und die Fäden von jemandem zusammengehalten werden, der das kann. Das muss auch nicht zwingend immer dieselbe Person sein. Im Gegenteil, rollierende Führungsrollen, die jeweils von der punktuell am besten geeigneten Person übernommen werden, erscheinen hier sehr sinnvoll. Gerade in Traditionsunternehmen werden viele langjährig Beschäftigte von agilen Vorgehensweisen überfordert, und ihre Ängste und eigene Möglichkeiten der Veränderungsgeschwindigkeit werden nicht selten einfach übergangen. Auch hier empfiehlt es sich, den Status Quo behutsam zu analysieren und mehrere Dimensionen anzulegen – das bedeutet auch, zunächst noch einmal innezuhalten – bevor man "einfach so Agilität ausrollt". All dies zu berücksichtigen erfordert zugegebenermaßen ein hohes Maß an Bewusstheit für das eigene Denken und Handeln sowie für die eigenen Stärken und Grenzen bei den Entscheider:innen.

Und das Mindset? Als Begriff leider inzwischen ziemlich verbrannt. Es steht außer Zweifel, dass erfolgreiches agiles Arbeiten eine andere Haltung Einzelner voraussetzt, als ein routinemäßiges Abarbeiten von immer wiederkehrenden Aufgaben. Flexibilität, Offenheit, Anpassungsfähigkeit, Neugier, Kommunikationsbereitschaft und -freude, um nur einige Begriffe zu nennen, sind im Kontext von Agilität sicherlich hilfreiche und auch notwendige Eigenschaften. Am Rande: Es gibt jede Menge Menschen, die schon immer so gearbeitet haben und mit der Agilität nun auf einmal eine Beschreibung dafür bekommen, wie sich das nennt, was sie tun. Wie immer lauern aber auch hier Gefahren, springt man zu schnell auf einen Zug auf im Sinne von "ach, da stimmt ein Mindset nicht? Dann schicken wir die Leute eben in ein entsprechendes Training". Erstens: eine Haltung (für mich gleichgesetzt mit Mindset) ist eine persönliche Sammlung von Werten, Grundüberzeugungen, Glaubenssätzen und Prinzipien, eine innere Landkarte, eine Einstellung, aus der schließlich das Verhalten resultiert. Daher kann sie gar nicht nicht stimmen. Sie ist einfach da. Sie mag im entsprechenden Kontext nicht funktional sein, aber dann schließt sich die nächste Frage an: Wer entscheidet oder bestimmt darüber, einem Menschen hier eine Veränderung aufzudrängen? Dies sollte doch der Entscheidung einer/s Jeden überlassen werden. Einen weiteren wichtigen Punkt wirft Daniel Dubbel in seinem Artikel "Mind the gap" von 2018 auf: "Wenn also die Haltung die Handlungen, Ziele, Aussagen und Urteile beeinflusst und entstanden ist durch das Erleben und die Erfahrungen im Leben, dann müsste ein Mensch bereits positive Erfahrungen mit agilem Arbeiten gemacht haben, um ein Agiles Mindset mitzubringen. Wir fordern das aber als Grundlage, damit agiles Arbeiten funktioniert. Da beißt sich die Katze selbst in den Schwanz" [4]. Hinzu kommt, dass Gefahr droht, wenn sich auf einmal alles nur noch ums Mindset dreht (und darum, wie "an Menschen herumgeschraubt werden kann") und das eigentliche Ziel, gute Kundenlösungen zu finden, darüber in der Hintergrund tritt. Gegen Persönlichkeits- und Bewusstseinsentwicklung im Arbeitskontext ist per se nichts einzuwenden, da eine gesunde Selbstkenntnis und Selbstreflexionsfähigkeit der Beschäftigten auch Organisationen zu Gute kommt. Vorsicht ist jedoch geboten, da sich unter den Trainingsangeboten mit der Überschrift "Agiles Mindset" eine Vielzahl oberflächlicher Mitläufer finden, die einen Trend erkannt haben, aus dem sie kurzfristig größtmöglich Kapital schlagen wollen.

Rein durch die Anwendung von Methoden und Tools ("agil tun") wird keine Organisation agil. Daher ist es schon richtig und wichtig, in agilen Veränderungsprozessen die Rolle und Bedeutung des Menschen aktiv einzubeziehen. Der Aspekt des "agil seins" steht daneben und nur beides zusammen kann das Potenzial, das die agile Idee im Grunde mit sich bringt, zum Leben erwecken [5]. Um agil zu sein, hilft es sehr, wenn sich der Mensch seiner Selbst, der eigenen Werte und Motive, Ziele, Stärken und Grenzen bewusst ist. Es steht aber niemandem zu, anderen Menschen ein passfähiges Mindset antrainieren zu lassen. Vielmehr sollten Führungskräfte Rahmenbedingungen dafür schaffen, in denen diejenigen, für die das passt, in ihrer Fähigkeit agil zu arbeiten, nicht oder zumindest weniger eingeschränkt bzw. gebremst werden.

Und nun?

