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Carsten Rasche & Christoph Schmiedinger 10. August 2021

Die agile Transformation – Grundlagen und optimale Geschwindigkeit für Ihr Unternehmen

Waren agile Arbeitsweisen schon vor der Pandemie en vogue, änderte sich ihr Stellenwert in der Krise rasant: Die Prinzipien von Selbstorganisation, Flexibilität und einer modernen Arbeitsinfrastruktur entpuppten sich als Anker für die überforderten Unternehmen. So konnten sie den neuen Aufgaben, die plötzlich zusätzlich zum Alltagsgeschäft dazukamen – seien es Regelungen für Homeoffice, das Organisieren von Kurzarbeit oder die gänzliche Digitalisierung aller Arbeitsprozesse – besser entgegentreten. Doch was macht eine erfolgreiche, agile Organisation aus?

Unternehmen sammeln die ersten Erfahrungen mit agilen Arbeitsweisen meist auf Teamebene: entweder durch den Impuls einzelner Teams, die eine neue Art des Arbeitens ausprobieren möchten oder durch offiziell (top-down) geschaffene agile Pilotteams. Die Anfangsphase ist dabei häufig zwiespältig: Die Euphorie der Befürworter:innen steht den Bedenken der Skeptiker:innen gegenüber – und gerade deshalb ist die Lernkurve sehr steil. So bekommen die Beteiligten und nicht zuletzt das Management ein Gespür für die Vorteile, aber auch für die Herausforderungen, die mit crossfunktionalen Teams, kurzen Entwicklungszyklen und flachen Hierarchien verbunden sind. Organisationen können aber nicht für immer mit vereinzelten Pilotteams operieren, da sich so zu viele Friktionen mit anderen Bereichen ergeben. Ab einem gewissen Zeitpunkt ist daher eine klare strategische Entscheidung notwendig. Die Herausforderung dabei: Wenn es mehrere agil arbeitende Teams gibt, brauchen sie unterstützende Organisationsstrukturen und eine entsprechende technische Infrastruktur. Unternehmen, die in dieser Phase nicht die richtigen Grundsteine für eine umfassende Veränderung legen, bremsen mit der Weiterführung von bestehenden bürokratischen Prozessen und bestehenden Strukturen die Liefergeschwindigkeit der agilen Teams aus. Die größte Gefahr ist in dieser Phase also die Re-Etablierung klassisch-hierarchischer Strukturen und Entscheidungswege.

Die sechs Bausteine einer agilen Organisation

Wie vermeiden Unternehmen diese Stolperstellen? Für ein stabiles Fundament konnten wir sechs Bausteine der agilen Organisation als Wegweiser identifizieren. So zeigt unsere Erfahrung, dass es für den Wandel nicht ausreicht, einfach mehrere agil arbeitende Teams mit Hilfe eines Skalierungsframeworks wie LeSS oder SAFe® zu orchestrieren.

Die Basis bildet zunächst eine Organisations- und Produktarchitektur. Darauf aufbauend muss agil arbeitenden Teams durch eine unterstützende Infrastruktur ermöglicht werden, untereinander reibungslos Informationen auszutauschen. Erst dadurch werden schnelle Lieferungen möglich. Essenziell für qualitativ hochwertige Lieferungen sind zudem die notwendigen Skills und die Erfahrung bzw. das Fachwissen, um das Vorhaben zu bewältigen. Denn: Widerstand entwickelt sich in der Regel aufgrund von Unsicherheiten, Unwissenheit und Angst. Die Stärken gilt es im Sinne der Kundenorientierung auszurichten, um die Bedürfnisse der Nutzer:innen von Produkten und Leistungen optimal zu erfüllen. Unterstützend kommen parallel dazu Management-Rahmenwerke wie agile Skalierungsmethoden zum Einsatz, die sich dafür eignen, das Gesamtsystem der Organisation zu steuern und im Blick zu behalten. Abschließend gelingt die Transformation jedoch nur dann, wenn sich Führung und Kultur des Unternehmens weiterentwickeln und agile Werte und Prinzipien in ein modernes Leadership-Verständnis integriert werden.

