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Joachim Groth & Michael Zankl 03. Dezember 2014

IT-Projektgenossenschaft: Eine Idee nimmt Gestalt an!

Joachim Groth und Michael Zankl haben die "IT-Projektgenossenschaft eG" gegründet. Unternehmen und Freelancer aus dem IT-Projektgeschäft haben sich hier zusammengeschlossen, um gemeinsam am Projektmarkt aufzutreten. Jedes Mitglied erhält volle Einsicht in seine Projektverträge mit dem Kunden. So soll es kein Taktieren um Stundensätze und Provisionen geben: Alles ist klar geregelt. Informatik Aktuell sprach mit den Gründern.

Informatik Aktuell: Herr Groth, Herr Zankl, Sie haben eine Genossenschaft für IT-Freelancer gegründet. Was hat Sie zu diesem Schritt bewogen?

Michael Zankl: Schon seit längerem ist bei uns beiden eine Unzufriedenheit mit der Rolle der Vermittler in unserem Geschäft vorhanden – so wie vermutlich bei vielen Freiberuflern auch. Den letztendlichen Anstoß gab dann eine bevorstehende Prüfung der Rentenversicherung bei unserem Kunden.

Informatik Aktuell: Inwiefern schützt die Genossenschaft vor einer eventuellen Rentenversicherungspflicht? Gilt dann nicht die Genossenschaft als Auftraggeber des Freiberuflers?

Joachim Groth: Die Genossenschaft ist bei uns nicht Auftraggeber des Freiberuflers. Es ist vielmehr so, dass der Kunde die Genossenschaft beauftragt. Der Auftrag wird intern von Mitgliedern der Genossenschaft übernommen. Die Entlohnung erfolgt über eine Gewinnbeteiligung. Der Anteil wird nach Rechnungseingang an die Mitglieder ausgeschüttet. Damit ist das Mitglied voll am unternehmerischen Risiko beteiligt.

Informatik Aktuell: Und damit ist man aus der Rentenversicherungspflicht draußen?

Michael Zankl: Das Konzept wurde in von unserer Seite in Zusammenarbeit mit zwei Anwälten erarbeitet und außerdem von den Anwälten unseres Kunden geprüft. Alle Beteiligten sehen es als tragfähig. Aktuell wird noch ein Gutachten von einem renommierten Experten für Scheinselbständigkeit erstellt, der diese Frage abschließend klären soll. Aufgrund der unübersichtlichen Gesetzeslage gibt es bisher keine 100%ige Garantie.
Die vorhin angesprochene Prüfung unseres Kunden ist abgeschlossen und für die Mitglieder der IT-Projektgenossenschaft ohne Beanstandung durchgegangen.

Informatik Aktuell: Neben der Absicherung gegen Scheinselbständigkeit: Welche weiteren Vorteile ergeben sich für einen Freelancer durch die Mitgliedschaft in der Genossenschaft?

Joachim Groth: Wir verstehen uns als Zusammenschluss von Freiberuflern. Können also gemeinsam unsere Ressourcen bündeln. Dazu zählt vor allem der Aufbau eines gemeinsamen Vertriebs. Darüber hinaus entfällt die Vermittlungsprovision an Agenturen. Und es ist natürlich etwas anderes, wenn man direkt mit dem Kunden einen Vertrag schließen kann, als dieses über Vermittler tun zu müssen. Wir bieten unseren Mitgliedern die Transparenz und Mitsprachemöglichkeiten, die wir bei Vermittlern vermisst haben.

Informatik Aktuell: Oft hat der Freelancer ja einen Kunden, der mit ihm zusammen arbeiten will, der Einkauf dort hat vielleicht aber eine Liste an Lieferanten, an die er sich halten muss. Wie läuft denn eine Beauftragung konkret ab?

Joachim Groth: Der Einkauf hat sicherlich seine Gründe für solche Listen und er hat gute Argumente für den Einsatz von Vermittlern. All diese erfüllt nun auch der Freiberufler direkt, wenn er über die Genossenschaft ein Vertragsverhältnis eingeht. Unsere Erfahrung zeigt, dass natürlich viel von der persönlichen Kundenbeziehung des Freiberuflers mit der Fachabteilung abhängt. Wenn dort ein Vertrauensverhältnis vorhanden ist, stößt die Eigenverwaltung auf ein sehr positives Echo, wovon sich auch Einkaufsabteilungen überzeugen lassen. Und die niedrigere Marge im Vergleich zu klassischen Vermittlern überzeugt auch den rechnenden Einkäufer. Außerdem haben wir bei unserem Kunden erlebt, wie schnell solche Listen obsolet werden, wenn die Rentenversicherung vor der Tür steht.

Informatik Aktuell: Gibt es denn eigentlich auch Pflichten seitens des Freelancers?

