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Ernst Tiemeyer 14. Februar 2023

Next Generation EA-Management und EA-Governance

Leitplanken und Konzepte zur Weiterentwicklung von EAM

Eine integrierte Planung und Steuerung von Business-IT-Landschaften hat in den letzten Jahren einen immer höheren Stellenwert für das Management der Unternehmens-IT und die Enterprise-IT-Governance erlangt. Dazu gilt es, mit qualifiziertem Personal sowie geeigneten Instrumenten und Tools ein Enterprise-Architecture-Management (kurz EAM) mit entsprechender EA-Governance zu etablieren und umzusetzen. Hierfür bedarf es unter anderem innovativer Konzepte und Maßnahmen, die eine kontinuierliche Weiterentwicklung der EA-Handlungsfelder gewährleisten und so einen erfolgreichen Transfer zu einer digitalen (datengetriebenen) Organisation ermöglichen.

Aus­gangspunkt für das Architekturmanagement war lange Zeit das rein auf IT-Systeme (Applikationen, Daten) und Informations- und Kommunikations­tech­nologien (Infrastrukturen, Netze, Plattformen) bezogene IT-Landscape-Management. Mit dem Konzept der Enterprise-Architecture (Unternehmensarchitektur) und der Verwendung des Kürzels EAM erweiterte sich die reine IT-Sicht (die IT-Architektur) um Geschäftskomponenten. Damit werden nun auch organisatorische Aspekte sowie strategische Denk- und Handlungsweisen (Business Capabilities, Geschäftsprozesse, Geschäftsobjekte) integriert einbezogen. Dies bietet die Chance, dass die IT-Solutions einen messbaren Wertbeitrag zum Unternehmenserfolg erbringen (Business Value).

Welche Konzepte und Aktivitäten heute und künftig für nachhaltige EA-Planungen und EA-Governance wichtig sind und wie daraus geeignete Maßnahmen für das Management von IT-Transformationen ableitbar sind, das zeigt Ihnen der nachfolgende Beitrag. So werden Sie angeregt, integrierte Konzepte zu den Ziel-Business-IT-Landschaften zu entwickeln sowie Methoden und Instrumente für eine unternehmensweite Implementierung und Steuerung (Governance) gezielt anzuwenden.

Ausgangssituation und Herausforderungen

Wo liegen die typischen Herausforderungen für ein erfolgreiches EA-Management und die damit verbundene Enterprise- IT-Governance? Von besonderer Relevanz sind aktuell neben regulatorischen Anforderungen vor allem die ganzheitliche Entwicklung und nachhaltige Gestaltung einer integrierten Enterprise-Architektur mit einer Bereitstellung von Entwürfen und darauf bezogener Roadmaps. Unverzichtbar ist hierbei die Berücksichtigung der Wechselwirkungen zwischen den verschiedenen Bausteinen der Unternehmensarchitektur (bestehend aus Business, Data, Application und Technologie). Nur so können zukunftsorientierte integrierte Business-IT-Lösungen (Solutions) entwickelt und implementiert werden.

Um die vielfältigen Anforderungen und Herausforderungen für ein modernes IT-Architekturmanagement/EAM in der Praxis von Wirtschaft und Verwaltung erfolgreich bewältigen zu können, sind umfassende und handlungsorientierte Managementkompetenzen für die EA-Planung und die EA-Governance erforderlich,:

  • So sollten die EA-Leader mit ihren EA-Planungs- und Entwicklungsteams (ebenso wie CEOs und CIOs) über ganzheitliches Wissen aus allen wesentlichen Architekturbereichen und Aktionsfeldern des Enterprise-Architekturmanagements verfügen (von der Geschäftsarchitektur, der Applikationsarchitektur, der Daten- und Informationsarchitektur bis hin zur Technologiearchitektur).
  • Durch die Unternehmensleitung und das IT-Management ist festzulegen, wie eine organisationsspezifische Verankerung des Unternehmens-IT-Architekturmanagements aussehen soll (Rollen, Prozesse etc.). Neben der Einrichtung von Gremien für die EA-Governance sind auch EA-Leitplanken zu vereinbaren sowie ggf. KPIs für eine laufende EA-Steuerung bereitzustellen.
  • Im EA-Board (besetzt mit EA-Leadern sowie Vertretern aus dem Business- und IT-Management) muss datenbasiert entschieden werden, wie die Unternehmens-IT-Architekturen in den jeweiligen Domänen gestaltet werden. Über Roadmaps können dann die nötigen Vorhaben vereinbart und erfolgreich umgesetzt werden (etwa über die Auswertung von Gap-, Impact- und Risikoanalysen).

