Über unsMediaKontaktImpressum
Jennifer Czeschka 28. Januar 2025

Der Wert von UX-Writing

oder: Wie man mit Mikrotexten auf Software-Oberflächen für eine Makrowirkung bei den eigenen Zielgruppen sorgt

Software-Produkte beinhalten eine Menge Wörter. Das können Schaltflächenbeschriftungen, Meldungstexte, Tooltips oder Hinweise sein. Diese Texte stecken da nicht zufällig drin, doch sie entscheiden, ob der User des digitalen Produkts eine großartige oder eine schlechte Benutzererfahrung macht. Die Wahl der Wörter ist ausschlaggebend dafür, ob wir mit einer App oder einer Software gut umgehen können. Ob wir sie gerne nutzen oder nicht. Fehlermeldungstexte wie "Es ist ein unerwarteter Fehler aufgetreten. Bitte schließen Sie das Programm." sind dabei nichtssagend, für den User nicht hilfreich und ärgerlich zugleich.

Damit die Aufgaben mit der Software zielführend erledigt werden können, sollte die Software-Oberfläche die Nutzergruppe bei der Navigation unterstützen, sie in ihren Handlungen anleiten und motivieren.

Dieser Bericht vermittelt ein umfassendes Verständnis für die Disziplin UX-Writing (das Schreiben von Texten für Softwareoberflächen) und gibt dabei konkrete Tipps und Best Practices, die in realen Software-Entwicklungsprojekten anwendbar sind.

UI-Writing: Text und Design – worauf kommt es an?

Jede Software-Oberfläche besteht stets aus Text und Design. Das Zusammenspiel beider Elemente wirkt sich auf die Usability aus und fördert zeitgleich das positive Nutzungserlebnis. Das Eine ohne das Andere ist also mehr oder weniger wertlos. Eine Oberfläche ganz ohne Text ist in der Regel sinnlos und unverständlich. Da können die Formen und Farben noch so schön sein (s. Abb. 1).

Dennoch ist es in der Praxis oft so, dass der Text dem Design nachgelagert, also zu spät im Software-Entwicklungsprozess bedacht wird. Es mangelt an einer Strategie für eine frühzeitige und wirksame Content-Erstellung. Meist wird unterschätzt, wie zeitraubend und komplex die Produktion guter Inhalte ist.

Ob es dann die Entwickler sind, die die Texte stellen oder die Designer selbst: In vielen Unternehmen wird den Wörtern für die Oberfläche zu wenig Beachtung zuteil. Der Fokus bei der Texterstellung liegt primär darin, dass die Wörter bestmöglich in das bereits festgelegte Design passen. Jedoch könnten Wörter so viel mehr bewirken als nur das Design zu "schmücken" [1]. Wenn wir ein digitales Produkt für gut befinden und leicht mit ihm interagieren können, dann unter anderem aufgrund der Texte. Nur wenn diese Texte klar, prägnant, verständlich und nützlich sind, ermöglichen sie uns Usern eine intuitive Produktnutzung.

UX-Writing als integraler Bestandteil des Designprozesses

Software-Produkte orientieren sich bereits seit den 1990er Jahren an den Bedürfnissen und Erwartungen der Nutzer. In dieser Zeit entstanden auch die Prinzipien und Praktiken des UX-Designs, wobei die Benutzeroberfläche und die Interaktionsmuster einer Software unter dem Aspekt der Nutzererfahrung gestaltet werden. Erst sehr viel später wurde neben der visuellen Gestaltung der Benutzeroberfläche auch die sprachliche Gestaltung eben dieser Oberfläche in den Fokus gerückt. Es wurde zunehmend erkannt, welchen massiven Einfluss Texte auf das Nutzungserlebnis haben. In der Folge hat sich das UX-Writing als eigenständige Disziplin innerhalb des UX-Designs sowie der Softwareentwicklung herausgebildet.

