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Dr. Klaus Leopold 20. Juni 2023

Flight Levels – Ein Kurzüberblick

Flight Levels heben ab und entwickeln sich zum neuen Trend in der Agilität, auf den immer mehr Unternehmen setzen. Im Gegensatz zu schwerfälligen und kostspieligen Frameworks lassen sich Flight Levels mit überschaubarem Aufwand in Unternehmen einführen, ohne große Reorganisationen oder Transformationsprojekte starten zu müssen. In diesem Artikel geben wir Dir einen kurzen Einblick in Flight Levels.

Wozu Flight Levels?

Du fragst Dich vielleicht, was Dein Unternehmen und Du selbst von Flight Levels haben können und wie Kundinnen und Userinnen davon profitieren. Der Nutzen der Flight Levels variiert zwar von Unternehmen zu Unternehmen, aber es gibt typische Probleme und Herausforderungen, die damit gut angegangen werden können:

Business-Agilität: Wenn Dein Unternehmen Agilität anstrebt, aber nicht über die Grenzen der Aufbauorganisation hinauskommt, hilft das Flight-Levels-Modell. Es setzt an den wertgenerierenden Abläufen an und verbindet die einzelnen Arbeitssysteme zu einer sinnvollen Architektur.

Skalierung: Ist Dein Unternehmen in einzelnen Geschäftsbereichen bereits agil, scheitert aber an einer erfolgreichen Skalierung, kann eine Flight-Levels-System-Architektur helfen. Dadurch entsteht eine Übersicht über die systemischen Zusammenhänge, Abhängigkeiten und Koordinationspunkte, ohne die eine effektive Skalierung nicht gelingen kann.

Strategische Ziele: Legt der Vorstand klare strategische Ziele fest, die jedoch am Ende des Jahres nicht erreicht wurden, könnte das Unternehmen davon profitieren, wenn die Ziele mit messbaren Ergebnissen und konkreten Initiativen verbunden und die Mitarbeiterinnen involviert werden. Ein transparentes System dafür sollte parallel zu den Umsetzungsfortschritten regelmäßig geprüft und angepasst werden.

Projekte: Werden in allen Geschäftsbereichen zahlreiche vielversprechende Projekte bearbeitet, die aber langsamer vorankommen als erwartet, ist eine differenzierte Visualisierung der aktuellen Arbeitssituation hilfreich. So gewinnt Ihr eine Übersicht über die verschiedenen Projektarbeiten und könnt diese sinnvoll fokussieren.

Agile Teams: Sind viele agile Teams im Einsatz, die aber weder schneller liefern noch mehr Wert erzielen, können Flight Levels helfen. Sie fokussieren auf Ende-zu-Ende-Wertströme und sorgen für eine zielorientierte Koordination agiler und nicht agiler Inseln.

Fachabteilungen: Arbeiten Fachabteilungen sehr produktiv, wissen aber nicht, auf welches größere Ganze ihre Arbeit einzahlt, kann ein Strategieboard helfen. Es schafft ein für alle transparentes System und sollte regelmäßig kommuniziert werden.

Agile Frameworks: Wurden in der Organisation bereits einige agile Frameworks ausprobiert, aber sie sind immer daran gescheitert, die vorgegebenen Organisationsstandards, Rollen und Interaktionen planmäßig im Unternehmen zu implementieren, könnte eine genauere Auseinandersetzung mit dem agilen Veränderungsansatz der Flight Levels lohnenswert sein.

Um diesen Nutzen zu hebeln, etablieren Unternehmen fünf Aktivitäten auf drei Ebenen in der Organisation und sie gestalten eine System-Architektur, in der sie Brücken zwischen (agilen) Organisationsgrenzen bauen.

Die drei Ebenen des Flight-Levels-Modells

Flight Level 1: Operative Ebene

Die operative Ebene gehört den Teams, die täglich arbeiten. Hier ist es egal, ob ein Team agil oder herkömmlich arbeitet, da das Flight-Levels-Modell methoden-agnostisch ist. Um Wert zu generieren, müssen die Teams kooperieren, denn "no team is an island". Lokale Optimierung führt meist zu globaler Suboptimierung, weshalb das Management von Abhängigkeiten auf Flight Level 2 wichtig ist.