Im Rahmen des Enterprise-Architecture-Managements (EAM) sind Entscheidungen darüber zu treffen, wie eine standardisierte Entwicklung, Integration, Implementation und Wartung (Modifikation) von IT-Solutions und IT-Architekturen aufgrund von Business-IT-Strategien erfolgen kann. Dabei kommt es aus Governance-Sicht für die Gesamtorganisation auf eine Harmonisierung der Architekturen (insbesondere der Applikations-, Daten- und Technologie-Architekturen) an, wobei entsprechende Standards zu definieren und über Richtlinien zu fixieren sind.

EA-Management und EA-Governance – Handlungsbedarfe

Die eingangs skizzierten Herausforderungen müssen bei der Entwicklung der künftigen Handlungsfelder von EAM einen konsistenten Gestaltungsrahmen für die EA-Planer und Entscheidungsträger bilden. Darüber hinaus lassen sich die Handlungsfelder auch aus Good Practices anderer Organisationen ableiten.

Abb. 1 zeigt die wesentlichen Handlungsfelder, die für das Enterprise-Architecture verbreitet sind:

Die in der Übersicht genannten Handlungsfelder "Anwendungslandschaft modernisieren", "EA-Bebauungsplanungen etablieren", "Solution Deliveries enablen" sowie die "Projektbegleitung" sind bereits seit vielen Jahren klassische Tätigkeitsgebiete für Enterprise-IT-Architekten. Sie haben mittlerweile jedoch vielfach eine neue, moderne Ausprägung aufgrund aktueller Herausforderungen und Trends bekommen.

Tätigkeiten von Enterprise-/IT-Architekten erfahren mit der zunehmenden Digitalisierung und Automatisierung (inkl. KI) gravierende Veränderungen – vom Konsolidierer und Dokumentator der IT-Landschaft entwickeln sich EA-Verantwortliche zu Planern, Entscheidern, Gestaltern und Innovatoren von Unternehmenslandschaften.

Mit der Weiterentwicklung der Rolle von Enterprise-IT-Architekten ergeben sich gerade im Zeitalter der Digitalisierung und Künstlichen Intelligenz sowie agiler Arbeitsweisen neue Handlungsbedarfe. Nachfolgend einige Beispiele, die denkbare neue oder veränderten Handlungsfelder für Enterprise-IT-Architekten skizzieren [1]:

  • Beteiligung der EA an den vielfältigen Gestaltungsoptionen der Digitalisierung; z. B. Entwurf bzw. Gestaltung digitaler Geschäftsfelder und Produkte sowie Erarbeitung von Konzepten zur Umsetzung neuer Geschäftsmodelle.
  • Stärkere Beteiligung des EAMs an der Umsetzung anspruchsvoller, komplexer Business-IT-Projekte (Transformationen).
  • Konzeption und umfassende Unterstützung von Solution Delivery.
  • Architekturmodellierung für den Entwurf bzw. die Optimierung von datengetriebenen Unternehmen (Data Governance, Data-Mesh-Konzeption).
  • Stärkere Einbeziehung von Enterprise-Architekten bei regulativen und GRC-Themen (etwa Stützung von DSGVO-Anforderungen sowie der Umsetzung des Lieferkettengesetzes).

Beachten Sie: Das gezielte Planen und Verwalten der Enterprise-Architekturen ist kein Selbstzweck. Ihr Ziel ist letztlich die Entwicklung von Entscheidungshilfen, um die Bereitstellung von geeigneten Applikationen, Informationssystemen sowie anpassungsfähigen IT-Infrastrukturen und Cloud-Services zu gewährleisten, die ein zuverlässiges IT-Operating sichern. Damit können gleichzeitig die Geschäftsprozesse des Unternehmens bei hoher Kundenzufriedenheit optimal unterstützt werden.

Eine besondere Herausforderung stellt in diesem Zusammenhang die EA-Governance dar. Sie sichert eine abgestimmte, gezielte Steuerung der IT-Landschaft, gewährleistet die Aktualität der Daten des EAM-Systems und eine Weiterentwicklung der EA. Dabei geht es um Organisation, Prozesse sowie Architekturmechanismen:

  • Im Rahmen der EA-Governance-Organisation sind wichtige Rollen (Enterprise-Architekten, Solution- und Domänen-Architekten) sowie Verantwortlichkeiten und Gremien (Boards etc.) festzulegen.
  • Zu den EA-Governance-Prozessen zählen vor allem die Formulierung von Architekturprinzipien und -Guidelines, eine kontinuierliche Bewertung der Architekturbereiche, Risikomanagementprozesse zu vorhandenen Architekturen sowie das Controlling der Zielerreichung (mit KPIs).
  • Wichtige Architekturmechanismen sind: Entwicklung und Vorgabe von Richtlinien für die Dokumentation der IT-Landschaft (z. B. Modellierungsrichtlinien) sowie die Vereinbarung eines Pflegekonzepts mit Regelungen zur Datenbeschaffung und Datenbereitstellung (Lieferung).