Beim UX-Writing handelt es sich demnach um die bewusste Berücksichtigung aller Wörter in einer Benutzeroberfläche, um eine digitale Erfahrung benutzerfreundlicher zu machen [2].
 
UX-Writer, die bewusst über den anzuzeigenden Text nachdenken,

  • agieren zielgruppenorientiert und beschäftigen sich eingehend mit den Bedürfnissen und Erwartungen der späteren User
  • entwickeln verschiedene Textentwürfe und prüfen, welcher die beste Benutzerführung auf der grafischen Oberfläche ermöglicht
  • texten konsistent nach einem vordefinierten Schreibleitfaden
  • berücksichtigen eine mögliche Lokalisierung
  • verfolgen das Ziel, die Nutzererfahrung zu verbessern, die Interaktion mit der Software zu erleichtern und das Vertrauen in eben diese zu stärken.

UX-Writing ist eine Disziplin, bei der es nur bedingt ums Marketing und um die Bildung einer Unternehmensstimme geht, sondern vielmehr darum, dass die Hilfe zum Software-Produkt dort angeboten wird, wo sie akut benötigt wird: nämlich in der Software selbst.

Das UX-Writing steht eng im Zusammenhang mit dem Copywriting sowie dem Schreiben von technischer Dokumentation, fokussiert sich jedoch spezifisch auf die Texte innerhalb einer Benutzeroberfläche, mit dem Ziel, dem User eine nahtlose, intuitive und positive Benutzererfahrung zu ermöglichen.

Die Macht der Mikrotexte

Die einzelnen Wörter und Texte auf der Software-Oberfläche können unterschiedliche Gestalt annehmen. Ob Überschrift, Buttonbeschriftung, Linktext, Fehlermeldung, Erfolgsmeldung, Tooltip oder Pop-up-Text: Es handelt sich dabei um sogenannte Mikrotexte (englisch: microcopy, microcontent oder auch UX/UI copy).

In komplexer Anwendungs-Software, wie sie in Unternehmen oder Organisationen zum Einsatz kommt, wird den Usern in der Regel ein umfangreiches Set an Funktionen geboten. Die Software wird zur Bearbeitung konkreter beruflicher Sachverhalte oder zur Verwaltung von Wissen und Prozessen genutzt und bietet häufig keine klar definierten Ein- und Ausstiegspunkte. Der Ablauf von Tätigkeiten mit solch einer Software ist stark situationsabhängig und nicht immer "straightforward" durchzuführen wie bei einfachen Endbenutzer-Applikationen. Exemplarisch kann hier eine Buchhaltungs-Software oder eine Software für Zahnarztpraxen genannt werden. Gelingt es dem UX-Writer nicht, komplexe Software-Vorgänge in einfachen Worten zu erklären, kann es auf Nutzerseite schnell zu Verständnisproblemen oder Fehlinterpretationen von Funktionen und Schaltflächen kommen. Ist ein Text zu lang, wird er unter Umständen nicht gelesen. Ist ein Text zu kurz, könnten dem Nutzer wichtige Informationen fehlen, die der Textersteller irrtümlicherweise als selbstverständlich vorausgesetzt hat. Insofern will die Erstellung von Mikrotexten wohlüberlegt sein.

Es kann einige Iterationen benötigen, bis ein Text aus UX-Writer-Sicht "in Ordnung" erscheint und bereit für den allgemeinen Usability-Test ist. Erst wenn Klarheit darüber besteht, wie "echte" Nutzer die Mikrotexte verstehen, besteht Gewissheit darüber, ob innerhalb der Software die richtige Wortwahl getroffen wurde.

"Don’t make me think"

Nutzer gehen davon aus, dass eine Software so "funktioniert", wie Sie es erwarten und dass Sie bei der Aufgabenbewältigung weder besonders viel nachdenken müssen, noch, dass Ihnen dabei Steine in den Weg gelegt werden. Steve Krug, der sich mit dem idealen Design für Webseiten auseinandersetzt, plädiert in seinem gleichnamigen Buch deshalb für "Don’t make me think" [3] (sinngemäß: "Don’t let your users think"). Das bedeutet: Nehmen Sie Ihre Nutzer an die Hand, leiten und motivieren Sie sie im Umgang mit den Funktionen Ihrer Software. Die Denkarbeit muss vorab bei Ihnen erfolgen, nicht durch die Nutzer während der Produktverwendung.