Flight Level 2: Koordinative Ebene

Auf dieser Ebene geht es darum, dass die richtigen Teams zur richtigen Zeit an den richtigen Themen arbeiten. Hier visualisieren wir den Wertstrom, also wie ein Produkt oder Service bis zur Auslieferung an die Kundinnen entsteht. In der Praxis gibt es drei Varianten von Flight-Level-2-Systemen:

  1. Koordination mehrerer Teams
  2. Ende-zu-Ende-Teilfluss
  3. Koordination mehrerer Flight-Level-2-Systeme

Flight Level 3: Strategische Ebene

Jedes Unternehmen hat (hoffentlich) eine Strategie, die klar formuliert und kommuniziert werden sollte. Das Flight Level 3 hilft dabei, die Strategie mit der Umsetzung zu verbinden. Dabei sind drei Fragen relevant:

  1. Wie sieht unsere Strategie aus?
  2. Welche Ergebnisse wollen wir in unterschiedlichen Zeithorizonten erreichen?
  3. Welche Initiativen, Projekte oder Aktionen können wir daraus für die unmittelbare Zukunft ableiten? 

Ein Unternehmen kann sich nur dann situations-elastisch am Markt bewegen, wenn die Tätigkeiten auf diesen drei Flugebenen aufeinander abgestimmt und koordiniert werden. Mit dem Flight-Levels-Modell können wir herausfinden, wo innerhalb der Organisation welche Hebel für die Verbesserung liegen, um mit möglichst wenig Veränderungsaufwand eine substanzielle Verbesserung zu erreichen. Dabei spielen die fünf Kernaktivitäten eine wichtige Rolle, die in einem nachhaltigen Zyklus auf allen Flight Levels angewendet werden.

Fünf Kernaktivitäten für Business-Agilität

  1. Visualisierung der Situation
    In der Wissensarbeit ist es oft schwer greifbar, was eigentlich getan wird. Um Missverständnisse zu vermeiden, sollte die aktuelle Situation für alle Beteiligten sichtbar gemacht werden. Ein Abbild der aktuellen Arbeiten und Tätigkeiten hilft dabei, den Arbeitsfluss und die Wechselwirkungen zwischen den Organisationseinheiten besser zu verstehen. In der agilen Welt geschieht dies hauptsächlich durch visuelle Boards.
  2. Fokus schaffen
    Menschen haben meist mehr Ideen, als sie umsetzen können. Um innerhalb eines akzeptablen Zeitrahmens Ergebnisse zu erzielen, ist es wichtig, sich auf eine bestimmte Menge an Arbeit zu konzentrieren und diese Schritt für Schritt umzusetzen. Erst wenn eine Aufgabe abgeschlossen ist, sollte mit einer neuen begonnen werden.
  3. Agil interagieren
    Eine gute Zusammenarbeit ist entscheidend für den Erfolg einer Organisation. Agile Interaktionen, die effektive Kommunikation und Koordination voraussetzen, sind dafür unerlässlich. Ein gemeinsames Medium – wie ein Flight Level Board – kann dabei helfen, den zukünftigen Handlungsbedarf zu identifizieren und die Kommunikation darauf auszurichten.
  4. Fortschritt messen
    Um Verbesserungen zu erreichen, sind Messungen erforderlich, die zeigen, ob wir auf dem richtigen Weg sind. Eine ständige Feedbackschleife zeigt, ob Fortschritte gemacht werden und sich die Situation verbessert oder verschlechtert. Die Sinnhaftigkeit und Aussagekraft von Messungen hängen vom Kontext ab und sollten auf einem gemeinsamen Verständnis innerhalb der Gruppe, die mit dem Board arbeitet, basieren.
  5. Verbesserungen durchführen
    Verbesserungen können nur erreicht werden, wenn tatsächlich etwas getan wird. Deshalb ist es wichtig, das Verbessern als Tätigkeit in einem ständigen Kreislauf hervorzuheben und dafür angemessene Kapazitäten innerhalb des jeweiligen Flight-Levels-Systems zu reservieren.

Du fragst dich vielleicht: Was macht diese fünf Kernaktivitäten so besonders? Ähneln sie nicht stark den Kreisläufen von Scrum, Kanban, Lean Startup oder Design Thinking? Nun ja, der entscheidende Unterschied liegt darin, dass diese Kernaktivitäten unabhängig von der angewendeten Methode funktionieren. Das Besondere am Flight-Levels-Modell ist, dass dieser Kreislauf nicht nur in einzelnen Organisationsbereichen, sondern auch auf und zwischen allen drei Flugebenen angewendet wird. Dadurch können alle Planungshorizonte und Aktivitäten aufeinander abgestimmt werden.

