Cloud neu denken
Strategien gegen den Vendor Lock-in, die wirklich funktionieren

Vendor Lock-in ist kein Zukunftsszenario. Viele Unternehmen stecken bereits mittendrin – oft, ohne es bewusst zu merken. Was zunächst wie ein komfortabler Weg aussieht, alles aus einer Hand & alles gemanagt, kann mittelfristig zur Kostenfalle, Innovationsbremse und strategischen Sackgasse werden. Höchste Zeit also, Cloud-Strategien neu zu denken: mit mehr Kontrolle, mehr Flexibilität und mehr Souveränität. In diesem Artikel zeigen wir konkrete Wege aus der Abhängigkeit. Der Ausstieg ist anspruchsvoll – aber machbar, wenn man die richtigen Strategien kennt.
Abhängigkeit mit Ansage – was ist eigentlich Vendor Lock-in?
Vendor Lock-in beschreibt die Situation, in der ein Unternehmen durch technologische, vertragliche oder organisatorische Faktoren stark an einen bestimmten Anbieter gebunden ist. In der Cloud-Welt passiert das meist schleichend:
- durch den Einsatz proprietärer APIs,
- durch Abhängigkeit von PaaS-Services wie Datenbanken oder Message Queues,
- oder durch fehlende Exit-Strategien bei der Wahl von Infrastruktur.
Was in der Anfangsphase bequem wirkt, rächt sich spätestens bei Preisverhandlungen, strategischen Neuausrichtungen oder regulatorischen Anforderungen. Die Migration weg von einem großen Hyperscaler? Technisch anspruchsvoll, kostenintensiv – und manchmal gar nicht vorgesehen.
Welche Anzeichen deuten auf Vendor Lock-in hin?
Wer sich fragt, wie weit die Abhängigkeit bereits fortgeschritten ist, kann sich an ein paar klaren Indikatoren orientieren:
- kein Wechsel möglich, ohne Services oder Code grundlegend umzubauen
- proprietäre Dienste im Herzen der Architektur (z. B. Functions, proprietäre Datenbanken, proprietäre IAM-Lösungen)
- Verlust der Verhandlungsmacht bei Preisänderungen
- Datenhaltung außerhalb eigener Kontrolle
- kein durchdachtes Exit-Szenario oder nur mit hohem Migrationsaufwand realisierbar
Unternehmen können gegensteuern – und dabei weiterhin die Vorteile der Cloud nutzen.
Fünf Strategien, die wirklich funktionieren
1. Cloud-neutral entwickeln
Vermeiden Sie es, sich unnötig tief in proprietäre Cloud-Ökosysteme zu vergraben. Setzen Sie stattdessen auf:
- Kubernetes für Orchestrierung,
- Terraform oder Pulumi für Infrastruktur-Management,
- Open-Source-Komponenten für Datenbanken, Queues und Logging.
Das Ziel: Ihre Workloads sollen "portierbar" bleiben – sei es auf andere Cloud-Anbieter oder in eine eigene Umgebung.
2. Architektur mit Exit-Strategie
Planen Sie Ihre Systeme von Anfang an so, dass sie nicht nur skalieren, sondern sich auch zurückbauen oder migrieren lassen. Eine pragmatische Möglichkeit: Ihre Anwendung läuft zwar in der Cloud, aber nutzt standardisierte Schnittstellen, offene Tools und containerisierte Workloads. So bleibt ein Rückweg offen – oder zumindest bezahlbar.
3. Multi-Cloud und Interoperabilität pragmatisch nutzen
Viele Unternehmen setzen heute bewusst auf mehrere Anbieter – nicht aus Spielerei, sondern zur Risikoreduktion. Die Praxis zeigt: Es müssen nicht gleich alle Systeme doppelt betrieben werden. Schon die bewusste Trennung nach Workload-Typen oder Regionen kann helfen, Abhängigkeiten zu minimieren.
4. Souveräne Plattformen als Alternative
In regulierten Umfeldern, bei sensiblen Daten oder aus wirtschaftlichen Gründen lohnt sich ein Blick auf Cloud-Alternativen, die mehr Kontrolle bieten. Einige Unternehmen betreiben heute eigene Kubernetes-Plattformen, automatisiert, sicher und effizient, im eigenen Rechenzentrum oder gehostet bei spezialisierten Dienstleistern.
Ein Beispiel ist das Open-Source-Projekt metal-stack® [1]. Es ermöglicht den vollständig automatisierten Betrieb von Bare-Metal-Infrastrukturen – inklusive Networking, Kubernetes as a Service und Self-Service-Portal. Damit lassen sich die Vorteile von Cloud-Agilität und eigener Plattformkontrolle kombinieren – ohne Herstellerbindung.
5. Verhandlungsstärke durch Unabhängigkeit
Unabhängigkeit ist nicht nur eine technische Frage, sie schafft ökonomische Verhandlungsmasse. Wer glaubhaft mit einem Exit-Szenario auftreten kann, hat eine deutlich bessere Position gegenüber Hyperscalern, wenn es um Vertragsverlängerungen, Preise oder Compliance geht.
Fazit: Souveränität ist kein Verzicht – sondern ein Wettbewerbsvorteil
Vendor Lock-in ist keine unausweichliche Realität. Mit einer bewusst gestalteten Architektur, offenen Technologien und einem klaren Verständnis der eigenen Optionen lässt sich die Cloud souverän nutzen – ohne sich zu binden. Wer jetzt handelt, gewinnt technische Unabhängigkeit – und verschafft sich zugleich einen klaren Wettbewerbsvorteil: wirtschaftlich, regulatorisch und strategisch.