Die 6 Bausteine im Detail

1. Organisations- und Produktarchitektur

  • Flexible produkt- und serviceorientierte Organisationsstrukturen mit flachen Hierarchien. Das bedeutet: Produktorientiert geschnittene Einheiten, um Autonomie, Crossfunktionalität und End-to-End-Verantwortlichkeit zu stärken
  • Zentrale Supporteinheiten mit der Aufgabe, die produktorientierten Einheiten als interne Kunden zu unterstützen
  • Flexible, kleinteilige und modulare Produktarchitekturen, die lose gekoppelt sind und dadurch die Resilienz stärken
  • Business- und applikationskundige Teams, die kontinuierlich die Produktarchitektur weiterentwickeln
  • Eine Kommunikationsstruktur, die die angestrebte Organisations- und Produktarchitektur unterstützt und nicht hierarchiegebunden ist

2. Infrastruktur

  • Eine technische Infrastruktur auf dem neuesten Stand, um die Produktentwicklung optimal zu unterstützen
  • Continuous Delivery Toolchain, automatisierte Tests und Self-Provisioning als Beispiele für die Softwareentwicklung
  • 3D-Druck, Simulations- und Maker-Tools als Beispiele für die Hardware-Produktentwicklung
  • Moderne Kollaborations- und Kommunikationstools (Wissensmanagementsysteme, Video- und Chat-Tools)
  • Eine räumliche Infrastruktur, in der sich Kreativität entfalten kann (offene Gestaltungsprinzipien, Rückzugs-, Meeting- und Begegnungszonen sowie moderne Arbeitsmittel wie Whiteboards und Flipcharts)
  • Moderne Arbeitsplätze und -geräte (Mobile Working, Konzepte für die freie Sitzplatz- und Gerätewahl)

3. Skills & Expertise

  • Fachliches Wissen (Branchenkenntnisse, Veränderung der Geschäftsmodelle, Trends etc.)
  • Technologisches Wissen (State-of-the-Art-Technologien, Wissen zu technologischen Alternativen, moderne Infrastrukturen für die Entwicklung etc.)
  • Methodisches Wissen (moderne Entwicklungs- und Steuerungsmethoden, Facilitation, Workshop-Designs etc.)
  • Soft Skills (Entwicklung und Förderung von Teamperformance, Kommunikation, Konfliktlösung etc.)

4. Kundenorientierung

  • Am Kundennutzen ausgerichtete Produktentwicklung, gestützt durch eine inspirierende Vision, nutzerorientierte Innovationsprozesse wie Design Thinking und datenvalidierte Personas
  • Fokus auf die Customer Experience und Identifikation innovativer Lösungen durch Customer Journeys
  • Frühe Lieferung von Kundennutzen durch konsequentes Denken in Minimum Viable Products
  • Regelmäßiges und frühzeitiges Lernen durch die kontinuierliche Verprobung erster Ergebnisse mit realen Anwendern

5. Management-Rahmenwerke

  • Iterative und datengetriebene Steuerungsinstrumente mit dem Fokus auf kürzere Entscheidungs-, Liefer- und Lernzyklen
  • Objectives and Key Results (OKRs) als beispielhaftes Instrument für die strategische Ebene
  • Skalierungsframeworks wie SAFe® oder LeSS als Methoden für die koordinative Ebene
  • Scrum und Kanban als beispielhafte Methoden für die operative Ebene
  • Engpassorientierte Ansätze im Portfoliomanagement und flexiblere Varianten der Budgetallokation auf Initiativen und Vorhaben
  • Agile Methoden für operative Teams und zur Steuerung von größeren Vorhaben mit dem Fokus auf Abstimmungs- und Abhängigkeitsmanagement

6. Führung, Kultur & Werte

  • Ausrichtung des Managements auf Märkte und Ergebnisse mithilfe von Vision und strategischen Prioritäten
  • Ein modernes Menschenbild, entsprechende Führungsprinzipien und ein dadurch verändertes Auftreten der Führungskräfte (vom bloßen Management zum echten Leadership)
  • Eine offene und transparente Unternehmenskultur, um das Vertrauen zu stärken und Mitarbeitende zu motivieren, Selbstverantwortung zu übernehmen