Wenn Du mit diesen Aktivitäten konsequent arbeitest, unterstützen sie die kontinuierliche, messbare Verbesserung des gesamten Unternehmens. Daher können wir sie auch als die "fünf Kernaktivitäten des Systemdesigns" im Rahmen des Flight-Levels-Modells bezeichnen.

Abläufe zwischen den Flight Levels optimieren

Die Flight Levels dienen als Denk- und Kommunikationshilfe, um die Ablauforganisation zu verbessern. Die fünf Kernaktivitäten zeigen, wo wir am besten ansetzen können. Um auch die Abläufe zwischen den Flight Levels zu optimieren, benötigen wir zwei Bausteine:

  1. Arbeitssystem-Topologie: Welche Arbeitssysteme existieren in der Organisation und wie sind sie miteinander verknüpft?
  2. Flight Routes: Wie bewegt sich die Arbeit durch die identifizierten Arbeitssysteme?

Die Kombination aus Topologie und Flight Routes nennen wir Flight-Levels-Systemarchitektur (FLSA). Das Beste daran: Diese Architektur lässt sich ebenso visualisieren und analysieren wie die einzelnen Flugebenen. Im Folgenden findest Du einen kurzen Überblick über die Bausteine einer Flight-Levels-Systemarchitektur.

Arbeitssystem-Topologie

Um die passende Systemarchitektur für ein Unternehmen zu erstellen, müssen wir zuerst herausfinden, welche Arbeitssysteme es aktuell gibt. Dabei betrachten wir die sogenannte Arbeitssystem-Topologie (Work Systems Topology) und untersuchen das Unternehmen auf vorhandene Flight-Level-1-, Flight-Level-2- und Flight-Level-3-Systeme. Anschließend erkunden wir, welche Abläufe und Abhängigkeiten zwischen diesen Systemen bestehen. So können wir erkennen, wie sich diese miteinander verbinden lassen, um das Unternehmen gezielt zu verbessern.

Aber was ist jetzt der Unterschied zwischen einer Arbeitssystem-Topologie und einem Flight-Level-System? Ein Arbeits- oder Flight-Level-System ist ein Ausschnitt der Organisation, in dem die fünf Kernaktivitäten angewendet werden. In einer Arbeitssystem-Topologie visualisieren wir, welche Flight-Level-Systeme in einer Organisation für die Erledigung von Arbeit gebraucht werden und wie diese miteinander verbunden sind. Man sieht also in der Topologie mehrere Systeme und auch deren Verbindung.

Flight-Level-1-Systeme zu identifizieren ist meist einfach, da wir uns an den einzelnen Teams orientieren können, die wir auch im Organigramm finden. Flight-Level-3-Systeme berühren immer die Strategie, also auch hier fällt es grundsätzlich leichter, sie herauszuarbeiten.

Die größte Herausforderung steckt zumeist in der Identifikation der Flight-Level-2-Systeme. Hier ist Sorgfalt angebracht, denn genau diese Drehscheiben der Koordination sind der Schlüssel der Business-Agilität.

Ein Beispiel aus der Praxis zeigt die Flight-Level-Systeme einer Webplattform für Automobil-Inserate:

  • Teams 1 bis 12 (Flight Level 1) arbeiten gemeinsam an der "Core Experience" (eine Plattform, daher Flight Level 2) und müssen sich koordinieren.
  • "Business Intelligence" ist ebenfalls ein Flight Level 2. In diesem Fall besteht die Plattform "Business Intelligence" aus zwei Teams, die sich vor einem gemeinsamen Flight-Level-2-Board koordinieren.
  • Die unterstützenden Services wie Vertrieb, Marketing oder die Rechtsabteilung werden in diesem Unternehmen auch als Flight-Level-2-Systeme gesehen.

In diesem Beispiel sind alle Systeme mit der Strategieebene, der sogenannten "Company Wall", verbunden. Das liegt daran, dass es viele Abhängigkeiten zwischen den einzelnen Produkten gibt. Die Company Wall ist der Ort, an dem die Vertreterinnen dieser Produkte die Abhängigkeiten und die zu erledigende Arbeit koordinieren. Die Company Wall ist eine Mischung aus Flight-Level-2- und Flight-Level-3-Systemen, denn hier werden auch strategische Informationen gemanagt.