Software-Hersteller berichten immer wieder, dass einige ihrer (neuen) Produktfunktionen von den Nutzern überhaupt nicht eingesetzt werden. Auf Nachfrage, warum das so sein könnte, ergeben sich mehrere Gründe:

  • Nutzer wissen nicht um die Existenz der Funktion (mangelhafte Kommunikation durch die Release Notes).
  • Nutzer empfinden die Funktion als nicht nützlich bzw. wertvoll genug (unzureichende User Research).
  • Nutzer finden die Funktion nicht innerhalb der Software (schlechte Platzierung)
  • Nutzer wissen nicht, wie die Funktion genutzt wird, welche Folgeschritte sie auslöst und wo die Ein- und Ausstiegspunkte sind (ungenügendes UX-Writing).

Alle eben genannten Gründe ließen sich jedoch durch eine noch zielgruppenorientiertere Produktgestaltung sowie eine unmissverständliche Produktkommunikation vermeiden. In Bezug auf die Texte der Software-Oberfläche kommt genau hier das UX-Writing ins Spiel.

Der Einfluss von Mikrotexten auf die UX

Das UX-Writing zahlt sowohl auf die Usability ein als auch auf die User Experience. Denken Sie an moderne, innovative Apps oder SaaS-Produkte, die täglich wie Pilze aus dem Boden schießen. Durch stimmige, wohl überlegte Mikrotexte meistern es die Hersteller, die Gebrauchstauglichkeit des Produkts zu erhöhen.

Definition von Usability nach DIN ISO 9241-11

"[...] Usability ist das Ausmaß, in dem ein System durch bestimmte Benutzer in einem bestimmten Nutzungskontext genutzt werden kann, um bestimmte Ziele effektiv, effizient und zufriedenstellend zu erreichen."

Die Usability definiert die Nutzungs- oder Gebrauchstauglichkeit von Produkten. Sie beschreibt also eher den leistungsgetriebenen Teil der Produktnutzung. Indem eine Software klar und verständlich informiert, die Nutzer mittels Wörtern anleitet, motiviert und dabei empathisch agiert, machen die Nutzer automatisch eine bessere Erfahrung im Umgang mit dem digitalen Produkt. Im Umkehrschluss erhöht dies die Kundenzufriedenheit sowie die Kundenbindung und reduziert die Supportkosten.

Definition von User Experience nach DIN ISO 9241- 210

"[...] Wahrnehmungen und Reaktionen einer Person, die aus der tatsächlichen und/oder der erwarteten Benutzung eines Produkts, eines Systems oder einer Dienstleistung resultieren. [...] Dies umfasst alle Emotionen, Vorstellungen, Vorlieben, Verhaltensweisen und Leistungen, die sich vor, während und nach der Nutzung ergeben."

Die User Experience beschreibt das Nutzungserlebnis bzw. die Nutzungserfahrung und damit den rein emotionalen Teil der Produktnutzung.

Nach allem, was Sie bisher über Mikrotexte erfahren haben, stellen Sie sich einmal diese Frage: Trägt UX-Writing mit seinem Einfluss nicht unmittelbar zur Erreichung der geschäftlichen Ziele eines Produkts oder Unternehmens bei?

Mit welchen konkreten Prinzipien und Tipps Sie bei Ihren Nutzern für eine bessere Benutzererfahrung sorgen, möchte ich im nächsten Abschnitt anhand von Best Practices veranschaulichen.