Ist-Analyse in Form einer Retrospektive gestalten

Die sechs Bausteine geben den Rahmen für eine Standortbestimmung an die Hand: Welchen Reifegrad weist das Unternehmen in jeder der Dimensionen auf? Welche Punkte müssen im Zuge des Change-Vorhabens weiterentwickelt werden? In der Regel können diese Informationen im Rahmen von zwei bis drei Retrospektiven mit einem repräsentativen Querschnitt des Unternehmens erhoben werden. Daran nehmen im Idealfall Repräsentant:innen aller betroffenen Abteilungen und aller Ebenen teil – vom Mitarbeitenden bis zur Führungskraft. Je nach Gruppengröße passiert das entweder über ein Gruppeninterview oder die Teilnehmenden schreiben ihre Punkte auf Klebezettel und stellen diese vor. Folgende Fragen sind dabei zentral:

  1. Was funktioniert gut in der Organisation und soll bei einer Transformation unbedingt beibehalten werden?
  2. In welchen Bereichen müssen wir uns verbessern? Was hindert uns aktuell daran? Gibt es erste Ideen, wie diese Verbesserungen umgesetzt werden können?

Optional nehmen die Teilnehmenden im letzten Schritt noch eine Priorisierung der Bereiche vor, in denen sie das größte Verbesserungspotential und/oder den dringendsten Handlungsbedarf sehen.

Szenarien für die agile Transformation – drei Grundsatzfragen

Bevor in die Transformation gestartet wird, gilt es, die Frage nach der Art der Transformation zu beantworten. Im Wesentlichen sind drei Entscheidungen zu treffen:

  1. Mit welcher Geschwindigkeit treiben wir die Transformation voran?
  2. Müssen wir die Aufbauorganisation unseres Unternehmens verändern und wenn ja, wie?
  3. Wie lassen sich die Prinzipien der Zusammenarbeit innerhalb agiler Teams auf die Zusammenarbeit zwischen mehreren agilen Teams bzw. Einheiten übertragen, also "skalieren"?

Dabei kommen in der Praxis drei Geschwindigkeits-Szenarien zum Einsatz, die sich in der Radikalität unterscheiden, mit der sie in die bestehende Organisation eingreifen:

  1. Einzel- bzw. Leuchtturmprojekte
  2. Spin-offs oder Digital Labs
  3. Radikale Transformation einzelner Einheiten oder der gesamten Organisation

Welcher dieser Ansätze gewählt werden sollte, hängt unter anderem vom vorherrschenden Druck in der Branche ab. Je höher der Druck, desto eher kommt ein Ansatz infrage, der auf der rechten Seite der Achse positioniert ist. Vor- und Nachteile birgt jeder Ansatz.

Einzel- bzw. Leuchtturmprojekte

In einem Einzel- bzw. Leuchtturmprojekt können sowohl neue Arbeitsweisen und Technologien – oder eine Kombination daraus – ausprobiert werden. Somit ist Raum für Experimente und auch Fehler. Gleichzeitig ist der Effekt begrenzt – die Transformation breitet sich nur langsam aus. In großen Unternehmen werden Leuchtturmprojekte oft in mehreren Organisationseinheiten parallel gestartet. Zwar erhöht das die Ausbreitungsgeschwindigkeit, es besteht aber die Gefahr, dass die jeweiligen Ansätze stark variieren und nebeneinander herlaufen, statt von den verschiedenen Erfahrungen zu profitieren.

Fehlender Fokus ist Gift für alle Projekte im Allgemeinen.

Abhilfe schaffen hier Plattformen, auf denen sich die einzelnen Projektbeteiligten übergreifend austauschen können. Problematisch ist, dass die bestehenden Strukturen im Unternehmen meist nicht hinterfragt werden und die beteiligten Mitarbeitenden in vielen Fällen ihre Zeit nicht ausschließlich dem Leuchtturmprojekt widmen können, sondern zusätzlich noch das Tagesgeschäft erledigen müssen. Fehlender Fokus ist jedoch Gift für alle Projekte im Allgemeinen.