Während Unternehmensarchitekturmanagement traditionell eher auf eine Planung und Steuerung über Vorgaben ausgerichtet war, haben sich mittlerweile Neu-Orientierungen sowie neue Handlungsfelder für das EAM ergänzend oder alternativ etabliert. Dabei wird ein besonderer Fokus zunehmend auf Handlungsfelder und Use Cases gelegt, die den Unternehmen einen Mehrwert und umsetzbare Erkenntnisse liefern können (mit Orientierung am Business Value). Beispiele für neue Handlungsfelder sind das Enablen datengesteuerter Organisationen, das Unterstützen digitaler Transformations- und Change-Aktivitäten sowie IT-GRC oder interne/s Beratung/Coaching.

Leitplanken und Leitlinien für Next-Generation EAM

Neben einer Analyse und Gestaltung der organisatorischen Rahmenbedingungen für ein EAM sind für eine Weiterentwicklung Leitplanken zu vereinbaren und Leitlinien zu berücksichtigen. So können mittels einer Roadmap die Handlungsfelder im EAM bzw. von Enterprise-IT-Architekten zukunftsgerecht bestimmt und etabliert werden.

Als aktuelle Leitplanken für ein am Business Value ausgerichtetes EAM sind folgende Positionierungen prioritär [2]:

  • EAM als Innovationsmotor im Unternehmen
  • EAM als Enabler datengesteuerter Organisationen
  • EAM als Treiber der Digitalisierung bzw. digitaler Transformationsvorhaben
  • EAM als Garant für das Erfüllen regulativer und resilienter Anforderungen

EAM wird zum Innovationsmotor im Unternehmen

Enterprise-IT-Architekten nehmen bereits heute wichtige Aufgaben bei Entscheidungen über Technologieinnovationen wahr. Ergänzend erfordert es auch ein Involvieren der Enterprise-Architekten bei Innovationsinitiativen ("die richtigen Innovationen machen"), indem die Einsatzpotenziale neuer Technologien und Verfahren rechtzeitig erkannt werden. Die damit verbundenen Migrations- und Umsetzungsmaßnahmen können unter Berücksichtigung von Impact-Analysen erfolgreich konzipiert und realisiert werden ("Innovation ganzheitlich richtig implementieren").

Eine moderne Verankerung von Enterprise-Architecture-Aufgaben muss so organisiert sein, dass das EAM eine Schlüsselrolle für die Planung und Umsetzung von strategischen Geschäfts- und IT-Zielen übernimmt. EAM kann für die Organisation einen wesentlichen Beitrag leisten, effizient zu arbeiten, Silos zu durchbrechen, Optimierungspotenziale zu identifizieren sowie Risiken und Chancen im Zusammenhang mit dem Einsatz intelligenter Technologien zu bewerten.

Enterprise-IT-Architekten sind entscheidende Enabler datengesteuerter Organisationen

Enterprise-Architecture-Management spielt immer mehr eine Schlüsselrolle beim Aufbau und der kontinuierlichen Weiterentwicklung einer datengesteuerten Organisation. Man spricht hier auch von einem Trend zum data centric EAM. Dabei ist für die Entwurfs- und Umsetzungsphase von Solutions in datengetriebenen Unternehmen ein Denken und Handeln nötig, das eine unternehmensweite Sicht der Datenanforderungen bereitstellt.

Dazu sind die strategischen Geschäftsprioritäten auf die technologischen und applikationsbezogenen Voraussetzungen abzustimmen. Da der organisatorische Bedarf an Daten und Analysen wächst, werden Enterprise-Architekten benötigt, die ihre ganzheitliche Unternehmenssicht nutzen, um dabei die Geschäftsprioritäten mit der Datenarchitektur bzw. den Applikations- und Technologielandschaften erfolgreich zu verknüpfen. Im Ergebnis kann so sichergestellt werden, dass mit dem Bereitstellen integrierter Architekturentwürfe Entscheidungsträger über die Daten verfügen, die sie benötigen, um Geschäftsergebnisse zu erzielen.