Best Practices im UX-Writing

Bei Berücksichtigung grundlegender Prinzipien kann eine effektive und zugleich konsistente Texterstellung erfolgen. Diverse Fachbücher und Online-Quellen bieten unzählige Tipps an, wie das Schreiben erlernt und ein einheitlicher Texterstellungsprozess geschaffen werden kann. Es ist ratsam, aus dieser Fülle an Tricks eigene, unternehmensspezifische Regeln abzuleiten und einen individuellen Leitfaden auszuarbeiten.

Benutzerzentrierte Sprache & Conversational Writing

Ein wesentlicher Grundsatz bei der Erstellung von Mikrotexten ist die Verwendung einer benutzerzentrierten Sprache, bei der der Nutzer stets im Mittelpunkt steht. Zudem sollten Mikrotexte menschlich wirken und die Interaktion fördern. Ist unsere Microcopy zu formal, steif oder "spießig", wirkt das nicht menschlich und mitunter auch monoton. Machen Sie sich deshalb das "gesprächshafte Schreiben" (englisch: conversational writing) zunutze. Darunter wird eine Kombination aus schriftlichem Stil und gesprochener Sprache verstanden, so, als würden Sie beispielsweise mit einem Kunden oder dem Bürgermeister sprechen.

Nicht: "Der Account existiert nicht."
Besser: "Zu diesem Benutzernamen ist kein Account hinterlegt. Möchten Sie einen anderen Benutzernamen eingeben oder einen neuen Account anlegen?"

Mikrotexte und Prägnanz

Es gilt, Mikrotexte so knapp und bündig wie möglich zu erstellen und unnötige Wörter zu vermeiden. Das bedeutet nicht zwingend, dass die Mikrotexte extrem kurz sein oder gar abgekürzt werden müssen. Es bedeutet auch nicht, dass auf sämtliche Füllwörter wie z. B. "nur", "wirklich" oder "doch" verzichtet werden muss. Achten Sie darauf, Texte zu schreiben, in denen jedes Wort eine Aufgabe hat. Erstellen Sie Sätze, in denen das Wichtigste am Satzanfang steht. Wussten Sie, dass wir Menschen häufig nur die ersten elf Zeichen eines Satzes oder einer Überschrift (ca. 2 Wörter) lesen? Die wichtige Information muss daher sofort zu finden sein!

Vorsicht: Manche der hier genannten Prinzipien und Regeln stehen in gewisser Weise im Konflikt. Obgleich die Abfrage "Änderungen speichern?" besonders prägnant ist, ist sie leider nicht gesprächshaft und fördert die Interaktion mit dem User deutlich weniger als "Möchtest Du deine Änderungen speichern?". Es ist Aufgabe des UX-Writers, in jeder Situation eine gute Balance zwischen den Prinzipien und Regeln zu finden!

Klarheit der Mikrotexte

Das Prinzip der Klarheit gilt insbesondere bei Buttonbezeichnungen und Meldungstexten. In diesen Fällen muss der Mikrotext eindeutig darüber informieren, was der User zu tun hat, was nach einer Aktion passieren wird und welche Optionen es gibt.

Verständlichkeit der Mikrotexte

Ein guter Mikrotext vermeidet Slang und zu spezifische Fach- oder Systemsprache. Die Satzstruktur sollte simpel und die Sätze sollten inhaltlich logisch sein. Software- oder branchenspezifisches Vokabular wird entsprechend dem Wissensgrad der Zielgruppe gewählt oder angemessen erklärt. Informationen wie die nachfolgende, sind aufgrund von Länge, Verschachtelung, Fachjargon und fehlender Struktur nur schwer zu erfassen und daher unverständlich:

"4.5.1 Für auf unbestimmte Dauer geschlossene Abonnements, die vor dem 1. März 2022 gemäß Ziffer 4.1.2 bzw. 4.1.3 abgeschlossen wurden, gilt nachfolgend (a) und für auf unbestimmte Dauer geschlossene Abonnements, die seit dem 1. März 2022 gemäß Ziffer 4.1.2 bzw. 4.1.3 abgeschlossen wurden, gilt nachfolgend (b). (a) Auf unbestimmte Dauer geschlossene Abonnements können mit einer Kündigungsfrist von vier (4) Wochen zum Ablauf des Vorausberechnungszeitraumes gekündigt werden. Der Vorausberechnungszeitraum beträgt längstens ein (1) Jahr." [4]