Bei der Erstellung einer Arbeitssystem-Topologie geht es nicht darum, einfach ein paar Boards zu bauen. Stattdessen erarbeiten wir uns Schritt für Schritt einen ersten Überblick über die bestehende Ablauforganisation. Von diesem Punkt aus können wir Topologien nach verschiedenen Gesichtspunkten entwerfen und durchdenken. Ziel ist, die meist unsichtbare Ablauforganisation in den Mittelpunkt zu stellen und sichtbar zu machen.

Flight Routes beschreiben und analysieren

Um herauszufinden, wie Arbeit durch ein System fließt, ist es wichtig, die sogenannten "Flight Routes" verschiedener Arbeitskategorien nachzuvollziehen. Diese Bewegungen geben Aufschluss darüber, wie ein Unternehmen funktioniert und welche Dynamiken innerhalb der verschiedenen Ebenen stattfinden.

Stell Dir beispielsweise vor, dass Flight Routes hauptsächlich von der strategischen zur operativen Ebene verlaufen, aber nie von der operativen zur strategischen Ebene zurückkehren. In diesem Fall könnte es sein, dass eine Gruppe von Menschen alle strategischen Informationen hat und der Rest der Organisation lediglich Anweisungen erhält. Wenn es jedoch Routen gibt, die auch von der operativen Ebene zurück zur strategischen Ebene führen, dann werden offenbar Mitarbeiterinnen der koordinativen und operativen Ebene in strategische Entscheidungen einbezogen. Dies ermöglicht einen Abgleich zwischen Strategie und Arbeitsergebnissen.

Sollten die Flight Routes vorwiegend durch Flight-Level-2- oder Flight-Level-1-Systeme verlaufen, ist dies meist ein Zeichen dafür, dass Entscheidungsbefugnisse und Verantwortungen an die ausführenden Stellen weitergegeben werden.

Das Analysieren der Flight Routes ermöglicht Rückschlüsse auf die Funktionsweise einer Organisation. Leider sind sich viele Unternehmen ihrer Flight Routes und deren Auswirkungen auf die Abläufe nicht bewusst. Indem man diese sichtbar macht, können Störungen erkannt werden, die durch ungünstige Flight Routes entstehen, und somit Optimierungspotenziale aufgedeckt werden.

Zusammenfassung und Ausblick

Mit dem Flight-Levels-Modell kannst Du Transparenz über die aktuelle Situation schaffen und so ein gemeinsames Ausgangsbild für alle Beteiligten entwickeln. Dabei liegt der Fokus auf der Wertschöpfung und den damit verbundenen Arbeitsabläufen. Das Modell ermöglicht es Dir, ambitionierte Vorhaben nicht nur zu planen, sondern auch für deren konsequente Umsetzung über verschiedene Ebenen hinweg zu sorgen.

Die Zusammenarbeit (agiler) Expertinnen wird unterstützt und gleichzeitig wird team- und bereichsübergreifende Koordination gefördert. Dafür bietet Dir das Flight-Levels-Modell ein praxiserprobtes Set an Gestaltungselementen, Methoden und Techniken, das Du individuell an Dein Unternehmen anpassen kannst.

Um die gewünschten Verbesserungen zu erreichen, benötigst Du jedoch nicht nur passende Flugsysteme, sondern auch Menschen, die sie gemeinsam mit Dir gestalten. Daher kommen neben den technischen auch viele soziale Fragen auf: Wie integrierst Du die Flight Levels in den Organisationsalltag? Wie gelangst Du von einem allgemeinen Modell zu einer punktgenauen Anwendung? Wie überzeugst Du Deine Kolleginnen von einer gezielten Verbesserungsinitiative? Und wie gestaltest Du den dafür notwendigen Veränderungsprozess bestmöglich?

Praxisorientierte Antworten auf diese Veränderungs-Fragen und noch mehr Einblicke in die technische Umsetzung von Flight Levels gibt es in unserem Buch Flight Levels – Organisationen mit Business Agilität führen.

Know-how, um in der Organisation mit Flight Levels abheben und messbare Verbesserungen landen zu können erfrischend ehrliche und leicht verständliche Darstellung ansprechend illustrierte Aufbereitung Pflichtlektüre für jeden Mitarbeitenden eines im Umbruch befindlichen Unternehmens.

Autor

Dr. Klaus Leopold

Dr. Klaus Leopold ist Informatiker und Management-Berater, der seit über zehn Jahren Unternehmen weltweit bei agilen Transformationen unterstützt. Er
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