In einer datengesteuerten digitalen Wirtschaft müssen Unternehmen verstehen, wie sie Daten besser nutzen können, um ihr Geschäftswachstum anzukurbeln. Aufgabe der Enterprise-Architekten muss es sein, für Unternehmens-Organisationen ganzheitliche Konzepte dafür zu entwickeln, wie Daten erfasst und aus verschiedenen Systemen, Applikationen und Prozessen fließen, um Geschäftsdaten in Echtzeit in Systemen/Applikationen bereitzustellen.

Enterprise-IT-Architekten sind Treiber der Digitalisierung bzw. der digitalen Transformation

Eine besondere Schlüsselrolle für Enterprise-Architekten liegt in der Planung und Umsetzung digitaler Transformationen. EAM-Kompetenz ist für die Auswahl und für die erfolgreiche Steuerung digitaler Transformationsvorhaben unverzichtbar.
Ausgangspunkt für das Umsetzen digitaler Transformationsvorhaben bzw. komplexer Projekte ist in der Regel ein vereinbartes Portfolio, das aufzeigt, welche digitalen Projekte in Angriff genommen werden sollen. Für alle digitalen Projekte des Portfolios sind frühzeitig Überlegungen darüber anzustellen, welche Unternehmens-IT-Architekturen (Entwicklungswerkzeuge, Applikationen, Daten, Devices, Infrastrukturen und Plattformen) bezüglich der Projektentwicklung und Projektumsetzung hilfreich sind und dabei Ergebnisse liefern, die im Einklang mit den aktuellen – ggf. zu adaptierenden – Architekturvorhaben stehen.

Digitalisierung führt für viele Unternehmen außerdem dazu, dass sie sich von klar strukturierten, hierarchischen Organisationen hin zu flexiblen (agilen) Unternehmen wandeln. Diese werden heute verbreitet als "composable enterprise" beschrieben und so konzipiert, dass sie agil und weltweit skalierbar sind und sich neue Wege für die Geschäftserbringung ergeben. Digitalisierung ist dafür der zentrale Enabler, die IT wird untrennbarer Bestandteil des Business.

EAM ist ein wesentlicher Garant für das Erfüllen regulativer und resilienter Anforderungen

EA-Managementsysteme verfügen über Metamodelle, die den Verantwortlichen und Stakeholdern "auf Knopfdruck" wichtige Grundlageninformationen bereitstellen können. Dies gilt etwa für die Bereitstellung von Auswertungen zu regulatorischen Anforderungen, die gemäß DSGVO zu erfüllen sind.

Die Rolle von EAM ändert sich vielfach signifikant von der Risikovermeidung hin zur Anpassungsfähigkeit und dem Umgang mit Unsicherheiten – denn nur so ist die Überlebensfähigkeit des Unternehmens zu sichern. Erst wenn mit EAM-Unterstützung wesentliche Daten des Unternehmens strukturiert bereitgestellt und beherrscht werden, können durch die Analyse dieser Daten Stärken und Schwächen des Unternehmens in Hinblick auf zukünftige digitale Herausforderungen erkannt werden, um anschließend in Zusammenarbeit mit dem Business die richtigen Innovationen anzustoßen.

EA weiterentwickeln: Handlungskonzept vereinbaren

Zur Optimierung des Enterprise-Architecture-Managements wird – analog zu den Empfehlungen von Gartner [3] – ein Ausbau in folgenden Teilschritten empfohlen:

  • Redefine EAM: EAM und EA neu "justieren".
  • Change the way you lead: New Leadership etablieren.
  • Build the EA-Team: Umfasst insbesondere auch die Teamentwicklung sowie die Förderung der Personalentwicklung der Teammitglieder.
  • Deliver Business Value: EA-Value-Map, Quick wins und Nutzung intelligenter Technologien sichern.

Eine Detaillierung der Teilschritte mit den jeweiligen Aufgaben zeigt die folgende Übersicht:

EA und EAM neu "justieren" (Redefine EAM)

Gerade im Zeitalter intelligenter Technologien (intelligent RPA, KI/AI) und neuer Optionen zur Automatisierung und Selbststeuerung von Produkten, Prozessen und Services (etwa datengetriebene Steuerungen) zeigt sich dieser Wandel. Enterprise-Architekten können unter den Perspektiven von Digitalisierung, Automatisierung und künstlicher Intelligenz einen erheblichen Beitrag nachhaltig erbringen, um so Mehrwert zu schaffen und Initiativen zur Unternehmensarchitektur zu beschleunigen.