UX-Writing: Information

Eine der wesentlichen Aufgaben von Mikrotexten ist es, die Nutzergruppe rund um die Software zu informieren. Solche Informationen sind nicht nur dann nützlich, wenn der Umgang mit dem digitalen Produkt erstmalig erlernt wird; auch für erfahrene User sind erklärende Texte, Beschreibungen, Hinweise und Tipps stets lehrreich und von hohem Nutzen. Darunter fällt die Beantwortung folgender Fragen:

  • Welche Elemente gibt es auf der Oberfläche?
    Welche Funktionen stehen zur Verfügung und was bewirken sie?
  • Welche Auswahlmöglichkeiten stehen dem User zur Verfügung?
  • Was bewirkt eine bestimmte Handlung des Users?
  • Wo können Werte/Parameter/Angaben gefunden werden, deren Eingabe erforderlich ist?
  • Welche Tastenkombinationen erleichtern die Bedienung der Software?

Anleitung & Motivation

Waren auch Sie beim Online-Einkauf einmal verwundert (verärgert?) darüber, dass nicht zeitnah eine Systemrückmeldung bezüglich einer Zahlung erfolgt ist? Was tun, wenn die Meldung "Buchung erfolgreich" ausbleibt oder wenn nicht erkennbar ist, ob sich im Hintergrund der Webseite/App irgendetwas tut? Haben Sie einen Bezahlvorgang aus diesen Gründen auch schon abgebrochen?

Wenn Mikrotexte den User hingegen informieren, wie lange es noch dauert, um das Ziel zu erreichen, sind wir eher gewillt, die Aktion abzuschließen. Im Übrigen sollten Systemrückmeldungen innerhalb von 400 ms erfolgen, d. h. eine Antwort sollte ca. innerhalb einer Sekunde nach der Benutzeraktion angezeigt werden [5].

Bei der Eingabeaufforderung von persönlichen Daten, Bezahlvorgängen sowie Löschvorgängen können auf Nutzerseite leicht Unsicherheiten entstehen:

  • "Was passiert mit meinen Daten?"
  • "Warum wird diese Eingabe benötigt?"
  • "Ist meine Aktion endgültig oder kann ich jederzeit einen Schritt zurückgehen?"

Mit wirksamen Mikrotexten kann diesen Unsicherheiten direkt entgegengewirkt werden, (s. Abb. 10).

UX-Writing: Weitere Best Practices

Der Berufsverband der Deutschen Usability und User Experience Professionals "German UPA" hat darüber hinaus fünf weitere Heuristiken entwickelt, an die man sich anlehnen kann [4]:

  1. Strukturiertheit: Größere Texteinheiten werden inhaltlich durch z. B. Absätze und Auflistungen gegliedert; Wichtiges wird hervorgehoben, um für das menschliche Auge besser scannbar zu sein.
  2. Empathie: Durch passendes Vokabular und angemessene Tonalität wird eine emotionale Bindung zum User aufgebaut. Die Mikrotexte nehmen Bezug auf den Kontext bzw. die Situation, und zwar aus Sicht der Nutzer.
  3. Markenkonformität: Die Kommunikation mit den Usern erfolgt gemäß der Markenstimme, z. B. hinsichtlich Stil, User-Ansprache, Terminologie. Mikrotexte wirken damit authentisch und konsistent.
  4. Einheitlichkeit: Sämtliche Mikrotexte folgen (auch produktübergreifend) verlässlich einem bestimmten Muster, sowohl bezüglich Formulierung als auch Struktur.
  5. Fehlerfreiheit: Grundsätzlich sind Mikrotexte orthografisch und grammatikalisch richtig, auch in den Zielsprachen.

