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Persönlichkeiten der Informatik 07. Mai 2019

Kathleen Antonelli

27 Tonnen schwer, 17.468 Elektronenröhren, 7.200 Dioden und kein Bildschirm: ENIAC, der erste universell einsetzbare elektronische Digitalrechner war geboren. Programmiert wurde er während des zweiten Weltkriegs von sechs Frauen, darunter die Irin Kathleen Antonelli.

1942: Ein Jahr befinden sich die Vereinigten Staaten von Amerika bereits im Zweiten Weltkrieg. Große Schwierigkeiten bereitete es dem US-Militär, komplizierte Flugbahnen zu berechnen. Die US-Armee beauftragte daraufhin die US-Wissenschaftler John Presper Eckert und John William Mauchly von der University of Pennsylvania mit der Aufgabe. Die Idee für eine gewaltige Maschine wurde ins Leben gerufen, die unter dem Namen Eniac I (Electronical Numerical Integrator and Computer) in die Technikgeschichte eingehen sollte.

Die US-Armee stellte im Zweiten Weltkrieg Frauen ein, um Kugel- und Raketentrajektorien zu berechnen. Kathleen Antonelli, damals noch Kathleen McNulty, die im Alter von drei Jahren (geboren: 12. Februar 1921) mit ihrer Familie während des irischen Unabhängigkeitskrieges in die Vereinigten Staaten immigriert war, las an einem Morgen im Juni 1942 die Stellenanzeige in der Tageszeitung "The Philadelphia Inquirer" und entschied, sich zu bewerben. Zuvor hatte sie ein Mathematikstudium am Chestnut Hill College for Women in Philadelphia absolviert. Antonelli belegte bereits während ihres Studiums weitere Kurse in Wirtschaftsrecht, Buchhaltung, Bankwesen, Wirtschaft und Statistik. Zusammen mit ihrer Freundin Frances Bilas, die sie im Studium kennengelernt hatte, wurde sie zum Bewerbungsgespräch eingeladen und eine Woche später eingestellt. Das Anfangsgehalt betrug damals 1.620 Dollar pro Jahr, was laut Antonelli für damalige Zeiten sehr gut gewesen sei. Anfangs mit 10 anderen Frauen und 4 Männern, später in einem Team von knapp 75 Mitarbeiter*innen, arbeitete Antonelli an der Moore School in Pennsylvania. Die Arbeit war mühselig, denn jede Waffe benötigte einen eigenen Brenntisch mit etwa 1.800 Flugbahnen. Das Berechnen nur einer Kurve erforderte ca. 30-40 Stunden Handarbeit mit einem Tischrechner.

Aufstieg als Programmiererin in den 1940er Jahren

Nach drei Monaten wurden Antonelli und Bilas zur Arbeit an dem Differentialanalysator im Keller der Moore School versetzt, dem größten und anspruchsvollsten analogen mechanischen Rechner der damaligen Zeit. Der Differentialanalysator war eine Sensation, von dem es nur drei in den Vereinigten Staaten und ca. fünf oder sechs auf der ganzen Welt gab. Für die Dauer des Krieges war das Analysegerät an die University of Pennsylvania ausgeliehen worden und wurde dort weiter präzisiert. Somit war es möglich, die vorherige mühselige Arbeit einer Kurvenberechnung in 50 Minuten anstatt 40 Stunden durchzuführen. Antonelli wurde weiterbefördert, um die ballistischen Berechnungen am Analysegerät zu überwachen.