Aus der Übersicht wird deutlich, dass es empfehlenswert ist, folgende Bereiche im Rahmen von Redefine EAM anzugehen:

  • EA-Visioning und Zielbestimmung (inklusive Roadmapping)
  • EA-Handlungsfelder neu priorisieren (und zukunftsorientiert ausrichten)
  • EA-Servicekatalog aufbauen, pflegen und anwenden
  • Neues architekturelles Denken und Handeln fokussieren (z. B. Composable Architecture)

Bei der Beteiligung von Unternehmensarchitekten an der Umsetzung anspruchsvoller Projekte kann sich die Mitwirkung oft auf die Priorisierung strategischer Initiativen beziehen, wobei es vorteilhaft ist, wenn ein Konzipieren von Value-Streams (Wertstufen) und Geschäftsfunktionen von hohem Wert erfolgt. So kann mit Hilfe von Architekturmodellelementen die Definition von Epen und User Storys vorgenommen werden.

Bezüglich der Entwicklung datengetriebener Unternehmen sind EA-Fähigkeiten von besonderer Bedeutung. EA-Organisationen sind beispielsweise einzigartig positioniert, um

  • Potenziale für Unternehmensdaten ganzheitlich zu erkennen (eine Kompetenz, die in Silos arbeitende Personen nicht haben können)
  • End-to-End- sowie vernetzte Datenflüsse zu identifizieren und durch eine entsprechende Optimierung sicherzustellen
  • Digitale und geschäftliche Strategien auf die aktuellen und zukünftigen Datenanforderungen der Unternehmensorganisation ausrichten zu können

Diese Vorteile können sich in praktischen Anwendungen niederschlagen und den Geschäftswert steigern.

Regulatorische Anforderungen gewinnen an Bedeutung. Auch hier ergibt sich künftig ein besonderes Tätigkeitsfeld, in dem EA-Expertise unverzichtbar ist (Erkennen von Vernetzungen etc.): Vom Dokumentationsverantwortlichen zum Experten für die Sicherstellung von Compliance- und CyberSecurity-Anforderungen.

Schließlich kann ein weiterer Grundauftrag für Enterprise-Architekten zukünftig im nachhaltigen Aufbau resilienter Organisationen gesehen werden. GRC-Themen (Governance, Risk & Compliance) spielen für Enterprise-Architekten eine neue besondere Rolle, da Organisationen heute in einem Umfeld agieren müssen, das von rasanten technologischen Veränderungen, Cyberangriffen, wirtschaftlichen Risiken, Naturgefahren und Versorgungsrisiken geprägt ist. Dabei ist es zu einem "Muss" geworden, widerstandsfähige (resiliente) Organisationen zu etablieren.

Entsprechende Konzepte könnten durch Enterprise-Architekten in hoher Qualität entwickelt und umgesetzt werden. Da viele Unternehmen bei der Bewertung der Auswirkungen von Störungen auf ihren Geschäftsbetrieb blind bleiben, können Unternehmensarchitekten Abhilfe schaffen und helfen, eine widerstandsfähigere Organisation zu schaffen, indem sie die Unternehmensarchitektur mit integriertem Risikomanagement nutzen.

Möchte die Enterprise-Organisation sich mehr in Richtung von Lean bzw. agilen Organisationsformen oder einen "data centric"-Ansatz entwickeln, können sich andere Schwerpunkte ergeben. Notwendig ist dann auch die Weiterentwicklung des bisher vereinbarten und zugrunde liegenden EA-Metamodells. Das EA-Repository ist daraufhin schrittweise zu erweitern, um EA aufgrund von Use Cases oder Projekten erfolgreich nutzen zu können.

Neues architekturelles Denken und Handeln verankern

Composable Thinking entwickelt sich zu einer wesentlichen Leitplanke für IT-Leader, Enterprise- und IT-Architekten sowie für das Handeln innovativer Fusion-Teams. Sie stehen vor der Herausforderung, dazu integrative Konzepte und Entwürfe für die Business-IT-Landschaft sowie digitale Transformationen zu entwickeln. Notwendig sind dazu die Entwicklung und die Umsetzung eines praktikablen "Blueprint-Guide" für alle Beteiligten. Dieser reicht über die entsprechende Modellierung von "Business Capabilities" bis hin zur Entwicklung und Umsetzung von modular-composable Business-IT-Applications.

Modularität ist das Werkzeug, um die Risiken des Wandels zu meistern.

Drei Komponenten sind bei diesem Ansatz relevant [4]:

  • Composable Thinking
  • Composable Business Architecture
  • Composable Technology (Application, Data, Platforms etc.)

Die Merkmale für Composable Denken und Handeln berücksichtigen folgende Erkenntnisse: Modularität ist das Werkzeug, um das Risiko des Wandels zu meistern. Bei gut gestalteter Modularität ist das "komponierte" integrierte Produkt (die Composabilität) eine nachhaltige, erfolgversprechende Lösung. Disruptive Veränderungen erfordern eine hohe Resilienz und Anpassungsfähigkeit, bieten aber auch neue Chancen (Business Value).