Das Ziel aller Bemühungen sind nützliche Mikrotexte

Beherzigt ein UX-Writer diese Prinzipien und Regeln, erfüllen die Mikrotexte ihren Zweck: Sie sind für den User dienlich, unterstützen ihn, leiten ihn Schritt für Schritt in seinem Tun an. Sie motivieren ihn, beseitigen technische Barrieren, beantworten vorausschauend seine Fragen und erfüllen mit alledem seine Bedürfnisse.

Basiswissen Psychologie für bessere Mikrotexte

Zu wissen, wie das menschliche Gehirn eine Benutzeroberfläche wahrnimmt und mit ihr interagiert, kann sehr nützlich sein. Je mehr wir darüber Bescheid wissen, desto besser können wir die Erkenntnisse im UX-Writing umsetzen. Die "Nutzerforschung" als Teilbereich der Psychologie untersucht das Erleben und das Verhalten von Nutzern bei der Verwendung eines Produkts. Nutzerforschung ist wichtig...

  • zur menschzentrierten Produktgestaltung
  • zum Erreichen einer hohen Gebrauchstauglichkeit im Umgang mit einem Produkt
  • zur Erreichung einer guten User Experience im Umgang mit einem Produkt.

"UX is people", sagt Tanner Kohler, User Experience-Spezialist bei der Nielsen Norman Group [6]. Wer sich mit UX beschäftigt, muss sich mit den Zielen und Erwartungen seiner Nutzer auseinandersetzen.

Die kognitive Belastung reduzieren

Um die Usability eines Produkts zu maximieren, gilt es, die kognitive Belastung für die Nutzer zu reduzieren. Das gelingt auf sprachlicher Ebene zum Beispiel so:

  • zu lange oder zu komplexe Texte in sinnvolle Einheiten "portionieren", um den Scanvorgang des menschlichen Gehirns zu unterstützen
  • prägnante, präzise und einheitliche Formulierungen verwenden
  • mit Formatierungen und Hervorhebungen arbeiten, um das Wichtige zu markieren
  • passive Konstruktionen, wo möglich und sinnvoll, vermeiden und die Nutzer mittels aktiver Sprache und Pronomen direkt ansprechen.

Bei Entscheidungen unterstützen

Um die Usability eines Produkts zu maximieren, ist es weiterhin ratsam, den Nutzer beim Entscheidungsprozess zu unterstützen, indem die Auswahlmöglichkeiten reduziert bzw. kategorisiert und erklärt werden. Wenn wir Menschen sehr viele Optionen zur Auswahl haben, entscheiden wir uns nämlich oft für die erstbeste.

Der Mensch ist ein Gewohnheitstier

Nutzer erwarten von einem Softwareprodukt, dass es sich intuitiv bedienen lässt, d. h. so, wie sie es von anderen Programmen oder Webseiten kennen. Um die Emotionen der Nutzer anzusprechen und deren Vertrauen zu gewinnen, sollten deshalb Elemente/Funktionen und Texte genutzt werden, die bekannt und bewährt sind. Nutzen Sie lieber den klassischen "Warenkorb" als den innovativen "Einkaufsschlitten". Bezeichnen Sie einen Befehl mit "kopieren" anstatt "klonen" (sofern dasselbe gemeint ist). Neue Elemente und Funktionen hingegen müssen schnell verständlich sein und mehrdeutige Texte vermieden werden. In der Fachliteratur finden sich unzählige weitere Prinzipien und Gesetze. Die oben genannten Beispiele sollen an dieser Stelle verdeutlichen, wie Sprache die Wahrnehmung positiv/negativ beeinflussen kann.  