Spin-off bzw. Digital Lab

Die progressivere Variante der Transformation ist der Aufbau einer eigenen Einheit, in der neue und innovative Lösungen entwickelt werden. Eine Möglichkeit, um diese Einheit unabhängig und autonom zu gestalten, ist die Gründung einer eigenen Einheit oder gar einer eigenen Gesellschaft mit einer neu entworfenen Linienorganisation, in der von Anfang an eine flache und von lateraler Führung geprägte Struktur vorherrscht. Gleichzeitig bleibt das Spin-off/Digital Lab ein abgegrenztes Vorhaben, in dessen Rahmen experimentiert und gelernt werden kann. In einer neuen Einheit mit einem klaren Auftrag entsteht außerdem die notwendige Fokussierung, da Mitarbeitende dem Bereich neu zugeordnet werden, vielleicht sogar das Unternehmen wechseln und ihre alten Aufgaben und Verantwortlichkeiten hinter sich lassen. Allerdings lauert hier auch die Gefahr, dass sich eine "Parallelorganisation" entwickelt, die sich schrittweise vom Mutterunternehmen entfernt, oder dass es zu Konflikten aufgrund der veränderten Arbeitsweise und des Mindsets sowie fehlender bzw. fehlerhafter interner Kommunikation kommt. Die Herausforderung besteht darin, diese Konflikte rechtzeitig zu identifizieren, anzusprechen und zu lösen, da sonst die Isolation oder sogar Abstoßung vom Mutterunternehmen droht. Ein Spin-off oder Digital Lab darf daher nie ohne eine Strategie für die Wiederzusammenführung entstehen. Diese Strategie kann auch durchaus darin bestehen, die alte Organisation schrittweise abzubauen. Wie auch immer die konkrete Ausgestaltung aussieht: Um eine Transformation des gesamten Unternehmens zu erreichen, können nicht auf unbegrenzte Zeit parallele Strukturen erhalten werden.

Radikale Transformation

Die Big-Bang-Variante der Transformation ist die radikale und damit völlige Reorganisation des Unternehmens. Gerade bei großen Organisationen sollte diese aber immer nur schrittweise erfolgen, da ein tiefgreifender Umbau der gesamten Struktur notwendig wird. Während andere Unternehmen ihren Transformationsweg jahrelang beschreiten, passiert mit dieser Variante der Umbruch in kürzester Zeit. Das kann einerseits ein großer Wettbewerbsvorteil sein. Andererseits führen radikale Transformationen oft zu großer Verunsicherung in der Belegschaft. Daher muss die Führung darauf achten, in dieser Zeit sauber und transparent zu kommunizieren – ansonsten droht im schlimmsten Fall eine starke Unzufriedenheit unter den Mitarbeiter:innen und sogar eine erhöhte Fluktuation.

Vor- und Nachteile von Transformationsszenarien
 VorteileNachteileBeispiele
Einzel- bzw. Leuchtturmprojekt

Abgegrenztes Vorhaben

Lernen und Experimentieren im klar umrissenen Bereich

Fokus auf die Unterstützung der Projekte (z. B. Beseitigung von Hindernissen)

Agilität verbreitet sich langsam

Involvierte Mitarbeitende sind zwischen Tagesgeschäft und Leuchtturmprojekt zerrissen

Projekt "Digitale Regionalbank" – Raiffeisen Bankengruppe Österreich [1]
Spin-off/Digital Lab

Abgegrenztes Vorhaben mit eigener Organisationsstruktur

Fokussierte Mitarbeitende

Freiheit und Bewegungsspielraum

Risiko einer Parallelorganisation, die im Konflikt mit den alten Einheiten steht (v. a. bei gemeinsamen Schnittstellen)

REWE Digital, Digital Campus der Commerzbank, Digital Lab der Klöckner & Co Unternehmensgruppe
Radikale Transformation

Es ist ein klares Statement

Wenn es gelingt, katapultiert sich die Organisation schnell nach vorne

"Big Change" in einem Schritt

Momentum kann genutzt werden

Stress und Druck für die gesamte Organisation

Gut funktionierende (informelle) Strukturen können nachhaltig zerstört werden

Axel Springer Verlag, Adidas, ING Bankengruppe

Welches Szenario auch immer für die jeweilige Organisation gewählt wird: Wichtig ist selbst bei der radikalen Transformation das Definieren kleiner Schritte – das kann zum Beispiel die Umstellung von einem Bereich nach dem anderen sein. Bewusst gesetzte Meilensteine machen es möglich, den Fortschritt zu überprüfen. So wie bei der Arbeit in einem agilen Team gilt auch für eine agile Transformation: in inkrementellen Schritten liefern – inspect & adapt!