Besondere Änderungen sind auch bezüglich der Business- und Technology-Architekturen (Application, Data, Infrastructure & Platform) zu berücksichtigen. Entsprechend werden Roadmaps im Hinblick auf eine composable Business-, Application- und Technology-Architecture diskutiert und formuliert.

New EA-Leadership etablieren (Change the Way you lead)

Mit der Übernahme von Führungsaufgaben im EA-Bereich sollten natürlich entsprechende Führungskompetenzen sowie ein zeitgemäßer Führungsstil (= EA-Leadership) einhergehen. EA-Leader müssen neben klassischen Managementaufgaben (wie Planungs- und Entwurfsarbeiten, Entscheidungs- und Governance-Aufgaben) verschiedene Führungsaufgaben wahrnehmen. Dazu zählen unter anderem:

  • Ressourcenplanung (EA-Personal, Finanzen)
  • Fachliche Anleitung und Kompetenzentwicklung des EA-Personals
  • Gezielter Einsatz von Führungsinstrumenten (Zielvereinbarungen, systematische Mitarbeitergespräche und erfolgreiche Teammeetings)
  • Qualitätsmanagement und Standards setzen

Als Rahmenbedingung ist darüber hinaus wichtig, dass EA-Führungskräfte dem EA-Personal und Teams Klarheit und Orientierung als Handlungsaufträge geben. Dabei wird derzeit die Auffassung vertreten, dass sich EA-Leadership vermehrt auf Coaching und Mentoring fokussieren sollte (anstatt einseitig über Vorgaben zu steuern).

Einen weiteren wichtigen Bereich für EA-Leader stellt das Business-Relationshipmanagement bzw. die Kooperation mit dem Top-Management und wichtigen Stakeholdern dar:

  • Bezüglich einer Kooperation mit dem Top-Management sind vor allem die Kenntnis der Unternehmensstrategie (Business-Strategy) sowie der Einbezug der Digitalisierungs- und IT-Strategie von erheblicher Bedeutung.
  • Im Rahmen eines Stakeholdermanagements sind die wesentlichen Stakeholder für das EAM zu identifizieren und zu analysieren. Auf dieser Basis können dann intensive Kooperationen mit den Stakeholdern (Kunden, Fachbereichsmanagement) aufgebaut und im Hinblick auf eine Kommunikations- und Kooperationspolitik sowie die Einrichtung geeigneter Gremien (Boards) etabliert werden.

EA-Leadership hat – wie zuvor dargelegt – die Entwicklung des EA-Personals in den Fokus zu nehmen. Ohne ein aktives Personalmanagement (mit integrierter Umsetzung der klassischen HR-Prozesse wie Personaleinstellung bzw. Personalentwicklung) sowie zeitgemäße Führungstechniken kann das EA-Management die Aufgaben und Herausforderungen im EA-Bereich nicht erfolgreich bewältigen. Die im EA-Management tätigen Personen dürfen sich nicht nur auf fachliche Aufgaben fokussieren, sondern müssen vielmehr auch Verantwortung für eine Reihe von Aufgaben im personalen Bereich übernehmen.

EA-Teambildung und Teamentwicklung unterstützen (Build the EA-Team)

Notwendig für eine erfolgreiche EA-Leadership sind eine professionelle Organisation und Gestaltung der Arbeit im und mit dem EA-Team. Wer auf Dauer die Anforderungen erfüllen möchte, die an erfolgreiches EA-Arbeiten und die zu liefernden Ergebnisse (EA-Deliverables) gestellt werden, wird die Ressourcen von EA-Teams benötigen, die im Regelfall aus Vertretern von einzelnen Architekturbereichen, IT-Professionals sowie Experten der Fachbereiche bestehen. Gegenüber der Einzelarbeit hat das Arbeiten im Team gerade bei EA-Entwicklungs- und Umsetzungsarbeiten zahlreiche Vorteile:

  • Durch Hinzuziehen unterschiedlicher Fachkräfte können fachübergreifende Aufgaben überhaupt erst gelöst werden.
  • Ein gut funktionierendes EA-Team erzielt Leistungen, die die einzelnen Mitglieder alleine nicht erbringen würden. Es ergibt sich eine bessere Problemlösung durch den kumulierenden Effekt der unterschiedlichen Denkleistungen, Erfahrungen, Tätigkeitsfelder und Kompetenzprofile der Teammitglieder (Ausnutzung sogenannter Synergieeffekte).
  • Die Gruppe bietet einzelnen Teammitgliedern auch eine höhere Sicherheit und bedeutet damit oft eine höhere Motivation und größeres Engagement jedes Einzelnen.
  • Wichtige Entscheidungen lassen sich im Team auf einer fundierten Basis treffen, sodass das Risiko von Fehlentscheidungen reduziert wird.
  • Das EA-Team sorgt letztlich für die Ausführung der verschiedenen Teilaufgaben in Transformationsprozessen, wobei jedes Teammitglied seinen Beitrag dazu leisten muss.

