Konrad Zuse – Tüftler, Bauingenieur und Erfinder

"Im Jahre 1938 habe ich scherzhaft gesagt, in 50 Jahren wird der Weltmeister im Schachspielen durch eine Rechenmaschine besiegt." [1] – so äußerte sich Konrad Zuse – und hat somit angeknüpft an die Idee einer "Analytical Engine", die "auf andere Dinge als Zahlen angewandt werden" könne – Ada Lovelace' Vision eines Computers rund 100 Jahre zuvor.
Zuses "Mandarinenautomat" – erste Ideen
Zuse wurde 1910 in Berlin geboren und wuchs in Ostpreußen und Hoyerswerda auf. Dort besuchte er das Gymnasium und hier begann auch seine "Karriere" als Erfinder. "Zuses Mandarinenautomat", den er mit 14 Jahren entwickelte, konnte durch Münzeinwurf Obst und Wechselgeld herausgeben. Außerdem tüftelte er an einem "automatisierten Fotolabor".
Als er nach dem Abitur mit 17 Jahren an der heutigen Technischen Universität Berlin sein Studium begann, konnte er sich nicht so recht entscheiden. Anfänglich für Maschinenbau begeistert, wechselte er zu Architektur und danach zum Bauingenieurwesen – diesen Studiengang schloss er 1935 mit einem Diplom ab. Seine erste Stelle bei Henschel Flugzeugwerke in Berlin–Schönefeld gab er bald wieder auf und tüftelte lieber bei seinen Eltern in seiner extra eingerichteten Erfinderwerkstatt weiter. Seine erste programmierbare Rechenmaschine, die mechanisch arbeitete, nannte er Z1. Er entwickelte seine Grundidee weiter, der Antrieb dafür war eigentlich seine Faulheit.
Da Zuse es als Ingenieurstudent ziemlich anstrengend fand, komplizierte statische Berechnungen von Hand durchzuführen, sollte dies eine Maschine übernehmen. Und so folgte 1941 die Z3 – der erste funktionsfähige Computer der Welt.
Z3 – Der erste funktionstüchtige programmierbare Computer der Welt

Zuvor hatte Zuse bereits einen weiteren Prototypen entwickelt, die Z2. In ihr verbaute er elektromechanische Relais statt der sich ständig verhakenden Schalter in Z1. Die Finanzierung der Weiterentwicklung zur Z3 wurde großzügig unterstützt – von der Deutschen Versuchsanstalt für Luftfahrt (DVL).
Konrad Zuse stellte seine neue Rechenmaschine 1941 vor. Diese hatte das stattliche Gewicht von einer Tonne, nutzte einen Arbeitsspeicher von 200 Byte und konnte fünf Operationen pro Sekunde ausführen. Ein Vergleich mit heutigen Computern zeigt, wie weit der Weg zum "Hochleistungsrechner im Hosentaschenformat" noch war. Zeitgleich mit Zuses Arbeit an der Entwicklung eines Computers waren auch in den USA und Großbritannien Computerkonstrukteure tätig. Da Deutschland jedoch im Zweiten Weltkrieg stark isoliert war, konnte eine Zusammenarbeit logischerweise nicht gelingen.
Zuse und der Nationalsozialismus
Seine Rolle als Entwickler während des Nationalsozialismus und Krieges bleibt umstritten. Er war zwar nie an Kriegshandlungen beteiligt, seine Computerentwicklung wurde jedoch mit größeren Summen durch NS-Institutionen und Rüstungsbetriebe unterstützt. Er erstellte Programme, die der "Rassenforschung" dienten und war an der Entwicklung von Gleitbomben bei den Henschel Flugzeugwerken beteiligt. Anfang der 40er Jahre – mitten im Krieg – konnte er seine Firma "Zuse Apparatebau" gründen, die damals in Deutschland als einzige das Privileg bekam, Rechner entwickeln zu dürfen. Er selbst war der Meinung, dass man sich als Erfinder, um seine Ideen umsetzen zu können, "mit Mächten einlassen [muss], deren Realitätssinn schärfer und ausgeprägter ist [2]."
Sowohl seine Firma "Zuse Gerätebau" als auch die Z3 fielen einem Bombenangriff zum Opfer. Ein funktionsfähiger Nachbau ist im Deutschen Museum in München zu finden. Es gelang Zuse, seine Weiterentwicklung Z4 kurz vor Ende des Krieges nach Göttingen und später ins Allgäu auszulagern.
Z4 – Der erste kommerzielle Digitalrechner Europas

Der fertiggestellte Rechner Z4 war einige Zeit u. a. in einem Schuppen im Allgäu versteckt. Erst 1948 konnte eine Anwendung des Computers veranschaulicht werden – die Ermittlung der Milchgeldrechnungen einer Sennerei. Die "Milchmädchenrechnung" war seine Feuertaufe.
Z4 nutzte einen elektromechanischen Speicher, der 64 Zahlen je 22 Bit aufnehmen konnte. Die Maschine bestand aus 2200 Relais. Außer den bereits üblichen Tasten und Lampen dienten Lochstreifen als Aus- und Eingabemedium. 1949 zeigte der Leiter des Institutes für Angewandte Mathematik an der Technischen Hochschule Zürich Interesse an Zuses Rechner und dessen Nutzung für Forschungszwecke. Und so kam es, dass Konrad Zuse seinen Computer vermietete und dieser 1950 nach Zürich gebracht und durch den Einbau einer bedingten Sprunganweisung zu einem universellen Rechner weiterentwickelt wurde. Zuses Computer war damals der erste kommerzielle Digitalrechner der Welt, da die Konkurrenz in den USA zwar ebenso an der Entwicklung eines solchen Computers arbeitete, diesen mit dem Namen UNIVAC jedoch erst einige Monate später fertigstellte.
Zuses 1949 gegründete Firma Zuse KG stellte ab 1955 Digitalrechner in Serie her, doch die Konkurrenz auf dem sich rasant entwickelnden Computermarkt war groß. Seine Firma wurde später an Siemens verkauft. Und so war er ab Mitte der 60er Jahre als Berater tätig und gab Vorlesungen. Auch das Tüfteln an neuen Ideen behielt er bei – die Idee eines automatisch gesteuerten Abblendlichts stammt von ihm.
Am 18.12.1995 starb Konrad Zuse.
Zuses Schaffen wird auf vielerlei Weise gewürdigt, so erhielt er u. a. die Ehrendoktorwürde der TU Dresden und das 1984 gegründete Zentrum für Informationstechnik in Berlin wurde nach ihm benannt. Die Gesellschaft für Informatik, deren erstes Ehrenmitglied Konrad Zuse wurde, vergibt seit 1987 eine Konrad-Zuse-Medaille an verdienstvolle Informatiker.
Der Künstler Konrad Zuse
Schon als Jugendlicher hatte Zuse künstlerisches Talent entwickelt und so entstanden u. a. Ölgemälde und Kreidezeichnungen. 1930 war er als Werbegrafiker für die Autoindustrie tätig. Zeit seines Lebens besaß er ein Atelier und nach dem Verkauf seiner Firma widmete er sich seinem Hobby wieder verstärkt. Einen großen Teil seiner Bilder kann man heute noch in der Staatlichen Graphischen Sammlung München betrachten.