Die Rolle von UX-Writing in der Software-Entwicklung und im Designprozess

Wer frühzeitig an die sprachliche Gestaltung der Software-Oberfläche denkt, zahlt langfristig auf die unternehmerischen Ziele ein. Zunächst empfiehlt es sich, ein gemeinsames Verständnis im Team aufzubauen und festzulegen, wie das Team z. B. guten oder exzellenten Content für Software-Oberflächen definiert. Anschließend können die strategische Ausrichtung, die Erwartungen und Ziele der neuen Texterstellungs-Strategie geklärt werden. Es müssen zudem die Rollen, Aufgaben und Prozesse definiert werden, die dem UX-Writing zugrunde liegen.

Die Einbindung von UX-Writing sollte von Anfang an im Produktentwicklungsprozess berücksichtigt werden. Entwickler, Designer und UX-Writer sollten Hand in Hand arbeiten. UX-Writer werden dabei in Entwickler-Meetings involviert, sind an der Designgestaltung beteiligt, dürfen Interviews mit Fachexperten führen, spielen die Software-Abläufe bis ins kleinste Detail nach und erstellen beizeiten Textentwürfe für Mockups, die ihnen bereitgestellt wurden.

Ausgebildete UX-Writer gibt es leider nicht wie Sand am Meer, doch die dafür benötigten fachlichen Skills können sich bestehende Mitarbeiter aneignen, sofern sie gewillt sind, sich weiterzubilden und die entsprechende Befugnis erhalten haben. Ein guter UX-Writer bringt Kommunikationsfähigkeiten und Durchsetzungsvermögen mit, Kenntnisse im Webdesign und der User Experience sowie der Nutzerforschung.

Maßgeblich für den Erfolg von UX-Writing und Grundlage für Verbesserungen ist das gezielte Einholen von Nutzer-Feedback zum Content auf den Software-Oberflächen. Das Produktentwicklungsteam muss verstehen, welche Sätze, Wörter, Beschreibungen und Botschaften auf Resonanz stoßen, verwirren oder das Vertrauen entziehen. Die Validierung der Texte erfolgt mittels Nutzeranalysen und Daten, um zu erfahren, ob die Mikrotexte so funktionieren, wie es gedacht ist. Hilfreiche und bewährte Methoden zur Validierung sind zum Beispiel A/B-Tests, Umfragen, Aufgabenanalysen, Beobachtungen, Tagebücher, Eye-Tracking-Tests.

UX-Writing: Fazit

Jeder von uns macht täglich neue digitale Erfahrungen beim Umgang mit Software-Produkten und Apps. Die Nutzererwartungen werden auch in Zukunft stetig steigen. UX-Writing ist ein unverzichtbarer Bestandteil moderner Software-Entwicklung und ein entscheidender Faktor dafür, ob sich Software-Produkte auf dem Markt dauerhaft etablieren. Software-Hersteller, die den Wert dieser Disziplin erkennen, schaffen nicht nur ein besseres Nutzungserlebnis, sondern stärken auch das Vertrauen in ihre Marke und geben ihren Kunden zurück, was diese erwarten. UX-Writing ist nichts, was man nachträglich noch dem Design "hinzugibt"; UX-Writing muss von Anfang an als strategischer Schachzug mit in den Designprozess integriert werden.

Quellen
  1. STYRZ: UX-Writing in der Technischen Kommunikation
  2. Sinngemäß übersetztes Zitat von Gretha van der Merwe
  3. Steve Krug: Don’t make me think, 3. Auflage, mitp
  4. German UPA: Leitfaden UX-Writing
  5. Ergebnis einer Forschungsarbeit von IBM-Mitarbeiter Walter J. Doherty, IBM Systems Journal
  6. NN/g

Weitere Informationen

  • Kinneret Yifrah: UX Writing & Microcopy, Rheinwerk
  • Yael Ben-David: The Business of UX-Writing, A Book Apart
  • Torrey Podmajersky: Strategic Writing for UX, O’Reilly
  • Jon Yablonski: Laws of UX, O’Reilly
  • The UX Writing Library
  • Medium: UX Writing
  • German UPA: Veröffentlichungen

Autorin
Das könnte Sie auch interessieren

Neuen Kommentar schreiben

Kommentare (0)