Professionelle Architekturarbeit ist teamorientiert zu organisieren. Architekten (unterschiedlicher Profile) teilen sich die Arbeit auf. Eine Professionalisierung der Architekturarbeit erfordert ein kontinuierliches Skill-Management bzw. Personalentwicklung. Das EA-Team muss Mitarbeiter aus den verschiedenen EA-Ansichten (Geschäft, Information, Technik und Solution) rekrutieren und entwickeln.

Neben der Teambildung kommt der Teamentwicklung und Verfahren der Teamarbeit eine besondere Bedeutung zu. Eine wesentliche Grundlage des Handelns sollte Flexibilität und Eigenverantwortung von EA-Teams und Teammitgliedern sein. So kann ein positives Innovationsklima im EA-Team erreicht werden, indem eine klare Zielorientierung und eindeutige Kommunikationsstrukturen geschaffen werden.

Deliver Business Value

Ziel eines ganzheitlich ausgerichteten Architekturmanagements ist es, durch einen umfassenden Blick die Unternehmensarchitektur in allen wesentlichen Teilbereichen (Domänen) überschaubarer und "zukunftsfest" zu machen. Damit lassen sich die Planbarkeit und Steuerbarkeit des Unternehmens sowie seiner Produkte und Services erheblich verbessern. Enterprise-IT-Architekten wird mit den Methoden und Instrumenten des EAMs ein strategischer, konzeptioneller und organisatorischer Rahmen für den Entwurf und die Ausgestaltung der Business-IT-Landschaft zur Verfügung gestellt.

Die sich dabei ergebenden Deliverables können sowohl für den Business-Bereich als auch für das IT-Management einen erheblichen Zusatznutzen (= Business Value) bedeuten. Nachfolgend werden einige Nutzenfaktoren von EAM skizziert, die in Studien immer wieder genannt und durch zahlreiche Praxisprojekte bestätigt werden.

Aus Business-Sicht können folgende Benefits durch EAM erwartet werden:

  • beschleunigte Innovationen/Time to Market
  • Erhöhung der geschäftlichen Agilität
  • Verbesserte Ausrichtung der Geschäftsfähigkeiten auf die IT-Strategie
  • Verbesserte Transparenz
  • Unterstützung des Geschäftsprozessmanagements
  • Sicherstellung von Governance, Compliance- und Risikomanagement

Aus IT-Sicht sind folgende Benefits durch erfolgreiche EA-Use-Cases zu nennen:

  • Erhöhung der Innovationskraft durch ausgereifte Business-IT- und digitale Lösungen: Unternehmen haben einen Überblick über ihre IT-Investitionen, die das Unternehmenswachstum unterstützen. Die Business-IT-Landschaft wird übersichtlicher, sodass IT-Innovationen schneller bereitgestellt werden können.
  • Verbesserte IT-Investitionsentscheidungen: Nur bei Sicherstellung eines hohen Integrationsgrads der Architekturentwürfe (bezüglich Applikations- und Datenintegration) können zukunftsfähige Entscheidungen zu Business-IT-Investitionen getroffen werden.
  • Die Kosten der IT-Landschaft bzw. des IT-Betriebs sind transparent und zeigen Kostensenkungspotenziale auf. Dies ermöglicht nicht nur ein Erkennen der Kostentreiber, sondern auch ein umfassendes Senken der Betriebskosten.
  • Rationalisierte App-Portfolios (verbesserte Modularisierung der Applikationslandschaft).
  • Verbesserte Leistung und Belastbarkeit der IT-Systeme: Informationssysteme mit hochwertigem Architekturstandard und hohem Integrationsgrad leisten einen höheren Beitrag zum Unternehmenserfolg bzw. zur Steigerung der Unternehmensproduktivität: IT wird reaktionsschneller, flexibler. Neue Aufgaben und Geschäftsanforderungen können besser erfüllt werden.
  • Schnellere bzw. agilere IT-Projekte sowie Sicherstellung der IT-Compliance: Ein ganzheitlicher EA-Governance-Ansatz hilft, Projekte besser zu steuern, um Compliance-Kontrollen durchzusetzen. Klar definierte Zuständigkeiten und nachvollziehbare Prozesse verbessern die Einhaltung von Compliance-Vorgaben.
  • Die Qualität von Business-IT-Projekten bzw. digitalen Transformationsvorhaben wird gesteigert: Die Projekte bleiben nicht nur im vorgesehenen zeitlichen und finanziellen Rahmen, sondern stehen im Einklang mit der Geschäfts- und IT-Strategie des Unternehmens.
  • Höhere Potenziale zur Automatisierung von Prozessen durch EA-Prozessentwürfe.
  • Höhere Cyber-Security sowie Gewährleistung von Compliance-Konformität.