Die unterschiedlichen Phasen einer Transformation

Wie genau funktioniert nun die praktische und schrittweise Umsetzung? Viele Organisationen haben sich in den letzten Jahren zumindest ansatzweise schon mit Agilität auseinandergesetzt. Heute arbeiten damit sowohl die größten und wertvollsten Player der Welt als auch kleine und mittlere Unternehmen in der Provinz. Einzelne Teams experimentieren zum Beispiel mit agilen Praktiken wie Kanban-Boards, IT-Teams arbeiten oft schon einige Zeit aus eigenem Interesse mit Scrum oder anderen Rahmenwerken. Diese Phase nennen wir Pilotierung. Zeitlich variiert diese Phase von Organisation zu Organisation sehr stark (ein halbes Jahr bis vier Jahre). Die Erfahrungen aus den einzelnen Pilotprojekten münden aber letzten Endes – sofern Agilität für die Organisation Vorteile bietet – in der strategischen Entscheidung für eine Transformation.

Ab diesem Zeitpunkt beginnt die Framing-Phase, in der ein repräsentatives, aus verschiedenen Disziplinen zusammengestelltes Team – genannt Transformation Team – die Vision, die Ziele und die Radikalität für die Transformation festlegt. Anschließend entwickeln die im Unternehmen Verantwortlichen ein Zielbild für ein neues agiles Organisationsmodell und testen dieses idealerweise in einzelnen Teams, um es auf dieser Basis weiterzuentwickeln. In diese Phase fallen auch mögliche Abstimmungen mit Gremien, wie dem Betriebsrat, und die Vorbereitungen für ein schrittweises Einführen des neuen Organisationsmodells.

Das "Transformation Team"

  • Vertreter:innen des Transformation Teams fungieren als Lotsen, um die Organisationsentwicklung iterativ in Richtung des Zielbilds voranzutreiben.
  • Dieses Team beseitigt Hindernisse, treibt die Veränderung in Richtung Geschwindigkeit und Kundenzentrierung an und ist darüber hinaus das Sprachrohr der Veränderung im Unternehmen.
  • Es rekrutiert sich – wie ein Scrum-Team – crossfunktional aus den unterschiedlichen Bereichen, die von der Transformation betroffen sind.
  • Typische Besetzungen umfassen Personen aus Strategie, Personal, Management, Produktentwicklung, Kommunikation, Vertrieb und Liniengeschäft. Idealerweise tritt pro Bereich mindestens ein:e Vertreter:in bei, die Zusammensetzung hängt jedoch stark vom jeweiligen Unternehmen und dessen Struktur ab.
  • Wichtig ist, dass die Mitglieder freiwillig Teil des Teams sind, was nicht automatisch auch heißt, dass diese gegenüber der Veränderung absolut positiv eingestellt sein müssten. Aber: Sie glauben daran, dass sich die Organisation mit Hilfe der agilen Transformation zum Positiven verändern wird.

In der Vorbereitungsphase (vor dem Launch der neuen Organisation) werden neue Rollen ausgeschrieben und besetzt. Schulungen und Workshops bereiten die Mitarbeitenden darauf vor. Außerdem nimmt die Kommunikation einen großen Schwerpunkt ein, damit sich nicht einfach nur Jobtitel ändern, sondern alle die besonderen Aufgaben in diesen Rollen verstehen.