Die Geburtsstunde des ersten Digitalrechners

Da beim ENIAC dieselben ballistischen Berechnungen nötig waren, wandten sich die US-Wissenschaftler John Presper Eckert und John William Mauchly an die Moore School. Im Juni 1945 wurde Antonelli zusammen mit Jean Bartik, Betty Holberton, Marlyn Wescoff, Frances Bilas und Ruth Teitelbaum zu den "ENIAC-Frauen". Sie waren die ersten Programmiererinnen und erzielten mit dem Computer die oben beschriebenen ballistischen Berechnungen in etwa 10 Sekunden. Oftmals dauert es ein oder zwei Tage, bis der Computer sie vor eine Reihe neuer Probleme stellte, da ständig einzelne Röhren ausfielen und ausgetauscht werden mussten. Wenn nur eine der 17.468 Röhren ausfiel, rechnete die gesamte Maschine fehlerhaft. Ein Großteil der Programmierzeit des ENIAC bestand in der Erstellung und Ausführung von Testprogrammen, die den Betreibern die Integrität des Gesamtsystems sicherten: Jede Vakuumröhre, jede elektrische Verbindung musste vor der Ausführung eines Problems überprüft werden.

Die ENIAC wurde mit Unterprogrammen, verschachtelten Schleifen und indirekter Adressierung sowohl für Datenstandorte als auch für Sprungziele programmiert. Bei ihrer Arbeit an der Programmierung der ENIAC wird Antonelli die Erfindung des Unterprogramms zugeschrieben. Ihre Kollegin Jean Jennings erinnerte sich daran, dass Antonelli die Idee zur Lösung des Problems vorschlug, bei dem die logischen Schaltungen nicht genügend Kapazität hatten, um einige Trajektorien zu berechnen. Das Team arbeitete an der Implementierung mit. Von Philadelphia aus zog der ENIAC 1947 ins nahegelegene Ballistic Research Lab in Aberdeen um. Am 2. Oktober 1955 wurde ENIAC abgeschaltet.

Die Zeit nach ENIAC

Der ENIAC-Miterfinder John Mauchly, der inzwischen seinen Posten als Professor an der Moore School verlassen hatte, um zusammen mit Presper Eckert eine eigene Computerfirma zu gründen, unternahm in dieser Zeit häufig Reisen nach Washington, D.C. und hielt an, um sich über das ENIAC in Aberdeen zu informieren. Mauchly hatte bereits Betty Bartik und Betty Holberton eingestellt und hoffte, auch Antonelli für seine noch junge Firma zu gewinnen. Aus der bisherigen Freundschaft wurde Liebe und 1948 heiratete Antonelli John Mauchly. Antonelli trat von ihren Posten zurück und das Paar lebte zusammen mit den beiden Kindern aus Mauchlys erster Ehe zunächst in seinem Reihenhaus in der St. Mark's Street in der Nähe der University of Pennsylvania. Später zogen sie in ein großes Bauernhaus namens Little Linden in Ambler, Pennsylvania, und bekamen fünf Kinder eigene Kinder.

Später arbeitete Antonelli an der Softwareentwicklung für weitere Computer, darunter BINAC und UNIVAC I, deren Hardware von ihrem Mann entworfen wurde. John Mauchly verstarb 1980 nach mehreren Krankheits- und Erholungsphasen. Nach Mauchlys Tod setzte Antonelli das Erbe der ENIAC-Pioniere fort, indem sie Artikel verfasste, Vorträge hielt (häufig zusammen mit Jean Bartik, mit dem sie lebenslang befreundet war) und sich für Interviews mit Reportern und Forschern zur Verfügung stellte. 1985 heiratete sie dann den Fotografen Severo Antonelli. Nach einem langen Kampf mit der Parkinson-Krankheit starb ihr zweiter Mann 1996. Antonelli selbst hatte während der Pflege ihres Mannes einen Herzinfarkt erlitten, erholte sich aber vollständig.

Sie wurde 1997 zusammen mit den anderen ENIAC-Programmiererinnen in die Women in Technology International Hall of Fame aufgenommen und sie akzeptierte 2002 die Aufnahme von John Mauchly in die National Inventors Hall of Fame in Akron, Ohio. Bei Kathleen Antonelli wurde im Frühjahr 2006 inoperabler Krebs diagnostiziert. Sie starb im April desselben Jahres im Alter von 85 Jahren.

LG

Kathleen Antonelli im Interview (1977)

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