Während sich EA schon jetzt kritisch zum Unternehmenserfolg verhält, ungeahnte Möglichkeiten bietet, Wettbewerbsvorteile erzielt und Produktivitätssteigerung bedeutet, so kann dies in Zukunft noch verstärkt werden. Die genannten Nutzenfaktoren bedürfen für jedes Unternehmen in den jeweiligen Domänen einer kontinuierlichen Überprüfung, inwiefern diese im Anwendungsfall realisierbar erscheinen.

EA-Governance und EA-Controlling

Ziel der Organisation einer EA-Governance ist es, eine abgestimmte, gezielte Steuerung der sich permanent weiterentwickelnden Business-IT-Landschaft zu gewährleisten. Dazu bedarf es einer Aktualität der Daten im EAM-System sowie einer kontinuierlichen Bewertung und Weiterentwicklung der Enterprise-Architecture. Dabei geht es um Organisation, Prozesse sowie Architekturmechanismen (Guidelines, Architekturprinzipien).

Ausgehend von den unternehmensspezifischen Governance-Zielen werden folgende Aufgabenbereiche sowie Prozesse für die EA-Governance als notwendig erachtet [2]:

  • Aufbau und Sicherstellung einer EA-Governance-Organisation
  • Entwicklung, Anwendung und Kommunikation von Architekturprinzipien
  • Governance-Richtlinien und Guidelines etablieren: Hierzu zählen Vereinbarungen für ein Pflegekonzept der EAM-Daten, Modellierungsrichtlinien zur EA sowie Guidelines (Empfehlungen, Erfahrungen und etablierte Methoden).
  • Strategische Planungs- und Steuerungsaufgaben (Landschaftsplanung, Portfoliosteuerung etc.) und deren Umsetzung in Handlungsfeldern und Prozessen (Application-Portfolio-Management u. a.)
  • Architekturbereiche unter Einsatz ausgewählter Methoden und Instrumente bewerten: Es handelt sich hierbei vor allem um Methoden zur Analyse und Entscheidungsunterstützung (z. B. Maturitätsanalyse, Gap-Analysen, Impact-Analysen). Für Planungen und Entscheidungen ist es unverzichtbar, eine Bewertung der vorhandenen Architekturen vorzunehmen. Dies gibt letztlich auch Anregungen für ein Roadmapping zu ausgewählten Schwerpunkthandlungsfeldern.
  • Risikomanagementprozesse zu Enterprise-Architekturen vereinbaren und realisieren: Ermöglichung eines ganzheitlichen Risiko- und Compliance-Managements durch die Bereitstellung eines auf die Enterprise-Architektur ausgerichteten methodischen Instrumentariums.
  • Controlling der Zielerreichung in den einzelnen Architekturbereichen (anhand von vereinbarten KPIs): Wichtig ist ein Aufbau und Betreiben eines EA-Governance- und Controlling-Systems: mit smarten Zielen, Steuerungsgrößen (KPIs) und Überwachungs- und Steuerungsprozessen.
Quellen
  1. MEGA: 6 Steps to Building a Business Case for Enterprise Architecture. E-Book 2021.
  2. E. Tiemeyer: Enterprise Architecture Management – EA-Organisation, Planungen und EA-Governance. Kapitel 4. In: Enterprise IT-Governance. Carl Hanser Verlag, München 2023. S. 145 – 218.
  3. Gartner: Enterprise Architecture Leadership Vision for 2022. Präsentation und Empfehlungen von Gartner-Research 2021.
  4. N. Yefim: The Core Principles of Composability: Thrive Through Business Change. Gartner-Research 2022.

Autor

Ernst Tiemeyer

Ernst Tiemeyer ist als Consultant, Digital Strategist, Hochschuldozent, Management-Trainer und Fachjournalist tätig. Er hat nach seinem Studium der Wirtschafts- und Sozialwissenschaften zunächst mehrere Jahre an einem…
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