Michael Zankl: Natürlich. Er muss als eigenständiger Unternehmer erkennbar bleiben. In seinem eigenen Interesse muss er selbstverständlich dafür sorgen, dass der Kunde zufrieden ist. Nur dann wird es ihm im übrigen gelingen, seinen Auftrag beim Kunden zu erweitern und davon zu profitieren. Um Mitglied zu werden, muss mindestens ein Genossenschaftsanteil gezeichnet werden und ein Eintrittsgeld bezahlt werden, das wir für Investitionen verwenden. Mit anderen Worten: jedes Mitglied hat weiterhin alle unternehmerischen Pflichten. Und natürlich freuen wir uns über jedes Mitglied, das sich aktiv am Ausbau der Genossenschaft beteiligt. Die Übernahme von Aufgaben für die Genossenschaft wird über interne Prämien honoriert.

Informatik Aktuell: Wie sehen solchen internen Prämien aus? Wie kann man sich das vorstellen?

Michael Zankl: Mitglieder die für die Genossenschaft wichtige Aufgaben übernehmen, wie vor allem Kundenakquise, Kundenbetreuung, Vermittlung von weiteren Mitgliedern in Projekte usw. erhalten eine prozentuale Umsatzbeteiligung. Die Regeln dafür gelten für alle gleich und sind in den Ordnungen der Genossenschaft festgelegt. So ist es jedem Freiberufler möglich, sein eigenes Geschäft auszubauen, geschäftliche Aktivitäten zu entwickeln, die nicht nur an seiner persönlichen Arbeitszeit hängen.

Informatik Aktuell: Das ist verständlich und klingt fair. Es gibt ja auch Einzelkämpfer, die eine GmbH haben. Ist Ihr Genossenschaftsmodell eher für richtige Freelancer geeignet oder finden GmbH-Inhaber dort auch ihren Platz?

Joachim Groth: Bei uns ist Platz für "Einzelkämpfer", aber auch für GmbHs oder sonstige Rechtsformen. Wir haben bereits zwei GmbH-Mitglieder.

Informatik Aktuell: Das klingt interessant. Ein anderes Genossenschaftsmodell, das wir hier neulich vorgestellt haben, sah darüber hinaus noch vor, dass sich Kunden an der Genossenschaft beteiligen können. Das hat möglicherweise Vorteile, aber auch einige Nachteile. Wie sehen Sie diese Strategie?

Michael Zankl: Wir haben uns diese Möglichkeit in der Satzung offen gehalten. Aktuell konzentrieren wir uns allerdings auf Mitgliederwachstum und den Ausbau von Kundenbeziehungen. Wenn man die Genossenschaft als Marktplatz für IT-Projekte sehen möchte, was unser Name ja nahe legt, dann ist das zukünftig eine interessante Option.

Informatik Aktuell: Wenn jetzt also Massen an Menschen, Einzelkämpfern und kleinen GmbHs gerne Mitglied werden möchten, dann könnten Sie sich das durchaus vorstellen? Oder ist die Lösung eher für Ihr näheres Umfeld gedacht?

Joachim Groth: Wir sind keine Träumer. Natürlich möchten wir eine Größe erreichen, in der wir am Markt wahrgenommen werden und die es uns ermöglicht, die Interessen von Freiberuflern zu bündeln. Das würde es uns erleichtern, den Vertrieb zu professionalisieren und beispielsweise die rechtlichen Aspekte des Geschäfts noch besser abzudecken. Idealerweise erreichen wir das nicht mit explosionsartigem, sondern mit organischem Wachstum.

Informatik Aktuell: Beschränken Sie Ihre Geschäftstätigkeit eigentlich aktuell auf eine Region oder Branche ? Oder ist dies offen?

Michael Zankl: Unsere Mitglieder sind schon jetzt über das Bundesgebiet verteilt. Unser Focus liegt bei IT-Projekten und aktuell auf Deutschland.

Informatik Aktuell: Wie ist denn Ihr eigener Hintergrund? Kommen Sie auch selbst aus der IT?

Joachim Groth: Ich bin seit 14 Jahren selbständig als IT-Berater unterwegs. Der Job macht mir Spaß, insbesondere wenn ich im direkten Kontakt mit dem Kunden arbeiten kann.

Michael Zankl: Bei mir sieht es so ähnlich aus. Ich bin seit 16 Jahren als Freiberufler und auch als GmbH-Geschäftsführer im IT-Bereich tätig. Als Softwareentwickler, was ich im übrigen auch immer noch sehr gerne bin.

Informatik Aktuell: Dann noch eine letzte Frage: Was planen Sie so für die nächsten Jahre? Wie wird die Genossenschaft 2020 aussehen – wenn alles in Ihrem Sinne verläuft?

Michael Zankl: Das Bild von vorhin gefällt uns da schon sehr gut: Die IT-Projektgenossenschaft als Marktplatz für IT-Projekte. Hier treffen sich Kunden und IT-Freiberufler direkt.

Informatik Aktuell: Dann bedanken wir uns für das Gespräch und wünschen Ihnen weiterhin viel Erfolg!

Das Gespräch führte Andrea Held.

Im Interview

Michael Zankl

Michael Zankl ist Softwareentwickler (Zankl-IT) und Datenbankentwickler (eResearchTechnology GmbH).
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Joachim Groth

Joachim Groth ist in zahlreichen Projekten tätig als Software- und Datenbankentwickler. Seit Mai 2014 ist er Vorstand der IT-Projektgenossenschaft.
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