Nach dem Launch beginnt die Implementierung: Größere Teile einer Organisation (bspw. ein Bereich) beginnen, in der neuen Struktur zu arbeiten. In dieser Phase zeigt sich, wie gut die Mitarbeitenden in der Vorbereitung mit dem Neuen vertraut gemacht wurden und in welchem Ausmaß die organisationalen Rahmenbedingen schon zum agilen Arbeiten passen. Verwirrung tritt in diesem Stadium fast zwangsläufig auf und einzelne Mitarbeitende gehen möglicherweise in den Widerstand. Besonders wichtig ist in dieser Zeit daher, dass Teams und Führungskräfte gleichermaßen durch Coaching begleitet werden. Verändern darf sich in dieser Phase aber auch das ursprüngliche Organisationsmodell: Denn meist wird erst durch das Gehen eines Weges klar, an welchen Stellen falsche Annahmen getroffen wurden.

In der Regel entscheidet sich innerhalb von zwei bis neun Monaten nach dem "Day One", wie schnell das System in die Stabilisierungsphase übergeht. Allmählich etablieren sich Prozesse und die betreffenden Kolleg:innen im Unternehmen entwickeln sie kontinuierlich weiter. Die einzelnen Bereiche probieren Dinge aus, um die Effektivität des Systems zu verbessern. Häufig werden die Erkenntnisse über das, was gut funktioniert, an andere Teile der Organisation weitergegeben, die möglicherweise noch nicht mit der Transformation begonnen haben.

Inhalte der Transformation

Die Inhalte der Transformation – in der Abbildung mit unterschiedlichen Farben dargestellt – orientieren sich hauptsächlich an den sechs Bausteinen der agilen Organisation.

  • Bei ganzheitlichen agilen Transformationen verändert sich mehr als nur die Organisationsstruktur und die Prozesse. Ein Themenbereich muss während der Transformation – und darüber hinaus – kontinuierlich bedient werden: Kultur, Mindset und Strategie bzw. Agile Awareness & Leadership Training und Coaching.
  • Die Handelnden brauchen darüber hinaus neue Skills & Expertise, die durch Ausbildungs- und Befähigungskonzepte sowie On-the-Job-Coaching aufgebaut werden können.
  • Im Zuge einer Transformation wird in der Regel die bestehende Organisationsstruktur (Aufbau- und Ablauforganisation) verändert. Dieser Punkt spielt hauptsächlich in der Framing-Phase eine wichtige Rolle.
  • Agile Management-Rahmenwerke werden in der Framing-Phase ausgewählt und auf den Kontext der Organisation angepasst. Das Unternehmen erarbeitet Arbeitsmodelle und entwickelt sie im weiteren Transformationsprozess weiter.
  • Die Geschwindigkeitsvorteile des agilen Arbeitens entstehen erst, wenn die passende Infrastruktur mit Continuous Delivery und Testautomatisierung geschaffen wurden. Deshalb muss sich eine Organisation im Zuge der Transformation zwangsweise mit der Weitentwicklung der Produktarchitektur & Technologie-Infrastruktur auseinandersetzen.
  • Neben den bereits aufgezählten Punkten gibt es noch weitere übergreifende Tätigkeiten. Darunter fallen vor allem das Changemanagement und die kontinuierliche Kommunikation über die Transformation. Nach unserem Transformationsmodell ist dafür hauptsächlich das Transformation Team zuständig.

Die hier beschriebenen Modelle bieten Orientierung und Hilfestellung zur Strukturierung des komplexen Prozesses einer Unternehmenstransformation. Neben dieser braucht es mutige und innovative Individuen, die individuelle Lösungen für den Kontext und das Geschäft des jeweiligen Unternehmens finden.

Dieser Auszug stammt aus dem Buch "Agile Transformation – Der Praxisguide zum Change abseits des Happy Path" (Hanser Verlag)

  • Worauf Sie achten sollten, bevor Ihr Unternehmen in eine agile Transformation startet.
  • Rettungsmaßnahmen, die einen feststeckenden Transformationsprozess wieder in Schwung bringen.
  • Werkzeuge und Vorgehensweisen, mit denen Ihr Unternehmen von Anfang an einen erfolgreichen Weg zu mehr Business-Agilität einschlagen kann.
Quelle
  1. C. Schmiedinger: Raiffeisen Bankengruppe Österreich – Digitale Regionalbank
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