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Ulrike Scheibler 14. August 2024

Zum 100. Geburtstag zweier Gründungsväter der Informatik in Deutschland

Professor Dr.-Ing. Robert Piloty – bringt als Fachmann in Entscheidungsgremien das Studienfach Informatik auf den Weg

Obwohl sich in den angeführten Quellen nur ein Hinweis darauf findet, dass Robert Piloty mit Friedrich Ludwig Bauer zusammengearbeitet hat, könnte man annehmen, dass sie sich nicht nur beim Projekt PERM begegnet sind, denn ihre Lebenswege und ihr Schaffen weisen so einige Parallelen auf…

Dem Vater nachgeeifert

1924 in München geboren, würde auch Robert Piloty in diesem Jahr seinen 100. Geburtstag feiern. Den Namen seines Vaters Hans Piloty findet man ebenso in der Reihe derer, die sich verdient gemacht haben um die Rechentechnik in Deutschland. Als Elektroingenieur und Nachrichtentechniker leitete er das Projekt PERM an der TH München und wird seinen Sohn sicher bei der Berufswahl inspiriert haben. Während der Arbeit an der PERM sind Vater und Sohn Kollegen.

Nachdem Robert Piloty in der Zeit des Arbeitsdienstes 1942 verletzt wurde, blieb ihm der Fronteinsatz erspart. Er konnte sich stattdessen dem Studium der Fernmeldetechnik zuwenden und bereits 1948 promovieren. Zum Projekt PERM soll ihn sein Aufenthalt am MIT (Massachusetts Institute of Technology) angeregt haben.

PERM

Robert Piloty gilt als ein Pionier für die Konstruktion programmgesteuerter Rechenanlagen. Das Projekt PERM (Programmgesteuerte elektronische Rechenanlage München) beschäftigte ihn ab 1949 einige Jahre. Unter der Gesamtleitung seines Vaters forschten und entwickelten an seiner Seite auch Friedrich Ludwig Bauer und Klaus Samelson sowie Bauers Doktorvater Robert Sauer.

Die PERM stellte nicht einfach nur ein Testmodell dar. Es handelte sich hierbei um eine voll funktionstüchtige digitale Rechenanlage, welche seit 1956 in Betrieb war und im Leibniz-Rechenzentrum München fast zwei Jahrzehnte den Arbeitsmittelpunkt darstellte. 1974 wurde die Anlage stillgelegt, heute ist sie im Deutschen Museum München zu besichtigen.

Zürich, Stuttgart, München, Darmstadt

Pilotys Forschungstätigkeit war verbunden mit verschiedenen Wirkungsstätten. 1956 fungierte er bei IBM im Züricher Forschungslaboratorium als stellvertretender Leiter, wechselte ein Jahr später zu Standard Elektrik Lorenz und war dort als Entwicklungsleiter und Prokurist tätig. Ab 1961 begann seine Lehrtätigkeit als Professor an der Fakultät für Elektrotechnik der Technischen Hochschule München, 1964 erfolgte seine Berufung an die Technische Hochschule Darmstadt - die heutige Technische Universität wurde sein Tätigkeitsmittelpunkt. In der damaligen Hochschule hatte er den Lehrstuhl für Nachrichtenverarbeitung inne und gründete das Institut für Nachrichtenverarbeitung, das heutige Institut für Datentechnik.

Und hier begannen auch seine außerordentlichen Bemühungen um die Informatik in Deutschland. Wie bereits im Artikel über Friedrich Ludwig Bauer erwähnt, existierte bis zum Ende der 1960er Jahre Informatik als eigenständige Fachdisziplin nicht. Sie entwickelte sich aus den Disziplinen Mathematik und Elektrotechnik.
Robert Piloty engagierte sich als Fachmann direkt in den Entscheidungsgremien der Regierung, denn es ging um nichts Geringeres als die feste Etablierung der Informatik als eigenständige Fachdisziplin an den Hochschulen und Universitäten. Und wer hätte da kompetenter sein können als ein praxiserprobter Professor der Elektrotechnik?

Und so findet man Pilotys Namen im Fachbeirat Datenverarbeitung der Bundesregierung und unter den Initiatoren des "Überregionalen Forschungsprogramms Informatik", welches 1970 vom Bundesministerium für Forschung und Technologie gestartet wurde. Er fungierte als Leiter des Sachverständigenkreises dieser Initiative und gehörte selbstredend auch zu den Gründungsmitgliedern der Gesellschaft für Informatik – so wie auch Friedrich Ludwig Bauer – und war im Vorstand tätig.

Durch sein beharrliches Engagement als Leiter der Senatskommission zur Einrichtung eines Studienganges Informatik und Mitglied des späteren Gründungsausschusses trug er wesentlich dazu bei, dass 1972 der Fachbereich Informatik auch an der Technischen Hochschule Darmstadt eingerichtet wurde.

Robert Piloty vertrat ebenso international viele Jahre die deutsche Informatik – als Mitglied der Generalversammlung der International Federation for Information Processing (IFIP), deren Vizepräsident er von 1979-1984 war.

Was bleibt? Würdigungen und eine Baustelle

1989 erhält Robert Piloty die Konrad-Zuse-Medaille durch die Gesellschaft für Informatik und an der TU Darmstadt wird alle zwei Jahre der Robert-Piloty-Preis (dotiert mit 10.000 Euro und mit einer Medaille versehen) "für herausragende Leistungen sowie außergewöhnliche Forschungs- und Entwicklungsarbeiten auf den Gebieten der Informatik, der Elektrotechnik und Informationstechnik sowie der Angewandten Mathematik vergeben" [1].

Außerdem erhält im Jahre 2004 das neu errichtete Informatikgebäude der Technischen Universität Darmstadt Robert Pilotys Namen. Es mutet schon fast kurios an oder einfach auch nur bedenklich: Im Dezember 2023 wird der darin befindliche große Hörsaal gesperrt – wegen Baumängeln. Und so ist auch Pilotys Andenken ebenso wie bei Friedrich Ludwig Bauer derzeit an eine Baustelle gebunden – vielleicht ein Sinnbild für den derzeitigen "Umbau" oder die "Sanierung" der unter Fachkräftemangel leidenden Gesellschaft – nicht nur in der Informatik?!

Robert Piloty verstarb 2013.

Autorin
Ulrike Scheibler

Ulrike Scheibler

Ulrike Scheibler hat an der Hochschule in Dresden Pädagogik studiert und war von 1989 bis 2021 Lehrerin für Deutsch und Geschichte und Klassenleiterin in Brandenburg und Sachsen.
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