Ich bin der Ansicht, dass wir zunächst einmal begrüßen sollten, dass über das Konzept von Agilität ein Wandel eingesetzt hat, der großflächig anschlussfähig geworden ist. Nicht nur Millennials, auch viele der in die Jahre gekommenen Beschäftigten haben mehr Freude an einer Arbeit mit klarem Kundenfokus, höherer Experimentierfreude, Dynamik und Flexibilität, mehr Transparenz, Möglichkeiten zur Selbstorganisation und auch mit Elementen von Gamification zum Teamzusammenhalt, ohne diesen Aspekt an dieser Stelle noch weiter vertiefen zu wollen. Organisationen oder Einheiten, die es schaffen, nicht um jeden Preis an Entscheidungen kleben zu bleiben und passfähig zu reagieren, wenn es der Markt oder andere Umstände erfordern, werden auch bessere Chancen haben, nachhaltig am Markt Bestand zu haben. Ob durch agiles Arbeiten nachhaltigere Produkte auf den Markt gekommen sind, bezweifle ich. Es gilt auf jeden Fall, sich einen kritischen, wenn möglich differenzierten und vieldimensionalen Blick bei der Beurteilung der gewählten Wege zu bewahren. Agilität ist da. Genauso wie Menschen in all ihrer Vielfalt. Daher wehre ich mich gegen das Urteil "richtig oder falsch" und rege zu der Fragestellung "funktioniert oder funktioniert nicht" an. Aufgrund der Vielfalt von Menschen und der Komplexität, in der wir leben, wird es nie Konzepte geben, die überall und für alle stimmen. Konzepte, Methoden, Tools bleiben Hilfsmittel, die Orientierung geben und der gemeinsamen Sprache und Absprachen dienen können. Was wir im Hinblick auf mehr Nachhaltigkeit lernen können, ist, uns differenzierter und mehr in der Tiefe mit Dingen auseinanderzusetzen. Mit Lösungen aus der Hochglanzbroschüre, die schnelle und einfache Gewinne versprechen, wird "Immer wieder neu scheitern" das Ergebnis bleiben. Diese erzeugen höchstens kurzfristige Gewinne, mit Nachhaltigkeit hat das nichts zu tun. Im Gegenteil: glaubt ein:e Unternehmer:in, rein über Geschwindigkeit erfolgreicher zu werden, wird sie/er vor allem ausgebrannte Menschen auf die Liste ihrer/seiner Hinterlassenschaften schreiben können.

Dass die Agilität ins Leben gekommen ist, war im Kontext der gesamten Entwicklung der Wirtschafts- und Unternehmenswelt ein fälliger Schritt. Doch weder Agilität, noch ein anderes Konzept ist DIE Lösung, mit der dann endlich alles gut ist. Weder gibt es die eine Lösung, noch kann irgendjemand sagen oder bestimmen, wann "alles gut" ist. Wir sollten einfach aufhören, so etwas hinterherzuhecheln. Mit Blick auf die Klimakrise, die wir ja in unserem persönlichen Alltag immer noch nicht merklich spüren und deshalb zumindest latent "wegdefinieren", besteht ohnehin die Frage, worum wir uns eigentlich drehen.

Am Ende geht es bei der Frage, ob Agilität nachhaltig in einer Organisation funktioniert, um Bewusstheit. Bewusstheit darüber, ob und wie agiles Arbeiten für die Fragestellungen und für die Menschen in einer Einheit funktioniert. Bewusstheit über die Komplexität, in der wir heute leben. Und bei jeder/m Einzelnen auch um Bewusstheit darüber, ob und wie sie/er selbst im Kontext von agilem Arbeiten funktioniert.

Wenn Entscheider:innen eine agile Transition anstreben sollten sie sich folgende Fragen stellen:

  • Was verspreche ich mir davon?
  • Wo bringt Agilität wirklich einen Mehrwert und wo passt es eher nicht, weil etwas anderes wichtiger ist?
  • Habe ich die notwendigen Dimensionen angelegt und innerhalb dieser ausreichend differenziert?
  • Welche Menschen, über alle Ebenen hinweg (!) können hier unterstützen?

Vorsicht ist geboten beim Verordnen von Agilität bzw. einem agilen Mindset. Ein:e verantwortungsvolle:r Unternehmer:in hat neben Überleben der Organisation und Kundenfokus auch die Beschäftigten im Blick: Wem kann ich was übertragen und/oder zumuten? Wer leistet welchen Beitrag und wofür ist das wichtig? Zu schnelles Loslegen birgt ein hohes Risiko zu scheitern. Oft bedeutet, am Anfang etwas Tempo rausnehmen und nochmal genauer hinschauen, was eine Organisation wirklich braucht, im Endeffekt eine Beschleunigung in der Gesamtbetrachtung, weil einige Schleifen wegfallen. Auch die Meinung, durch Nachahmen erfolgreicher Wege anderer selbst erfolgreich sein zu können, ist falsch, da Rahmenbedingungen und Menschen zu verschieden sind. Nachhaltig erfolgreiche Organisationen sind sich ihrer Einzigartigkeit und Stärken, sowie des Könnens der Menschen bewusst und entwickeln ihre ureigenen Lösungen. Mit kritischem Geist, mit Zulassen von divergierenden Meinungen wie auch von Konflikten, also mit einer gesunden Reflexionsfähigkeit und einem stabilen Inneren kann ein authentischer, eigener Weg gefunden werden, der am Ende für alle den größten Nutzen stiftet: für das eigene Unternehmen, für die Beschäftigten und damit in der Folge automatisch auch für die Kunden und finanziellen Ergebnisse.

Autorin

Kristin Eissfeldt

Kristin hat einen breiten Hintergrund als Diplom-Ökonomin, in Facilitating Change / Theorie U, agiler Organisationsentwicklung sowie Conscious Business Culture & Leadership und in den FORMWELT Basics.
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